Ironman-WM 2024
Ein Kolbermoorer will nach Hawaii: Warum sich Fabian Mottl für seinen Traum quält
Der Triathlet Fabian Mottl will bei der Ironman-WM in Hawaii starten. Dafür geht er täglich an seine Grenzen. Beim Ironman Vichy wollte er sich qualifizieren, doch die Bedingungen waren extrem hart. Ob es für den Kolbermoorer am Ende doch noch gereicht hat?
Kolbermoor – Fabian Mottl pendelt mehrmals pro Woche zur Arbeit nach München. „Die Strecke kann ich ideal in mein Training einbauen“, sagt er. Mindestens einmal pro Woche steigt er gegen 5.30 Uhr aufs Rad – bei Wind und Wetter. Von 8 bis 18 Uhr ist er Marketingmanager bei Steelcase, danach wieder Leistungssportler. Auch den Nachhauseweg nutzt er fürs Training. Das baut nicht nur Stress ab und macht den Kopf frei. Es bringt Mottl auch seinem Traum ein Stück näher.
Sportliche Karriere beginnt auf dem Wasser
Sport bestimmt das Leben des 42-Jährigen schon seit frühester Kindheit. In Neuburg an der Donau gehört er zu den Kanurennsportlern des Donau-Ruder-Clubs. Während des BWL-Studiums trainiert er zweimal täglich im Leistungszentrum Mannheim, wird bayrischer und süddeutscher Meister.
2009 schließlich packt ihn die Faszination für den Triathlon: „Ich war nur als Zuschauer dabei und war von dieser phänomenalen Stimmung an der Strecke und den Sportlern total begeistert“, erzählt er. Ausdauer und Kondition sind seine Stärken – beste Voraussetzungen also für die Kombination aus Radfahren, Laufen und Schwimmen. 2010 nimmt er zum ersten Mal am Audi-Triathlon in Ingolstadt teil. Seitdem ist er jedes Jahr dabei. Nicht nur in Oberbayern, sondern bei allen Wettkämpfen, die in den Zeitplan der Familie passen. „Triathlon ist wie eine Sucht“, beschreibt er. „Du spürst diesen ständigen Bewegungsdrang.“
Mit dem Triathlonvirus infiziert
Wer sich einmal mit dem Triathlonvirus infiziert habe, lande irgendwann auch beim Thema Hawaii, heißt es, denn „der Ironman Hawaii ist mehr als nur ein Triathlon – er ist ein Mythos“. Auch Mottl träumt davon, wenigstens einmal im Leben dabei zu sein. Doch er weiß, dass er für einen der härtesten Ausdauer-Wettkämpfe der Welt an seine Grenzen gehen muss.
Er geht an seine Grenzen. Ein Jahr lang trainiert er noch härter. Ein Jahr lang dreht sich das gesamte Familienleben nur noch um ihn. Urlaube und Wochenendausflüge werden nach den besten Trainingsbedingungen ausgewählt. Jeder Tag wird in strenge Zeitslots für Sport, Arbeit und Familie eingeteilt. Zum Glück ist auch seine Frau Hanni sportbegeistert. Sie unterstützt ihn, obwohl die Töchter Leni und Nele damals noch sehr klein sind.
Ideale Bedingungen zum Leben und Trainieren
In Kolbermoor findet die Familie 2015 nicht nur ihr neues Zuhause „in traumhafter Lage direkt an der Mangfall, im Spinnereigelände und mit der Schule in Gehweite“. Auch die Trainingsbedingungen sind perfekt: Der Mangfalldamm wird für Fabian zur Laufstrecke, die nahen Berge sind ideal fürs Training auf dem Rad, das Kolbermoorer Freibad ist gleich nebenan, zur Arbeit nach München kommt er fast komplett auf Radwegen.
Erster Anlauf scheitert, doch die Sehnsucht bleibt
2018 nimmt Fabian Mottl in Zürich seinen ersten Anlauf für Hawaii. Er kann sich nicht qualifizieren. Doch er bleibt ruhelos, hält sich in Form, trainiert weiter diszipliniert und verfolgt die Wettkämpfe in Hawaii zumindest am Bildschirm. Seine Frau spürt seine ungestillte Sehnsucht. Und so entscheidet der „Familienrat“, dass es Papa Fabian noch einmal versuchen soll.
