Chat mit Heiligenschein und Halleluja
Welt der Emojis nutzt religiöse Symbolik: Bad Aiblinger Dekan Reichel im Gespräch dazu
Sie sind überall, fast jeder versendet sie täglich: Emojis. Die Bilder und Piktogramme verleihen Nachrichten Gefühle, verkürzen Texte und lockern diese auf. Dass neben tatsächlich religiösen Abbildungen auch Ableitungen dieser Emojis mit alltäglicher Bedeutung entstanden sind, weiß nicht jeder.
Bad Aibling – Beten und Lobpreisen bekommen in Kurznachrichten und Social-Media-Plattformen als Symbole eine besondere Bedeutung. Betende Hände stehen für „Dank“. Das Lobpreisen – in der Kirche zwei geöffnete Hände – ragen in Emoji-Sprache feierlich oder aufgeregt in die Luft. Es ist eine Geste, die „Gib mir zehn“ sagt und Lob ausdrücken soll. Es wird auch verwendet, wenn Leute erfolgreich über Wettbewerbe kommunizieren.
Emoji Danke und Emoji lobpreisen
Doch was sagt die Kirche dazu? Dekan und Domkapitular Daniel Reichel sprach mit den OVB-Heimatzeitungen darüber: „Klar, verwende auch ich Emojis. Da ich nicht gerne lange Textnachrichten formuliere, versuche ich schnell mit dem ein oder anderen Emoji Antworten zugeben. ,Daumen hoch‘ gehört zu meinen meist verwendeten Symbolen.
3000 Symbole gibt es schon
Noch häufiger verwenden die Nutzer den Smiley mit Heiligenschein über dem Kopf. In der „Emojipedia“ (Erklärfibel der Emojis) ist das nicht eine heilige Person, sondern kann ganz allgemein auch jemand sein, der Gutes tut. Der gelbe Kreis mit Gesicht vermittelt zudem Segen und Gebete.
Smiley mit Heiligenschein? Ist aber im Foto
Mit Heiligenschein werden in der Kunst heilige, herrschaftliche oder göttliche Figuren abgebildet. Er ist ein Zeichen des Göttlichen, der Macht und Erhabenheit. Auch Jesus Christus wird oftmals mit einem Heiligenschein dargestellt. Ist das Blasphemie? „Nein, den dieses Emojis bringt doch nicht mehr zum Ausdruck, als das der Empfänger dieses Bildes gesegnet sein soll, vielleicht eine gute Tat vollbracht hat oder anderes mehr. Das finde ich schön und das wollen doch viele, Gutes tun“, wertet der Dekan.
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Doch wie gut kennt sich ein Mann der Kirche mit den religiösen Motiven der Emojis aus? „Aus meiner Sicht sind beispielsweise die aneinander gelegten Hände – betende Hände. Sie können aber auch an zwei aneinander geklatschte Hände zur Begrüßung erinnern. Daher muss ich sagen, dass ich wohl nicht alle Bedeutungshintergründe der Emojis kenne.“
Emojis von Kirchen und Synagoge
Die religiösen Symbole sind Bestandteil der Jugendsprache. So können sie auch grundsätzlich laut Reichel als positives Zeichen gewertet werden, dass Kirche „mitgenommen“ wird. „Daher freue ich mich, weiß aber nicht inwiefern die religiöse Dimension bei den Einzelnen eine Rolle spielt“, betont er. Angesprochen wird er auf die Zeichensprache oder deren Herkunft nicht. „Auch unter kirchlichen Nutzern von Sprachnachrichten ist es ganz normal Emojis einzusetzen und gehört mit dazu, es ist aber eigentlich kein großes Gesprächsthema“, gesteht der Dekan. Auf die Frage, ob er mit Kardinal Marx oder hohen Würdenträgern in der Kirche mit Emojis schreibt, schmunzelt der Dekan: „Das weiß ich nicht, da ich mit Kardinal Marx noch keine Kurznachricht ausgetauscht habe. Um aber nicht zu viel zu verraten, unser Weihbischof Wolfgang Bischof verwendet gern mal ein Emoji.“
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Auch wenn es unter den mittlerweile über 3000 Emoji-Zeichen viele Symbole gibt, die aus der japanischen Kultur stammen und für europäische Nutzer schwer verständlich sind, so ist das Zeichen für Kirche beziehungsweise Andachtsstätte eindeutig: bunte Fenster, Seitenschiff, Turm mit Kreuz auf dem Dach. Zudem gibt es das Kreuz auch noch lila unterlegt als einzelnes Symbol. Bei dem Kirchen-Gebäude mit dem Herz wird es dann schon schwieriger. Doch die „Emojipedia“ hat darauf die Antwort: Das Zeichen steht für Hochzeit.
