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Aiblinger Schüler nehmen an Juniorwahl teil

„Mehr Selbstinszenierung als Inhalte“: Was junge Menschen vor der Bundestagswahl bewegt

Juniorwahl am Aiblinger Gymnasium (von links): Die Schüler Katharina Huber, Kimi Kas und Moritz Schönacher geben ihren Stimmzettel ab.
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Juniorwahl am Aiblinger Gymnasium (von links): Die Schüler Katharina Huber, Kimi Kas und Moritz Schönacher geben ihren Stimmzettel ab.

Kurz vor der Bundestagswahl konnten Jugendliche unter 18 bei der Juniorwahl zeigen, was sie bewegt. Auch in Bad Aibling setzten viele Schüler ihre Kreuze und haben klare Erwartungen an die Parteien. Was treibt sie dabei am meisten um und warum ist der Ärger bei einigen jungen Menschen groß?

Bad Aibling – Noch am Vorabend lieferten sich die Kanzlerkandidaten von SPD, Union, Grünen und AfD einen harten Schlagabtausch beim TV-„Quadrell“ von RTL. Einen Tag später werden bereits die ersten Kreuze im Gymnasium Bad Aibling abgegeben und die Stimmzettel in die Wahlurne befördert. Genau wie bei der richtigen Bundestagswahl am kommenden Sonntag (23. Februar), nur eben für junge Menschen unter 18, die als Nicht-Wahlberechtigte dennoch ein Zeichen setzen und ein Stimmungsbild abgeben möchten.

Die Aiblinger Schule nimmt auch in diesem Jahr an der bundesweiten Juniorwahl teil, die, vergleichbar mit der U18-Wahl, Minderjährigen die Möglichkeit gibt, ihre Stimme abzugeben. In der Woche vor der Bundestagswahl verwandelt sich am Aiblinger Gymnasium deshalb nun täglich während der Pause ein Klassenzimmer in ein Wahllokal – mit echten Wahlhelfern, Wahlkabinen und einer Wahlurne, in der der jeweilige Stimmzettel nach geheimer Wahl eingeworfen wird. „Es ist einfach generell wichtig, wählen zu gehen, und hier sehen wir mal, wie so etwas wirklich abläuft“, sagt die Gymnasiastin Kimi Kas, nachdem sie ihre Kreuze in der großen Pause gemacht hat.

„Migrationspolitik für viele sehr präsent“

Die 17-Jährige verfolgt zwar die öffentlichen Diskussionen, etwa in den TV-Duellen. „Trotzdem ist es für mich schon davor relativ klar gewesen, in welche Richtung ich wählen werde“, sagt Kas. Was ihr im Wahlkampf der Parteien viel zu kurz kommt? „Klimapolitik. Schade, dass dieses wichtige Thema aus fast allen Diskussionen mehr oder weniger rausfällt.“ Und auch ein weiterer Rechtsruck besorgt die Schülerin, die selbst eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzt und die weiß: „Für viele meiner Freunde, die keine deutsche Staatsbürgerschaft haben, ist die Migrationspolitik gerade jetzt in Hinblick auf die Wahl ein sehr präsentes Thema.“

Anders als bei der Zwölftklässlerin, ist die Entscheidung, wo man am Ende bei der Juniorwahl seine Kreuzchen setzt, noch nicht bei allen Jugendlichen getroffen. „Einige Zehntklässler meinten heute, dass sie sich hier erst noch genauer informieren wollen, bevor sie in dieser Woche wählen gehen“, sagt Simone Zoller, Lehrerin für Politik und Gesellschaft. Sie betreut unter anderem den Wahlkurs Politik, bei dem sich Schüler freiwillig mit politischen Themen befassen, den Wahl-O-Mat ausprobieren oder die Wahlprogramme der einzelnen Parteien herausarbeiten. Ihren Angaben zufolge können in dieser Woche mehr als 250 Schüler der 10. bis 12. Jahrgangsstufe am Aiblinger Gymnasium ihre Stimme abgeben.

Schüler kritisieren „Selbstinszenierung“ von Politikern

„Am Ende werden dann alle Stimmen ausgezählt und am Wahlsonntag selbst wird das Ergebnis der Juniorwahl dann auch bekannt gegeben“, so Zoller. Die Aiblinger Schüler seien grundsätzlich „sehr interessiert“ und aktuelle Themen wie Migrationspolitik, die Debatte um die „Brandmauer“ oder auch das Dauerthema Klimaschutz beschäftigen die jungen Menschen. „Auch wenn wir offiziell nicht wählen dürfen, finde ich es wichtig, trotzdem die Meinung sagen zu können“, sagt die 17-jährige Katharina Huber, nachdem sie ihren Stimmzettel in die Wahlurne befördert hat. „Natürlich wäre es auch jetzt cool, richtig wählen zu können, wie auch schon bei der Europawahl“, sagt die Schülerin, die den Politik-Leistungskurs belegt und somit ohnehin ein großes Interesse mitbringt.

