Bürgerversammlung vor Ort
Bahnhofsareal in Kolbermoor: Wie der Verkehr durch eine Verlangsamung beschleunigt werden soll
Von den Veränderungen am Bahnhofsareal machten sich nun auch einige Teilnehmer der jüngsten „Bürgerversammlung vor Ort“ ein Bild. Was dort alles geplant ist und warum langsamer manchmal schneller sein kann.
Eigentlich ist es schade, dass der Mensch ein kurzes Gedächtnis hat, vor allem wenn es um optische Eindrücke geht. Denn wer erinnert sich noch daran, welch scheußliches Gebäude der Bahnhof einst im lieblosen „Sechziger Jahre-Sachlichkeitsstil“ war? Oder welch finsteres Nadelöhr die Tonwerksunterführung darstellte? Im Gegensatz dazu ist das Bahnhofsareal schon jetzt fast zu einem Schmuckstück der Stadt geworden und wird es binnen Jahresfrist gänzlich werden, wenn die Bauarbeiten, die jetzt begonnen haben, im Frühjahr nächsten Jahres abgeschlossen sein sollen.
Verkehrsberuhigte Zone geplant
Etwa 20 Teilnehmer der jüngsten „Bürgerversammlung vor Ort“ konnten sich unlängst ein eigenes Bild davon machen. Nach dem Blockheizkraftwerk (wir berichteten) war der Bahnhofsvorplatz die zweite Station. Ihn per Fahrrad zu erreichen, war keine leichte Aufgabe, denn dazu musste der vielbefahrene Kreisel an der Haßlerstraße gequert werden. Das wird in Zukunft wesentlich entspannter vor sich gehen, wie die Teilnehmer von Bürgermeister Peter Kloo erfuhren: Der ganze Bereich zwischen Edmund-Bergmann-Platz und dem Kreisverkehr wird zu einer verkehrsberuhigten Zone werden. Nach wie vor für den Autoverkehr ohne Einschränkung geöffnet, aber mit Radlern und Fußgängern nicht mehr als Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse, sondern auf Augenhöhe mit den Autos.
Beschleunigung durch Verlangsamung
Ermöglicht werden soll dies zum einen durch den Abbau der Ampelanlage an der Försterstraße. Der Verkehr wird, so paradox es zunächst klingt, dadurch verlangsamt, unterm Strich aber trotzdem beschleunigt: Durchgehend langsam fließender Verkehr ist schneller als einer, bei dem sich Spurtstrecken immer wieder mit Ampelstopps abwechseln. Verkehrsuntersuchungen haben das eindeutig bewiesen und der „neue“ Kreisel auf Rathaushöhe in der Rosenheimer Straße belegt das auch in der Praxis.
Der besondere Charakter des Straßenabschnitts im Bahnhofsareal wird aber auch durch einen speziellen Straßenbelag hervorgehoben werden. Dazu kommt ein breiter Fußgängerüberweg samt Radlfurt vom Bahnhofsvorplatz Richtung Försterstraße und damit der Innenstadt. Die Einmündung der Försterstraße in das Bahnhofsvorplatzareal wird dabei für den Autoverkehr gesperrt werden. Dieser erreicht die Haßlerstraße dann über einen „Schlenker“ durch Maxstraße und Albert-Loher-Straße bis zum Kreisverkehr. Das ganze Bahnhofsareal wird dadurch zu einem attraktiven „Empfangsbereich der Stadt“ werden, nicht zuletzt für alle Pendler, mit Parkhäusern für Autos wie für Fahrräder in unmittelbarer Nähe.
Damit ist, so erklärte Peter Kloo den Exkursionsteilnehmern, ein wirklich stadtgestaltendes Projekt, das vor 17 Jahren seinen Anfang nahm, in seine letzte Phase gekommen: Im Jahr 2007 kaufte die Stadt den Bahnhof, dessen liebevolle Restaurierung und optische Rückführung in seinen Ursprungszustand im September 2019 abgeschlossen war, nach gut dreijähriger Arbeit.
Bahnhofsvorplatz wird grüner
Der nächste Schritt war dann die neue Tonwerksunterführung, auch als wesentliche Voraussetzung für die Erreichbarkeit der neuen Bahnsteige am Bahnhof. Die Tonwerksunterführung wurde nach einem guten Jahr Bauzeit im Juli 2021 fertiggestellt, die Bahnsteige sind es seit dem vergangenen Jahr. Damit aber war der Weg frei für die Neugestaltung des eigentlichen Bahnhofsvorplatzes, der nicht zuletzt durch mehr Grün gewinnen soll.
Für die Teilnehmer der Exkursion also noch einmal die Chance, Eindrücke eines „Vorher“ aufzunehmen. Denn bald wird sich kein Mensch mehr vorstellen können, dass das Heimatmuseum, das ein markanter Bau im Bahnhofsensemble ist, nicht immer in seiner vollen Wirkung anzuschauen war, sondern einmal von parkenden Autos verstellt worden war.
