Protest gegen neue Vergütungsstruktur für Tagesmütter
Warum der Rosenheimer Kreisausschuss die Pläne des Jugendamtes stoppte
Überraschung im Kreisausschuss: Das Gremium hat den Weg zur Aktualisierung der Richtlinie für die Kindertagespflege im Landkreis Rosenheim und die damit einhergehende Änderung der Gebührensatzung noch nicht freigemacht. Das sind die Gründe für die Entscheidung.
Rosenheim - Es waren etliche Beschwerden von Tagesmüttern, die bei Inkrafttreten des neuen Konzeptes mit finanziellen Verlusten zu rechnen hätten, die das Bremsmanöver des Gremiums auslösten. „Für mich ist eine solche Lösung nicht vertretbar, wenn bei rund 50 Prozent der Tagesmütter das Einkommen geringer wird“, hatte Fraktionssprecher Sepp Lausch von den Freien Wählern als Erster massive Bedenken gegen die Neuregelung vorgebracht. Und dies geschehe vor dem Hintergrund, dass Tagesmütter eh nicht besonders üppig bezahlt würden. Er wisse das aus eigener Erfahrung, da auch seine Frau schon als Tagesmutter gearbeitet habe.
Stunden-Kategorien fallen weg
Neben einigen anderen Veränderungen ist ein wesentlicher Punkt des neuen Konzeptes, dass die Entlohnung der Tagesmütter künftig nicht mehr auf der Basis von Stunden-Kategorien erfolgt, die eine Mindest- und eine Höchstgrenze an Betreuungszeiten beinhalten. „Mit dem neuen Konzept werden exakt die geleisteten Stunden vergütet“, erläuterte Sabine Stelzmann, die Leiterin des Kreisjugendamtes. Auch bei der Gewährung des Urlaubs orientiere man sich künftig strikt an den geleisteten Arbeitszeiten.
Pauschale für Nachtbetreuung wird erhöht
Zugleich verwies die Verwaltung in ihrer Stellungnahme auch auf einige Verbesserungen, die die Neureglung für die Beschäftigten mit sich brächte. Dazu zähle unter anderem, dass die Pauschale für die Nachtbetreuung je Kind von fünf auf zwölf Euro pro Tag erhöht werde. Um fünf Prozent erhöht werde zudem der Zuschlag in den einzelnen Qualifizierungsstufen, in denen die Tagesmütter eingeordnet seien. Außerdem werde eine monatliche Rahmenpauschale pro betreutem Kind in Höhe von 15 Euro eingeführt.
In Übereinstimmung mit ihrer Kollegin Romy Huber, die sie bei der Präsentation unterstützte, verwies Stelzmann darauf, dass das Jugendamt wirtschaftlich arbeiten und auch den Gelbeutel der Eltern im Auge behalten müsse. „Wir bezahlen künftig nur das, was auch wirklich geleistet wird“, sagte Stelzmann. Eine Tagesmutter darf laut Jugendamt fünf Kinder gleichzeitig beaufsichtigen, aber acht Betreuungsverträge abschließen. Grund: Die Behörde geht von unterschiedlichen Betreuungszeiten aus. Eigene Kinder der Frau werden bei dieser Rechnung nicht mitberücksichtigt.
Ich bin selber Unternehmer und würde mich schämen, wenn ich 50 Prozent meiner Angestellten schlechter stellen würde
Sepp Lausch stellten diese Auskünfte nicht zufrieden. „Ich bin selber Unternehmer und würde mich schämen, wenn ich 50 Prozent meiner Angestellten schlechter stellen würde.“ Das wollte Landrat Otto Lederer (CSU) nicht unwidersprochen im Raum stehen lassen. Er erinnerte daran, dass nach der bisherigen Regelung auch Betreuungsstunden bezahlt wurden, die nicht geleistet wurden. „Würdest Du beispielsweise einem Mitarbeiter 27 Stunden vergüten, die der gar nicht gearbeitet hat? Das glaube ich nicht“, konterte Lederer mit Verweis auf ein konkretes Beispiel, aus dem unter anderem die Notwendigkeit der Reform abgeleitet wurde. „So was wäre mir schon gar nicht passiert“, erwiderte ihm Lausch
Geschäftsordnungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen
Der Tuntenhausener Bürgermeister Georg Weigl (CSU) bezeichnete die neue Regelung dagegen als „gerecht“, ebenso wie Fraktionssprecher Georg Reinthaler (Bündnis 90/Die Grünen). Dennoch sah Reinthaler noch Klärungsbedarf und wartete mit einem Geschäftsordnungsantrag auf Verschiebung der Entscheidung auf. „Jetzt abzustimmen, das wäre ein schlechtes Zeichen. Wir sollten wirklich gute und durchdachte Beschlüsse fassen“, warb der Fraktionssprecher für seinen Antrag. Der wurde mit zehn zu vier Stimmen angenommen.
Landrat sieht kein Problem bei Verschiebung
Der Landrat sah in der Verschiebung kein Problem, die Jugendamtsleiterin war mit der Entscheidung sichtlich weniger glücklich. „Nur noch die Stadt Rosenheim und der Landkreis Mühldorf zahlen nach Buchungskategorien. Die Stadt wird sich allerdings unseren Regelungen anpassen“, verteidigte sie nochmals den Vorschlag des Jugendamtes. Sie erinnerte auch daran, dass die Neuregelung die Eltern bei den Ausgaben um etwa sechs Prozent entlasten werde.
Wir haben kein Interesse daran, Tagespflegepersonen zu verlieren
„Wir haben kein Interesse daran, Tagespflegepersonen zu verlieren. Wir wollen lediglich gleiche Bedingungen schaffen und können es uns nicht leisten, Stunden zu zahlen, die nicht erbracht werden“, ließ sie den Kreisausschuss wissen. In der nächsten Sitzung soll der Kreistag nach dem Willen des Landrats dann eine endgültige Entscheidung treffen. Zuvor will das Jugendamt nochmals mit den Tagesmüttern über das neue Konzept sprechen.
Haben wir vielleicht Spielraum bei steuerfreien Beträgen zugunsten der Tagesmütter?
Da dürfte dann auch eine Frage von Bedeutung sein, die SPD-Fraktionssprecherin Alexandra Burgmaier in den Raum warf. „Haben wir vielleicht Spielraum bei steuerfreien Beiträgen zugunsten der Tagesmütter?“ Das neue Konzept erachtete die Kreisrätin grundsätzlich als „sehr durchdacht“.
Dass das Papier, das dem Kreistag in der nächsten Sitzung vorgelegt wird, eine weitreichende Modifikation erfährt, das glaubt die Jugendamtsleiterin nicht. „Was soll sich denn groß ändern?“ Eine Frage zum Schluss der Debatte, die zumindest an diesem Sitzungstag unbeantwortet blieb.
