Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Festakt am 20. Oktober in Stephanskirchen

100. Geburtstag von Otfried Preußler: So erinnern sich die Menschen an den Geschichtenerzähler

Kleine Leseratte: Lotta (4) kommt gerne mit ihrer Oma in die Bücherei am Schloßberg. Hier blättert sie in Ottfried Preußlers „Die dumme Augustine“. Der Kinderbuch-Autor wäre am 20. Oktober 100 Jahre alt geworden.
+
Kleine Leseratte: Lotta (4) kommt gerne mit ihrer Oma in die Bücherei am Schloßberg. Hier blättert sie in Ottfried Preußlers „Die dumme Augustine“. Der Kinderbuch-Autor wäre am 20. Oktober 100 Jahre alt geworden.

Kinderbuch-Autor, Lehrer, Ehrenbürger von Stephanskirchen: Otfried Preußler wäre am 20. Oktober 100 Jahre alt geworden. Anlässlich dieses Jubiläums gedenkt ihm die Gemeinde Stephanskirchen in besonderer Weise.

StephanskirchenDie Kinderbücher von Otfried Preußler sind nicht nur in der Region bekannt. Weltweit lasen Kinder die Geschichten, die er zunächst seinen Schülern erzählt und später auch niedergeschrieben hatte, heißt es auf der Homepage preussler.de, die von seiner Tochter Dr. Susanne Preußler-Bitsch betrieben wird. So sei „Die Kleine Hexe“ in 46 Sprachen, „Der Räuber Hotzenplotz“ in 43 Sprachen und „Der Kleine Wassermann“ in 34 Sprachen übersetzt worden. Die weltweite Gesamtauflage seiner Bücher liegt bei 50 Millionen Exemplaren.

Kleine Leseratte: Lotta (4) kommt gerne mit ihrer Oma in die Bücherei am Schloßberg. Hier blättert sie in Ottfried Preußlers „Die dumme Augustine“.

Der Geschichtenerzähler

Preußlers Werke gibt es auch in der Bücherei im Roten Schulhaus am Schloßberg zum Ausleihen. Im Jubiläumsjahr seien viele Kinder gekommen, um sie zu lesen. „In den Schulen wurden die Geschichten gelesen, und Filme geschaut. Einige Kinder sind danach zu uns gekommen“, berichtet sie. Das freut die Leiterin der Bücherei, denn in den vergangenen Jahren seien Preußlers Geschichten ein wenig in Vergessenheit geraten. „Die Kinder sind hochglanzgebundene Bücher gewöhnt. Das waren Preußlers Bücher nicht.“ Allerdings seien einige der Klassiker wie „Die kleine Hexe“, „Der kleine Wassermann“ und „Das kleine Gespenst“ überarbeitet und als Erstleser-Bücher und in Hochglanzformat aufgelegt worden, die wieder viel Anklang bei den jungen Lesern finden. Auch diese liegen in der Bücherei aus.

Das Besondere an Preußler als Geschichtenerzähler sei für Dreischl, seine Art „Fantastisches, Zauberhaftes an die reale Welt anzuknüpfen. „Aber so, dass es Kinder verstehen.“ Die eigene Welt verbunden mit der Zauberwelt. Gleichzeitig zeichne sich bei Preußler das Motiv ab, dass „das Kleine“ Recht behält und gewinnt. „Sei es die kleine Hexe oder der kleine Wassermann. Am Ende kämpfen die Kleinen und schaffen es und gehen ihren Weg“, erklärt Dreischl. Das mache Mut.

Ursula Dreischl leitet die Bücherei im Roten Schulhaus am Schloßberg. Sie hat viele Veranstaltungen während des Jubiläumsjahres mitorganisiert.

Generell sei das Festjahr mit seinen vielen Veranstaltungen sehr gut angekommen. Etwa 5500 Besucher hätten die Veranstaltungen bislang besucht, davon knapp 5000 allein in der Räuber-Hotzenplotz-Ausstellung in Haidholzen. „Es waren viele Großeltern mit ihren Enkeln da, aber auch Erwachsene und Besucher aus München, Ingolstadt und andere Urlauber kamen“, freut sich Dreischl. Zu ihrer Überraschung seien auch viele Erwachsene ohne Kinder gekommen. Auf Nachfragen hätten sie berichtet, dass sie sich mit den Geschichten verbunden fühlen.

