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Ein Schatz der besonderen Art

Sterntaler Filze: Name geht nicht auf Grimms Märchen zurück, sondern auf ehemaligen Eigentümer

Kaum einer weiß mehr über das Moor in der Sterntaler-, Koller- und Nickelheimer-Filze als Hermann Tutschka aus dem Bad Feilnbacher Ortsteil Wiechs.
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Kaum einer weiß mehr über das Moor in der Sterntaler-, Koller- und Nickelheimer-Filze als Hermann Tutschka aus dem Bad Feilnbacher Ortsteil Wiechs.

Sterne fallen in der Sterntaler Filze bei Bad Feilnbach nicht vom Himmel. Doch analog zum Märchen „Sterntaler“ der Gebrüder Grimm verbirgt sich hinter dem Moorerlebnis in der Gemeinde Bad Feilnbach ein Schatz der besonderen Art.

Bad Feilnbach – Von europaweit bedeutsamer Dimension war die dortige Hochmoor-Renaturierung. In den durch Trockenlegung und Torfabbau geschädigten Hochmooren der Abgebrannten Filze, Nördlichen Hochrunstfilze und Sterntaler Filze wurden rund 400 Hektar wiedervernässt (renaturiert).

Nachnamen spielen eine Rolle

Woher das Moor seinen Namen hat? Von den Besitzern der Flurnummern. So hießen die Namensgeber der Koller oder Sterntaler Filze schlichtweg mit Nachnamen Koller und Sterntaler. „Man hat es sich da leicht gemacht und nicht lange nach Namen gesucht“, weiß Hermann Tutschka. Er ist Moorführer in der Gemeinde Bad Feilnbach.

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Zusammen mit der angrenzenden, renaturierten Südlichen Hochrunstfilze und Kollerfilze besitzen der Landkreis Rosenheim und die jeweiligen Gemeinden jetzt über 650 Hektar zusammenhängend wiedervernässtes Hochmoor.

Getrocknetem Torf als Brennmaterial

In der Europäischen Union gibt es keine vergleichbar großflächige Hochmoor-Renaturierung. Damit ist der Landkreis Rosenheim Vorreiter im Moorschutz im Rahmen des Projektes „Life Natur“. Landwirte und Maschinenring, Naturfotografen, Jugendgruppen aus dem In- und Ausland, Jäger, Naturschutzwacht, Forstamt und Forstbetrieb, Gemeinden, Wasserwirtschaftsamt, Landratsamt, Verkehrsamt und viele an der Natur interessierte Privatpersonen haben mitgeholfen und damit einen wichtigen Beitrag zum Aufbau des europäischen „Natura 2000“-Netzes geleistet.

Zwischen den Bohlenwegen gibt es Tümpel, Moos und abgestorbenes Gehölz. Dies bietet vielen Tieren ein Zuhause. 

Für die ländliche Bevölkerung waren Moore nach der Entdeckung von getrocknetem Torf als Brennmaterial auch eine wichtige Einnahmequelle. Das „Schwarze Gold“, wie der Moorboden im Volksmund genannt wurde, sicherte vielen Familien ein regelmäßiges Einkommen. Heutzutage gehört der Abbau von Torf, wenigstens zum Zwecke seiner Verheizung, weitgehend der Vergangenheit an.

„Schwarze Gold“ im Volksmund genannt

Viel wichtiger ist nun die Wiederentdeckung der Moore unter anderem als Naturschönheiten. Die Sterntaler Filze gehört zum Derndorfer Moos. Ziel dieses Life-Natur-Projektes war es, den natürlichen Wasserhaushalt wiederherzustellen, um das Hochmoor der Nachwelt zu erhalten. Seltene Vogelarten wie Schwarzstorch, Wasserralle, Eisvogel und Kiebitz sind hier zu entdecken. Im Sommer verwandeln die Moorgräser die Flächen in einen weißen Teppich.

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Stationen bieten auf behindertengerechten Wegen einen Einblick in den Zauber der Moore – ohne deren Tierwelt zu stören. Denn: Einfach so im Moor herumzuwandern, ist im Landschaftsschutzgebiet verboten, unter anderem um die Vogelwelt zu schützen. Zum anderen ist es auch nicht zu empfehlen, aufgrund mangelnder Wege, des unebenen Geländes und der zahlreichen Wasserflächen.

Oberfläche in einer Tiefe von 30 Zentimetern fest 

Auch wenn Moorführer Hermann Tutschka beruhigt: „Hier sinkt man nicht ein, die Pflanzen und Wurzeln decken das alles ab, in einer Tiefe von 30 Zentimetern ist die Oberfläche fest miteinander verwachsen. Nur, wenn man in einem Torfstich reinsteigt, da sinkt man natürlich ein, aber selbst da kann man nicht ganz verschwinden.“

Gleich zu welcher Jahreszeit: Die Filze ist einen Besuch wert und zeigt sich stets in einem faszinieren den Kleid. 

