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Unterwegs mit der Wildtierhilfe Amerang

„Wir brechen ab“: Warum die Ameranger Kitz-Retter manchmal aufgeben müssen

Mit Wäschekörben und Heringen werden die von Hannah Hartmann (links) und Andrea Pauker Kitze vor dem Mähtod gerettet.
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Mit Wäschekörben und Heringen werden die Kitze von Hannah Hartmann (links) und Andrea Pauker vor dem Mähtod gerettet.

Um vier Uhr nachts sind sie unterwegs und retten Rehkitze vor dem Mähtod – und das sieben Tage die Woche: die Mitglieder der Wildtierhilfe Amerang. Warum selbst die Retter manchmal aufgeben müssen und was für die Mitarbeiter der größte Feind ist.

Amerang/Attel - Um vier Uhr nachts, wenn fast die ganze Welt noch schläft, geht es in Amerang schon geschäftig zu: Im Stockdunklen treffen sich die Rehkitzretter der Wildtierhilfe Amerang. Länger können sie nicht warten, sonst heizt sich der Boden zu sehr auf. „Sonne, Regen und Wind sind der Feind“, erklärt Marie-Theres Schurrer, Leiterin der Tierschutzorganisation. Bei Regen und Wind könnten die Drohnen nicht starten und bei Sonne sei das Wärmebild oft unklar. Dann können die sogenannten „Spotter“ auf ihren Bildschirmen nicht erkennen, wo sich die kleinen Tiere verstecken.

Auch an diesem Morgen ist das Wetter nicht ideal für die Kitzrettung. Kaum eine Stunde davor hatte es genieselt. „Ich hoffe, wir können überhaupt starten“, sagt Schurrer. Nässe sei der Tod für die Elektromotoren der Drohne und könne auch den Tod für die Kitze bedeuten, nicht nur weil die Wildtierhilfe nicht fliegen kann. „Wenn das Gras so nass und schwer ist, fällt es über den Kitzen zusammen, dann werden sie leicht übersehen.“ Bei guten Bedingungen – dunkel, bewölkt und trocken – habe die Organisation eine Erfolgsquote von 95 Prozent. „Heute werden wir das wohl nicht schaffen. Ich muss den Landwirten noch sagen, dass sie vorsichtig mähen müssen.“

Die Drohne fliegt im vorprogrammierten Programm

Gemeinsam mit einem ihrer Drohnenpiloten beugt sich Schurrer über den Einsatzplan. Zwei Teams mit je fünf Personen werden an diesem Tag ausrücken. Zwei Personen stellen die Drohnenteams, starten und landen die Geräte und nehmen die Daten auf. Den Flug selbst erledigt die Drohne im Übrigen beinahe alleine, denn sie folgt einem vorprogrammierten Flugplan, bei dem sie in diagonalen Linien die Flächen abfliegt. Das sei sicherer, als von Hand zu fliegen, erklärt Schurrer. „Wir übersehen weniger.“ Während des Flugs überträgt die Drohne konstant Wärmebilder, taucht ein warmer Punkt auf, wird ein Marker gesetzt. Dieser wird nach dem Flug noch einmal angeflogen, um die Situation einzuschätzen. War es eine Fehlübertragung oder ist es tatsächlich ein Kitz? „Oft sind das auch andere Tiere, zum Beispiel Hasen“, erklärt Schurrer. Wenn der Verdacht bleibt, dass es sich um ein Kitz handeln könnte, kommen die Berger zum Einsatz.

An diesem Tag sind Andrea Pauker, Elisabeth Paltaler und Hannah Hartmann unterwegs. Attel ist heute ihr Gebiet. Per WhatsApp bekommen die drei Anweisungen vom Drohnenteam. „Ein Punkt im Feld 78“, liest Hartmann vor. „Wir sollen weiträumig absuchen, wegen der Stromleitung haben sie kein klares Bild bekommen.“ Hartmann gibt die Koordinaten in ihr GPS-Gerät ein. Sie beugt sich runter zum Gras und reibt ihre Handschuhe damit ein, um den Geruch nach Mensch zu überdecken, sonst bestehe die Gefahr, dass das Reh ihr Kitz ablehne.

