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Seit 63 Jahren Urlaub im Priental

Verliebt in Aschau: Wie die 93-jährige Emmi Herrmann in den Bergen ihr Herz verlor

Emmi Herrmann (Mitte) macht seit 63 Jahren Urlaub in Aschau. Jetzt feierte sie hier mit (von links) Marianne Schmidt, Jörg und Britta Kanter (ihre Nichte) und Tourismus-Chef Herbert Reiter ihren 93. Geburtstag.
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Emmi Herrmann (Mitte) macht seit 63 Jahren Urlaub in Aschau. Jetzt feierte sie hier mit (von links) Marianne Schmidt, Jörg und Britta Kanter (ihre Nichte) und Tourismus-Chef Herbert Reiter ihren 93. Geburtstag.

Emmi Herrmann kann von Aschau einfach nicht genug kriegen. Mit 30 kam sie das erste Mal in den Chiemgau. Jetzt feierte sie hier ihren 93. Geburtstag. Was sie mit ihrem Sehnsuchtsort verbindet.

Aschau im Chiemgau – Ein weißes Audi Coupé mit Ludwigsburger Kennzeichen, am Steuer eine fesche Dame mit Trachtenhut und großer Feder – so kennen die Aschauer ihre Emmi. Sie macht seit 63 Jahren hier Urlaub. Mit 30 Jahren kam sie das erste Mal in den Chiemgau. Jetzt ist sie 93.

Vor zwei Jahren fuhr sie die 350 Kilometer von Hemmingen bei Stuttgart noch mit dem eigenen Auto – immer mit viel PS und meist mit Vollgas. Ohne „Schleicher auf der Autobahn“ sei sie auch immer relativ schnell dagewesen, erzählt sie. Nur einmal in all den Jahren musste sie mit den „Öffentlichen“ anreisen. Das grämt sie bis heute, aber „da wurde mir der Führerschein gezwickt, weil es mir pressierte und ich versehentlich bei Rot über die Ampel bin“, gibt sie lachend zu.

Ein Mädchen von der Küste

Emmi Herrmann ist ein Aschauer Original, obwohl sie weder in Aschau geboren wurde, noch hier lebt. „Eigentlich bin ich eine Vorpommerin.“ 1931 wurde sie in Ribnitz-Damgarten an der Ostseeküste geboren und wuchs auf einem Bauernhof mit 120 Morgen Land auf. Trotzdem hängt ihr Herz mehr an den Bergen als am Meer, denn hier hat sie es verloren.

Vor 63 Jahren begegnete Emmi in Aschau ihrem Mann Siegfried. „Auf einem Heimatabend in der Festhalle hat er mich gesehen und die Deern von der Waterkant ein Leben lang nicht mehr losgelassen“, erinnert sie sich an 52 glückliche Jahre.

Aus dem Mädchen von der Küste ist schnell eine begeisterte Trachtlerin geworden, die aus keinem Urlaub im Chiemgau ohne ein neues Dirndl heimkehrt.

Aschau bleibt ein Sehnsuchtsort

Vor elf Jahren musste Emmi von ihrem Mann Abschied nehmen. Selbst in seinen letzten Stunden dachte er an seinen Sehnsuchtsort und fragte: „Was macht mein Aschau?“

Auch Siegfried war kein Aschauer. Er strandete auf der Flucht aus Reichenberg im einstigen Sudetenland – dem heutigen Liberec in Tschechien – in Aschau. Als er hier als Schreiner keine Arbeit mehr fand, ging er mit seiner Frau nach Stuttgart. Dort arbeitete er beim Bauhof. Sie hat die Daimler-Kantine gemanagt.

„Im Kreis Ludwigsburg haben wir gewohnt und gearbeitet, aber unsere schönste Zeit verbinden wir mit Aschau“, sagt Emmi. Mindestens drei Wochen im Jahr verbrachten die Herrmanns hier. Selbst dann noch, als sie keine ausgiebigen Wanderungen mehr machen konnten und Siegfried im Rollstuhl saß.

Seit elf Jahren kommt Emmi nun schon allein nach Aschau. Immer im Gepäck: Viele aufwändig verpackte Geschenke für liebe Freunde und Bekannte. „Wenn sie kommt, ist es wie Weihnachten“, sagt Siegfried Schmidt vom Prillerhof, in dem sie seit 25 Jahren Urlaub macht. Dabei gibt es die echten Weihnachtspakete von Emmi noch zusätzlich.

Friseur und Tracht gehören zum Ritual

Kaum in Aschau angekommen und Freude verschenkt, beginnt Emmis Ritual: Friseur, Tourist-Info, Trachteneinkauf, Essen gehen, Freunde besuchen. „Emmi weiß mehr über die Aschauer als manch Einheimischer“, berichtet Tourismus-Chef Herbert Reiter. Denn auch wenn sie nicht vor Ort ist, ruft sie regelmäßig an und erkundigt sich nach allen, die sie seit 63 Jahren kennt.

„Einen alten Baum verpflanzt man nicht“

Dass Emmi nicht schon längst nach Aschau umgezogen ist, versteht hier keiner. Doch einen alten Baum verpflanze man nicht, sagt sie: „Ich lebe jetzt schon so lange in meiner Wohnung. Da bleibe ich auch.“ Dafür reist sie quer durch die Republik: nicht nur vier, fünf Stunden nach Aschau. Auch neun Stunden in ihre alte Heimat Mecklenburg-Vorpommern.

Seit zwei Jahren sitzt Emmi nicht mehr selbst am Steuer. Es waren dann doch zu viele Aschau-Aufkleber, mit denen sie die Spuren ihrer wilden Fahrten vertuschen musste. Sie hatte sich nämlich angewöhnt, Kratzer oder Beulen an ihrem Auto mit Werbung für Aschau zu überkleben.

Heute sind es ihre Nichte Britta Kanter und ihr Mann Jörg, die extra aus Rostock anreisen, um Tante Emmi in Hemmingen abzuholen, mit ihr in Aschau Urlaub zu machen und dort ihren 93. Geburtstag zu feiern.

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