Um Besuchern einen Eindruck von der Schönheit des Moores zu vermitteln, wurde am äußeren Rand des Geländes in Bad Feilnbach ein kleiner Erlebnispark angelegt, mit Holzstegen, einem Elfen-Spielplatz, Sitzgelegenheiten und vielem mehr. Mithilfe der Vogelbeobachtungsstation, einem kleinen Holzhaus mit Tarnmuster, kann man die Natur beobachten.

Barrierefreiheit vorhanden

Aufgrund der Holzstege ist der kleine Park gerade auch für Rollstuhlfahrer oder Familien mit Kinderwagen geeignet. Bei Kindern beliebt ist zudem der Barfußpfad, der durch das Moor führt. „Wasserspeicherung ist hier der erklärende Wert. Natürlich ist es für die Kinder und Jugendlichen wichtig, dass die die Zusammenhänge und Kreisläufe des Wassers verstehen, denn nur wenn man es begreift, schützt man es auch in Zukunft. Und so müssen wir Älteren den Jugendlichen wieder beibringen, dass das Wasser halt gespeichert wird und nicht gleich wieder wegläuft“, so Tutschka.

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Auf tragische Weise zum Moorführer geworden

Er ist seit 63 Jahren Imker und zeitlebens mit der Natur eng verbunden. Der 80-jährige Feilnbacher kam auf eher tragische Weise zu seinem Nebenjob. „Mein Bruder war Wanderführer in der Gemeinde, nach seinem unerwarteten Tod übernahm ich seine Aufgaben und erweitere jetzt das Angebot“, so Tutschka gegenüber unserer Zeitung.

Prädestiniert als Moorführer ist er, da er über zehn Jahre einen Torfstich in der Feilnbacher Filze hatte. Zusammen mit 18 weiteren Teilnehmern aus Bayern und Tirol stellte Tutschka bei der Moorführer-Prüfung sein Wissen unter Beweis. Dabei wurden die Teilnehmer in folgenden Themen geschult: Vegetation und Fauna der Hochmoore sowie Didaktik und Methodik. „Moore sind ein spannendes und äußerst nützliches Natur-Phänomen“, so Tutschka und betont, dass Proben aus dem Moor die Geschichte der Landschaft seit der letzten Eiszeit vor etwa 20 000 Jahren erzählen.

Wichtiger Beitrag für den Klimaschutz

Mit Laborproben sei es möglich, sämtliche Pflanzen zu bestimmen, die bisher im Moor gewachsen sind. Moore haben die Eigenschaft, Kohlendioxid und Wasser zu binden, was einen wichtigen Beitrag für den Klima- und Hochwasser-Schutz leiste. Die „Sterntaler Filze“ habe aber mehr zu bieten als Torf und Schlamm. Sie sei eine bayernweit einzigartige Moorerlebnisstation und biete Erwachsenen und Kindern neben einem spannenden Lehrpfad auch vieles zum Erleben, Lernen und Beobachten. Neben der Artenvielfalt und der landschaftlichen Schönheit ist Tutschka zufolge das Moor die manchmal letzte Heimat für bedrohte Arten und seltene Pflanzen.

Blick in die Sterntaler Filze. Das Hochmoor soll der Nachwelt erhalten bleiben. 

Zusätzlich sei das naturbelassene Feilnbacher Moor für seine außergewöhnlich gesundheitsfördernde Wirkung bekannt. Das Sterntaler Filz ist Teil des „Rosenheimer Stammbeckenmoores“ (Filze), das mit insgesamt circa 43 Quadratkilometern einer der größten Moorkomplexe Bayerns und Süddeutschlands ist. Nur rund einen Millimeter pro Jahr legt die Torfschicht zu. Moorwachstum ist nur bei permanent hohem Wasserstand möglich. Abgestorbene Pflanzenreste können durch den Sauerstoffmangel nicht vollständig abgebaut werden und lagern sich als Torf ab, erklärt Tutschka.

Eines hat die Filze mit dem Märchen dennoch gemeinsam: Dort ist die Luft sehr klar und über dem Moor erscheinen die Sterne am Himmel quasi zum Greifen nah.

Wanderungen mit Erklärungen

Wanderungen mit dem zertifizierten Moorführer finden regelmäßig in der Gemeinde Bad Feilnbach statt. Treffpunkt ist am Parkplatz im Derndorfer Moos um 14 Uhr. Die Gehzeit beträgt circa zwei Stunden, festes Schuhwerk ist erforderlich. Der Unkostenbeitrag ist mit Kurkarte frei, ohne Kurkarte fünf Euro. Anmeldung zu den Moorführungen bei der Kur- und Gästeinformation Bad Feilnbach unter Telefon 08066/ 887440 oder per E-Mail unter info@bad-feilnach.de.

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