Nicht alle Wärmepunkte entpuppen sich als Kitze

Dann geht es los: Mit einem Wäschekorb, einem Stab und Heringen aus Stahl stapfen die drei ins Feld, immer den Angaben des GPS-Geräts hinterher. „Hier sollte es sein“, sagt Hartmann und steckt den Stab als Orientierung in den Punkt. Sie sieht sich um. „Nichts“, stellt sie fest. „Also, schneckenförmig rund um den Stab absuchen.“ Paltaler und Pauker nicken. Hartmann ist Veteranin im Kitzretten, seit vier Jahren steht sie regelmäßig im Feld. Für Paltaler und Pauker ist es die erste Saison, doch das merkt man ihnen nicht an. Routiniert laufen die drei durch das Feld, den Blick am Boden, in engen Kreisen bewegen sie sich vom Stab weg. Und finden: nichts. „Das finde ich immer am schwierigsten, zu wissen, wann man aufhören sollte mit dem Suchen“, sagt Hartmann nach mehreren Minuten. „Aber ich sehe auch nichts, was auf ein Kitz hinweist.“

Für die Sicherung der vom Mähtod bedrohten Kitze stehen nur die sehr frühen Morgenstunden zur Verfügung.

Pauker zieht das Handy aus der Tasche, doch das Drohnenteam kann auch nicht mehr Infos geben, zu undeutlich war das Bild. „Ich würde sagen, wir brechen ab. Oder was meinst du, Hannah?“ Hartmann zuckt mit den Schulter, schaut unschlüssig um sich. „Ja, weit genug abgesucht haben wir. Wahrscheinlich war es ein Hase. Wir hatten schon viele Hasen in dieser Saison.“

Auch das nächste Feld ist eine Enttäuschung für die drei Tierretterinnen. Statt eines Kitzes, entpuppen sich die beiden festgestellten Wärmepunkte als Bock und junges Reh. Beide Tiere fliehen erschrocken, als sich die Hartmann, Pauker und Paltaler nähern. „Immerhin wissen wir dieses mal, wo die Punkte herkamen“, sagt Pauker, während sie die Wäschekörbe wieder ins Auto hievt.

Erst im dritten Feld entdecken die drei das erste Kitz an diesem Tag. Ein kräftiges, kleines Ding, das aufspringt, als sich ihm die Menschen nähern. Mit einem beherzten Griff packt Hartmann das Tier um die Brust. Dieses Mal ist keine Zeit für die Grasbüschel, die sie normalerweise zum Schutz vor ihrem Geruch ausreißen würde. Das Kitz schreit und strampelt unglücklich in Hartmanns Händen. „Krass, das ist ja kräftig. Dabei ist es noch gar nicht so groß“, sagt Pauker. Hartmann hält das kleine Kitz so weit wie möglich von sich weg und trägt es zum Waldrand. Dann muss alles schnell gehen. Hartmann setzt das Kitz auf den Boden, Pauker stülpt den Wäschekorb darüber, Heringe in die Henkel und fertig.

Erst im dritten Feld haben die Ameranger Rehkitzretter an diesem Tag Erfolg.

Fast, denn das Kitz hat andere Pläne. Wie wild springt es im Korb umher. „Die Heringe halten nicht“, stellt Pauker fest. Hartmann zerrt aus dem Wald einige Holzstücke, platziert sie auf den Wäschekorb. „Geschafft“, stellt Hartmann. „So hält es.“ Bis nach dem Mähen an diesem Tag wird das Kitz hier im Korb verbleiben, dann wird es wieder freigelassen. Inzwischen ist es sechs Uhr morgens, die drei sind seit fast zwei Stunden auf den Beinen. Doch der Tag für die Rehkitzretter der Wildtierhilfe Amerang hat gerade erst angefangen. Zwölf Felder haben Hartmann, Pauker und Paltaler noch vor sich. Hartmann packt die restlichen Wäschekörbe, dann brausen sie mit dem Auto zum nächsten Feld. Zwei Wärmepunkte warten hier auf die Tierretterinnen.

Für das Gebiet 1 ist die Kitzrettung Mangfalltal zuständig, für die Gebiete 2 und 3 die Wildtierhilfe Amerang. 

Einsatzgebiet Wildtierhilfe Amerang und Kitzrettung Mangfalltal

Die Einsatzgebiete der beiden Vereine sind eingeteilt in drei Bereiche: Für das Gebiet 1 ist die Kitzrettung Mangfalltal zuständig, für die Gebiete 2 und 3 die Wildtierhilfe Amerang. Gebiet 1: Kitzrettung Mangfalltal e.V. Tel. 0152 05 44 58 62 (auch WhatsApp); Gebiet 2: Wildtierhilfe Amerang e.V. Tel. 0152 21 34 84 98 (auch WhatsApp); Gebiet 3: Wildtierhilfe Amerang e.V. Tel. 0152 039 32 763 (auch WhatsApp).

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