Der Pädagoge und „Anwalt der Kinder“

Deutschlandweit sind 22 Schulen nach Otfried Preußler benannt. Dazu gehört auch die Otfried-Preußler-Schule (OPS) in Stephanskirchen. An dieser Grund- und Mittelschule ist er kurzzeitig Schulleiter gewesen. Insgesamt seien dies jedoch nur drei Wochen gewesen. „Wie er als Lehrer war, dazu habe ich keine persönlichen Überlieferungen“, berichtet Schulleiter Florian Burggraf. Der pädagogische Mehrwert seiner Geschichten zeige sich im Schulalltag aber deutlich.

Dieses Zitat von Otfried Preußler findet man in der Grundschule Schloßberg.

Vor allem in der Grundschule werden die Werke Preußlers gelesen. „Die Geschichten sind zeitlos und spielen in einer guten Welt“, sagt Burggraf. Jedes Jahr bei der Einschulung begrüße er die neuen Erstklässler mit einer Puppe vom Räuber Hotzenplotz in der Hand. „Das Schöne ist, die Hälfte der Kinder kennt ihn bereits.“ Aber auch die weniger bekannten Geschichten Preußlers seien in der Schule zugänglich. In der ganzen Schule sei Preußler allgegenwärtig: In Schaukästen und Vitrinen, durch den von den Schülern selbstgebauten Maibaum vor der Schule, während der alljährlichen Aufführung der Theater AG. „Heuer wird im November der Hotzenplotz aufgeführt“, so Burggraf.

Neben seinen Geschichten hat sich Preußler auch in vielen theoretischen Schriften wie Aufsätzen und Interviews als „Anwalt der Kinder“ und pädagogischer Mahner zu Wort gemeldet. Zudem hat er sich auch für bedürftige Kinder eingesetzt. Zu Ehren des 100. Geburtstages des Kinderbuch-Autors veranstaltet die OPS deswegen einen Spendenlauf. Pro gelaufener Runde sammeln die Schüler Geldbeträge, die der von Preußler 1992 gegründeten Stiftung „Hilfswerk Aschau“ zugute kommt. Diese unterstützt die orthopädische Kinderklinik Aschau.

Ihren eigenen Preußler-Maibaum haben die Schüler der Otfried-Preußler-Schule in Stephanskirchen gebaut und auf dem Schulgelände aufgestellt.

In der 9. und 10. Klasse werde auch „Krabat“ gelesen und besprochen. „Da es aber wesentlich komplexer ist und eingeordnet werden muss, eignet es sich eher für die höheren Jahrgänge“, erklärt der Schulleiter. Auch Burggraf selbst beschäftige sich seit einigen Jahren mit Preußler und seiner persönlichen Geschichte. „Für mich persönlich ist das sehr bereichernd, da es mir bei der Einordnung des ‚Krabat‘ hilft und die Geschichte viel greifbarer und verständlicher macht“, berichtet er. „Ich persönlich als Schulleiter stehe Otfried Preußler erfüchtig gegenüber und hoffe, seinem Nachlass hier an der Schule gerecht zu werden.“

Der Nachbar und Bürger von Stephanskirchen

Wer sich noch sehr gut an Otfried Preußler erinnert, ist Stephanskirchens Altbürgermeister Rudi Zehentner. Von 1996 bis 2008 war er das Oberhaupt der Gemeinde gewesen und über 30 Jahre in der Kommunalpolitik tätig. In dieser Zeit habe er politisch mit Preußler zu tun gehabt. „Die Integration der Sudetendeutschen war ihm immer sehr wichtig“, berichtet er auf Nachfrage des OVB. Preußlers Familie stammte aus dem böhmischen Reichenberg (heute Liberec), das während der NS-Herrschaft an Deutschland annektiert und 1945 an die wiedererrichtete Tschechoslowakei zurückgegeben wurde. 1949 ist die Familie nach Stephanskirchen gekommen.

Im Rübezahlweg 11 in Haidholzen hat Otfried Preußler gewohnt. Inzwischen wurde das Haus jedoch abgerissen und ist dort steht ein Neubau.

Zehentner ist gebürtiger Stephanskirchener. Seine Familie habe am Schloßberg gewohnt, unweit der Familie Preußler. „Mit der älteren Tochter war ich in der Grundschule in einer Klasse.“ Dadurch habe er auch viele persönliche Erinnerungen aus der Kindheit: So sei Preußler Lehrer an der ehemaligen evangelischen Volksschule in Rosenheim gewesen. Zehentner habe damals das Ignaz-Günther-Gymnasium nebenan besucht. „Ich erinnere mich, dass er immer einen langen weißen Mantel während der Pausenaufsicht getragen hat.“

Aber Preußler war mehr als nur ein Geschichtenerzähler, wie Zehentner betont: „Er war nicht nur der gemütliche Opa-Typ, wie viele glauben.“ Er sei ein selbstbewusster, gar autoritärer Mann gewesen. „Er wusste, was er kann, und wie er sich Respekt verschafft.“ Seine persönliche Geschichte als Kriegsgefangener und Heimatvertriebener, als Lehrer in dieser Zeit hätten ihn persönlich geprägt – und sein politisches Engagement.

