Konflikt um Blockabfertigung bei Kufstein
„Von der Leyen bremst“: Europaabgeordneter will Transitstreit mit Tirol gerichtlich lösen
Wenn am 7. Januar die erste Blockabfertigung 2022 bei Kufstein ansteht, werden sich wieder Lkw-Blechlawinen durchs Inntal ziehen. Ein Zustand, der für viele Verkehrsteilnehmer und Anwohner unerträglich ist. Und an dem Ursula von der Leyen laut Europaabgeordnetem Markus Ferber (CSU) eine Mitschuld trägt.
Rosenheim/Kufstein – Bald ist es so weit: Am Freitag, 7. Januar, wird es wieder eine Blockabfertigung an der Grenze bei Kufstein geben – die erste von 21 im ersten Halbjahr 2022. Dann werden nur „dosiert“ maximal 300 Lkw pro Stunde nach Tirol durchgelassen. Auf diese Weise will Tirol die Lkw-Lawine begrenzen. Oft aber sind lange Staus auf der bayerischen Seite bis hinauf zum Irschenberg die Folge dieser „Dosierung“. Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber (56) fordert seit Jahren – freilich erfolglos – ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich. Er führt sein Scheitern direkt auf die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zurück, die den Streit auf dem Verhandlungsweg mit einer „Mediation“ anstatt mit einem Gang vor Gericht lösen will.
Sind Sie frustriert über den mangelnden Erfolg Ihrer Initiativen?
Markus Ferber: Ich bin frustriert, weil die EU-Kommission bei der Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in Polen und Ungarn die große Keule schwingt, während die Einhaltung von EU-Recht in Österreich und insbesondere in Tirol anscheinend keine Rolle spielt.
Liegt das an der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen?
Ferber: Ja. Nach meinen Informationen hat die EU-Kommissionspräsidentin die Fachkommissare für Binnenmarkt, Umwelt und Verkehr, die alle meine Meinung teilen, gebremst. Sie will den Streit politisch mit Wien lösen, ohne dass sie sagen könnte, was sie bisher erreicht hat.
Sie geben einer politischen Lösung des Streits keine Chance?
Ferber: Das Problem ist, dass die Blockabfertigungen ja Maßnahmen des Landes Tirol sind, die EU aber nur mit Österreich verhandeln kann. Jedes Verhandlungsergebnis muss dann mit Tirol wieder abgestimmt werden. Das ist kein Vorgehen, das uns weiterbringt. Bisher hat Tirol nur eine Sprache verstanden: wenn der Europäische Gerichtshof Grenzen aufgezeigt hat. Die EU sollte also endlich die Klage einreichen. Die EU ist dafür zuständig, dass EU-Recht eingehalten wird – in ganz Europa, auch in Tirol.
Werden Sie selber noch einen neuen Anlauf unternehmen?
Ferber: Ich habe mich gerade erst erneut an die Kommission gewandt, weil mir berichtet wurde, dass österreichische Lkw während der Blockabfertigung über Landstraßen nach Tirol einfahren durften. Das ist ein erneuter Diskriminierungstatbestand.
Gesetz den Fall, der EuGH würde in Ihrem Sinne entscheiden. Was wäre dann?
Ferber: Dann müsste Österreich sicherstellen, dass Tirol beispielsweise Blockabfertigungen frühzeitig bekannt gibt, und nicht erst zwei Tage vorher, wie es schon der Fall war. Auch das Nachtfahrverbot und das sektorale Fahrverbot müssten abgeschafft werden – das sind einseitige Diskriminierungen ausländischer Spediteure. Ich fürchte freilich, dass Tirol neue Schlupflöcher finden würde.
Herrscht Eiszeit zwischen Bayern und Tirol?
Ferber: Im Gegenteil: Corona hat die Regionen wieder zusammengeführt – medizinische Hilfe, Impfstoffverteilung, die Verlegung von Patienten. Nur beim Alpentransit ist mit Tirol nicht zu reden. Das sind Dinge, die muss Brüssel lösen, nicht München.
Auch wenn der EuGH Österreich verurteilen würde, wäre deshalb nicht ein Lkw weniger auf der Inntalautobahn. Interessiert Sie das gar nicht?
Ferber: Um mal die Wahrheit zu sagen: Bei mir in Augsburg an der B 17 mit dem Amazon-Logistikzentrum in Augsburg-Graben ist der Lkw-Verkehr noch massiver.
Wirklich? Über zwei Millionen jährlich sind es in Tirol.
Ferber: Ich bin mir sicher. Für mich stellt sich die Frage: Ist das Inntal nur in Tirol schützenswert. Das bayerische Inntal nicht? Oder das Südtiroler Eisacktal? Wir müssen doch gemeinsam die Probleme lösen.
Warum können nicht mehr Lastwagen auf Züge verladen werden?
Ferber: Wir sind ja dabei, die Schienenkapazitäten auszubauen. Natürlich hat Deutschland da Nachholbedarf. Aber auch die Kooperation zwischen DB, ÖBB und der Trenitalia ist veraltet – hier könnte man mit mehr Digitalisierung schon vor Eröffnung des Brennerbasistunnels deutlich mehr Kapazitäten schaffen.
Sind Sie für den Ausbau der Brennerzulaufstrecke im Rosenheimer Inntal?
Ferber: Natürlich. Aber ohne große Tunnelanteile wird es nicht gehen.