Emoji Perlenkette
Das Emoji der Perlenkette symbolisiert eine Gebetskette. Diese wird in vielen verschiedenen Religionstraditionen verwendet. Eindeutig ist das Piktogramm keiner religiösen Tradition zugeordnet. Beim christlichen Rosenkranz macht ein Kreuz den Abschluss. Die islamische Misbaha hat immer 33 Perlen. In den hinduistischen Traditionen und im Buddhismus heißt die Gebetskette Mala.
Reichel: „Emojis können immer in mehrfacher Hinsicht gedeutet werden, ob religiös oder auch weltlich. Daher ist es für mich schwer zu beurteilen, ob das Vermischen gut oder schlecht ist. Für mich ist es wichtig, dass die Emoji-Verwendung, so wie ich oder ein anderer Nutzer sie einsetzt, gut verstanden wird.“
Emoji Christbaum
Der Weihnachtsbaum ist als Emoji mit farbigen Christbaumkugeln ausgestattet. Der Christbaum, so wie wir ihn heute kennen, entstand in der Reformationszeit. Private Weihnachtsbäume gibt es aber erst seit Ende des 19. Jahrhunderts. Lange wehrte sich die katholische Kirche gegen diesen heidnischen Brauch. Erst 1982 wurde der erste Weihnachtsbaum auf dem Petersplatz in Rom aufgestellt.
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Gefahren bei der Verständigung
Der Geistliche versucht für Predigten oder Firmvorbereitungen aus seinem Alltag „Brücken hin zu Menschen zu bauen, die mir begegnen oder die mir beispielsweise in der Predigt zuhören“. Da könne es hilfreich sein, Symbole aus der Welt der Zuhörer zu wählen. „Aber dies birgt auch eine Gefahr in sich, wenn ich die Sprache meines Gegenübers nicht spreche. Wenn ich als Erwachsener versuche, die Sprache der Jugendlichen zu kopieren, wird dies aller Wahrscheinlichkeit schief gegen. Wenn ich es aber verstehe, aus der Gemeinsamkeit der Bilder und Symbole heraus zu sprechen, werden wir uns wohl gut verstehen können.“
Über die Bedeutung und Herkunft von Emojis
Emojis (japanisch für Bilderbuchstaben) sind kleine stilisierte Bilder, Gesichter, Hände, Fahrzeuge, Lebensmittel. Die Symbole werden mehr und mehr. Sie ersetzen mittlerweile schon fast Wörter und deshalb kommt in der Sprachwissenschaft die Frage auf: Haben wir es hier mit einer neuen Sprache oder sogar mit modernen Hieroglyphen zu tun?
„Wir haben es hier mit einer sehr interessanten Entwicklung zu tun“, sagt Sprachwissenschaftler Michael Beißwenger. Er forscht seit Jahren zu internetbasierter Kommunikation. „Online-Unterhaltungen nähern sich immer mehr dem mündlichen Dialog an.
Beißwenger zufolge bereichern Emojis eine digitale Unterhaltung dadurch, dass sie den geschriebenen Text sichtbarer und gefühlvoller machen. Dass man Bildzeichen verwendet, ist nichts Neues. Die ägyptischen Hieroglyphen sind die Zeichen des ältesten bekannten ägyptischen Schriftsystems. Sie gibt es seit etwa 3200 vor Christus. Kelten nutzen sie ebenso wie beispielsweise die australischen Aboriginies.
Anfang der 80er-Jahre wurde dann der Smiley „geboren“. Der US-amerikanische Informatiker Scott Fahlmann erfand ein auf der Seite liegendes lachendes Gesicht, zusammengesetzt aus Doppelpunkt, Bindestrich und Klammer.
:-)
Dies sollte als Zeichen für Humor oder Ironie fungieren. Der mittlerweile berühmte Smiley war das erste Emoticon. Die aus Zeichen zusammengesetzten Gesichter stehen für eine bestimmte Emotion – deshalb auch der Begriff, eine Kombination aus Emotion und Icon. Anders als Emoticons sind Emojis eigenständige Bildzeichen, deren Repertoire sich auf weit mehr als nur Gesichter erstreckt. Entwickelt wurden sie Ende der 90er-Jahre von einem japanischen Software-Ingenieur als Gimmick für die jugendlichen Nutzer eines Pager-Textprogramms: 176 Pixelbilder, inspiriert von Mangakultur und Kalligrafie entstanden, darunter ein Kussmund und eine Glühbirne.