Die Schülerinnen Katharina Huber (links) und Maren Gläßel freuen sich, Teil der Juniorwahl sein zu können.

Auch Huber fürchtet in der Migrationspolitik einen weiteren Rechtsruck und bedauert den geringen Stellenwert des Klimaschutzes. Doch mit ihren 17 Jahren vermisst sie beispielsweise auch mehr Diskussionen über die Rentenpolitik. „Das ist ein solch wichtiges Thema und man hört kaum etwas davon“, sagt sie. Auch sie verfolgt die Kanzlerduelle und die politischen TV-Diskussionen, sorgt sich dabei aber mehr und mehr um „amerikanische Verhältnisse“. Denn: „In meinen Augen geht es hier immer mehr um Selbstinszenierung und weniger um Inhalt.“ So würde es den Parteien mehr um den Wahlsieg selbst und weniger um politische Lösungen und Kompromissen gehen.

Ärger über vorgezogenen Wahltermin

Ähnlich sieht es die Schülerin Maren Gläßel, die als 18-Jährige sowohl bei der Juniorwahl als auch bei der Bundestagswahl teilnehmen kann. „Ich beobachte hier viel Populismus, jede Partei will ihr eigenes Ding machen.“ Gläßel blickt mit Sorge auf die vielen vermeintlich „leichten Lösungen“, mit denen einige Parteien viele Wähler überzeugen würden. Dabei sollte es in ihren Augen nicht wie in Italien oder Österreich enden, wo man sich nach und nach von der Idee eines gemeinsamen Europas entferne und mehr und mehr die eigene Länderinteressen in den Vordergrund stelle.

 „Das ist schon ärgerlich, weil je nachdem, wie die neue Regierung klarkommt, kann es gut sein, dass ich dann erst 2029 zum ersten Mal bei der Bundestagswahl wählen kann.“

Moritz Schönacher, 17-jähriger Schüler vom Gymnasium Bad Aibling

Anders als Gläßel muss sich Moritz Schönacher über den vorgezogenen Termin der Bundestagswahl ärgern. „Es ging um zwei Wochen“, sagt der noch 17-Jährige enttäuscht. Hätte die Wahl wie ursprünglich geplant stattgefunden, hätte er als dann 18-Jähriger normal mitwählen können. „Das ist schon ärgerlich, weil je nachdem, wie die neue Regierung klarkommt, kann es gut sein, dass ich dann erst 2029 zum ersten Mal bei der Bundestagswahl wählen kann.“ Umso sinnvoller findet der Schüler die Juniorwahl, die spannende Einblicke in das Prozedere ermöglicht, sagt Schönacher, der als Teil des Wahlkurses die Juniorwahl mitorganisiert.

Jugendbewegungen verschwinden immer mehr

„Mir fällt oft auf, dass junge Menschen nicht wissen, wen sie wählen sollen und sich mit den Themen nicht ausreichend beschäftigen.“ Auch politische Jugendbewegungen, wie einst Friday for Future, verschwinden immer mehr aus der öffentlichen Wahrnehmung, so der junge Mann. So würden Parteien jüngere Menschen auch weniger ansprechen, weil sie genau wüssten, dass die Mehrheit der Wählerstimmen bei den älteren Generationen zu holen sei. Dabei ist Schönacher überzeugt: „Würde man schon mit 16 wählen dürfen, würden sich die jungen Menschen auch schon früher mit Politik beschäftigen.“

Michael Promberger (17) und Hannah Kiemeier (18) sprechen im Rahmen der Juniorwahl über ihre Wünsche an die Politik.

Während es Gymnasiast Michael Promberger (17), der ebenfalls erst kurz nach der Bundestagswahl 18 wird, „traurig“ findet, dass Klimaschutz fast vollständig aus der politischen Diskussion verschwunden ist, hält es Hannah Kiemeier (18) für „besorgniserregend“, in welch rechte Richtung sich die Debatten bewegen würden. Und wie genau diese Standpunkte der Bad Aiblinger Schüler zeigen, sorgt die Juniorwahl dafür, dass sich junge Menschen mehr mit Politik beschäftigen.

Das freut auch Schulleiter Mark Lörz. „Bei uns ist die politische Bildung seit Langem sehr stark verankert.“ Hier sei man auch „Überzeugungstäter“, was sich durchaus auch in Gesprächen im Lehrerzimmer zeige, so Lörz. „Unsere Absicht ist es, unsere Schüler für politische Fragen zu sensibilisieren und sie zu mündigen Bürgern zu machen.“ Neben dem Gymnasium Bad Aibling nehmen an der Juniorwahl unter anderem auch Schüler der Staatlichen Berufsschule Bad Aibling, der St. Georg-Schule Bad Aibling, der Wilhelm-Leibl-Realschule Bad Aibling, der Wirtschaftsschule Alpenland, der Gymnasien Bruckmühl und der Staatlichen Realschule Bruckmühl teil.

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