Wieder steht er ein ganzes Jahr lang im Mittelpunkt der Familie. Neben der Arbeit ist er mehr als 15 Stunden pro Woche auf der Piste, läuft, trainiert auf dem Rad, schwimmt und geht dabei immer wieder an seine Leistungsgrenze. Im August 2023 machen die Mottls Urlaub im französischen Vichy. Nicht etwa wegen der romantischen Gassen oder des Thermalbads. Nein: Fabian geht beim Ironman Vichy an den Start, um sich für Hawaii zu qualifizieren.
Enormer Druck und extreme Bedingungen
Er weiß: „An diesem Tag muss ich liefern.“ Schlechte Kondition oder einen Platten könnten den Traum platzen lassen. In seiner Altersklasse können sich nur drei Triathleten für Hawaii qualifizieren. 90 gehen an den Start. „Das ist ein enormer Druck.“
Die Bedingungen in Vichy sind extrem: „Mir liegen die Berge“, beschreibt Mottl, „aber hier mussten wir 2500 Höhenmeter überwinden.“ Am Morgen geht er um 7 Uhr an den Start: Zuerst schwimmt er die Distanz von 3,8 Kilometern auf einer Ruderregattastrecke im angestauten Allier. Aufgrund der sommerlichen Temperaturen ohne Neoprenanzug: „Das ist viel schwerer.“
Dann stehen 180 Kilometer auf dem Rad durch die Berge an. Nach fünfeinhalb Stunden hat Mottl die zweite Etappe geschafft. 13.30 Uhr schließt sich die dritte an: der 42 Kilometer-Marathon, bei sengender Hitze von 37 Grad Celsius. Mottl achtet auf regelmäßige Ernährung. „Der Körper braucht stündlich circa 80 bis 100 Gramm Kohlenhydrate.“
Fabian Mottl will das erste Mal aufgeben
Alle zwei Kilometer gibt es eine Abkühlung mit dem Wasserschlauch. Und doch macht ihm die Hitze zu schaffen: „Bei Kilometer 18 war der Ofen aus“, erinnert sich Mottl an seine völlige Erschöpfung: „Ich konnte einfach nicht mehr. Der Kopf sagte, lauf weiter, doch mein Körper schlug Wurzeln.“ Die Uhr tickt, sein Vorsprung im Starterfeld schrumpft. Gehpausen und das Abkühlen des Körpers helfen ihm nicht aus dem Tief. Er hat noch nie ein Rennen abgebrochen, doch diesmal „hatte ich mental schon aufgegeben.“ Seine Frau Hanni (40) und die Töchter Leni (11) und Nele (8) machen ihm Mut: „Probier‘s , vielleicht kommt dein Körper wieder zu Kräften“, feuern sie ihn an.
Mottl gibt nicht auf, zerlegt sich die verbleibenden 24 Kilometer in kleine Etappen, kämpft sich von einem Ziel zum nächsten: „Am Ende bin ich die letzten zehn Kilometer sogar am schnellsten gelaufen.“ Er wird Vierter in seiner Altersklasse. Die Enttäuschung ist groß. Er hat es wieder nicht geschafft. Doch einer der drei Erstplatzierten hatte sich schon in einem anderen Rennen qualifiziert. Fabian Mottl rückt nach. Jetzt steht fest: Er fliegt nach Hawaii.
Auch die „Kür“ wird hart
„Jetzt kommt die Kür“, sagt er strahlend. Er weiß, dass er unter den weltbesten Triathleten „nicht vorn mitspielen“ kann. Doch der Druck ist von ihm abgefallen. Er wird dabei sein. „Jetzt zählt nur noch der olympische Gedanke.“ Trotzdem werden auch die Bedingungen auf der Vulkaninsel im Pazifik wieder extrem hart sein: hohe Temperaturen, starke Winde, eine Lawa-Wüstenlandschaft mit 1700 Höhenmetern, Schwimmen im offenen Meer.
Für die nächsten Monate im „Wettkampfmodus“
Der 42-Jährige ist schon wieder im Wettkampfmodus, trainiert auf dem Weg zur Arbeit, an den Wochenenden in den Bergen. Er koppelt Radfahren und Laufen, hängt zusätzliche Fitnessstudio-Einheiten an. Ab März wird er seine Trainingsintensität von Monat zu Monat steigern, ab Mai wieder im Freibad seine Bahnen ziehen, bis sich am 26. Oktober 2024 endlich sein Traum erfüllt: Fabian Mottl geht als erster Kolbermoorer unter den 3000 besten Triathleten der Welt bei der Ironman-WM auf Hawaii an den Start.
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