Der Ehrenbürger

„Wir sind froh, dass wir mit dem Jubiläumsjahr, den Bezug zwischen Otfried Preußler und der Gemeinde hervorheben konnten“, sagt Karl Mair, Bürgermeister von Stephanskirchen. Dabei sei ihm aufgefallen, dass auch überregionale Medien über Preußler berichten. Außerdem sei in Stuttgart in diesem Jahr eine weitere Mitmach-Ausstellung „Die Kleine Hexe“ eröffnet wurde.

1993 mit 70 Jahren sei Preußler laut Mair zum Ehrenbürger ernannt worden sein. „Stephanskirchen war nach wie vor der Mittelpunkt seines Schaffens. Preußler hat den Namen der Gemeinde mit seinem Wirken stets positiv nach außen getragen.“ darauf sei man sehr stolz. Schade sei, dass das Haus im Rübezahlweg leider nicht mehr stehe, da man gerne ein Museum errichtet hätte. Da Preußler seinen gesamten Nachlass der Berliner Staatsbibliothek vermacht hat, sei dies nicht möglich gewesen, so Bürgermeister Mair.

Otfried Preußler starb 2013 mit 89 Jahren.

Beim Festakt sollen zu Preußlers Gedenken Zeitzeugen zu Wort kommen, darunter unter anderem seine Sekretärin Christine Annies, Stephanskirchens Altbürgermeister Rudi Zehentner, sowie Rainer Hoffmann, Senior-Geschäftsführer der Pit-Werke in Haidholzen. „Die Familie Hoffmann stammt ebenfalls aus Reichenberg. Otfried Preußler hat, bevor er Lehrer wurde, dort als Werbetexter gearbeitet“, weiß Mair. Gleichzeitig soll ein Mikrofon unter den Zuschauern herumgereicht werden. „Wer selbst noch etwas zu berichten kann, darf dann gerne erzählen“, so der Bürgermeister.

Der Abschied

Am 18. Februar 2013 starb Otfried Preußler im Alter von 89 Jahren. Die Trauerfeier fand damals in der katholischen Stadtkirche St. Nikolaus in Rosenheim statt. Hannelore Maurer, seit 2011 Gemeindereferentin der Stadtteilkirche Rosenheim-Inn, hielt die Trauerrede. „Dass mir damals die Aufgabe zugefallen ist, Otfried Preußler zu beerdigen, hat mich tatsächlich sehr bewegt. Die Preußler-Töchter kannten mich aus meiner Zeit als Seelsorgerin in Haidholzen und haben sich das ausdrücklich gewünscht“, berichtet sie.

Die Autorin Hannelore Maurer arbeitet als Seelsorgerin im Pfarrhaus St. Nikolaus und hat 2013 die Rede bei Otfried Preußlers Trauerfeier gehalten.

Da Otfried Preußler für Kinder geschrieben hat, habe sie den Trauergottesdienst auch mit Kindern gestaltet. Schüler der Stephanskirchener OPS hätten die Fürbitten vorgetragen. Die Beerdigung selbst habe im engsten Kreis der Familie mit Verlegern und wenigen Freunden stattgefunden. „Es war nicht ganz leicht, den Termin vor den Medien geheim zu halten, aber die aufdringlichen Kamera-Teams fuhren nach dem Trauergottesdienst umsonst zum Friedhof. Wir hatten die Urne schon vorher beigesetzt.“

Daß du mein Grab besuchst, ist nicht wichtig. Ich weiß, daß du an mich denkst – das ist wichtiger.“

Otfried Preußler, „Krabat“

Auf dem Friedhof habe ich eine Stelle aus „Krabat“ vorgelesen: Die Stelle, als die Kantorka in der Osternacht das Osterlob anstimmt und Krabat erkennt, dass die Liebe und das Licht immer über alle Mächte des Bösen und der Todes siegen werden. „Das war für mich der bewegendste Moment“, erinnert sich die Seelsorgerin.

Festabend – 100 Jahre Otfried Preußler

Mehr Zeitgeschichten und Erinnerungen an Otfried Preußler wird es beim Festabend „100 Jahre Otfried Preußler“ am Freitag, 20. Oktober, in der Aula der Otfried-Preußler-Schule (Schömeringer Straße 35 a-d in Stephanskirchen) geben. Durch den Abend führt der Journalist und Moderator Florian Schrei. Beginn ist um 19.30 Uhr.

Kommentare