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Ist gar kein Ende in Sicht?

Schleuser in der Region: Staatsanwaltschaft versinkt in Fällen – So viele Verfahren laufen

Bundespolizei greift unerlaubt eingereiste Migranten auf
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Die Bundespolizei greift in der Region immer wieder Schleuser auf. Für die Staatsanwaltschaft Traunstein bedeutet das eine Menge Arbeit. (Symbolfoto)

Menschen stundenlang zusammengepfercht im Laderaum eines Transporters. Diese Tortur nahmen schon viele auf sich, um mit Schleusern nach Deutschland zu gelangen. Auch in der Region nehmen die Fälle kein Ende – und die Staatsanwaltschaft Traunstein versinkt in Arbeit.

Rosenheim/Traunstein – Sechs Personen, drei Männer, drei Frauen. Als Gepäck hatten sie nur drei Handtaschen dabei. Und damit nahmen sie eine Reise von vielen Kilometern auf sich, bis sie schließlich von ihrem Schleuser in Nußdorf am Inn abgesetzt wurden. Und dort wussten die nicht mehr weiter. Bis schließlich Beamte der Polizeiinspektion Brannenburg sie in Gewahrsam genommen haben. Die sechs Menschen, fünf Türken und eine Syrerin, hatten 5000 Euro für ihren Weg nach Deutschland bezahlt, bleiben dürfen sie voraussichtlich nicht, wie die Bundespolizei erklärt.

Schleuser in der Region: Über 450 Verfahren von Januar bis August

Der geschilderte Fall ist nur einer von hunderten in diesem Jahr. „Von Januar bis August 2024 sind bei der Staatsanwaltschaft Traunstein 451 Ermittlungsverfahren aus dem Bereich der Schleusungskriminalität eingegangen“, erklärt Oberstaatsanwalt und Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Traunstein, Rainer Vietze, auf OVB-Anfrage. Damit lag die Zahl der Verfahren noch einmal deutlich über dem des Vorjahres, als 447 Fälle zu bearbeiten waren.

Aber: Der Bundespolizeiinspektion zufolge ist die Zahl der Schleuser-Fälle gesunken. Von Januar bis August wurden im Raum Rosenheim 64 Schleuser festgenommen. Wie passt das zusammen? „Die Gesamteingangszahlen bei den Schleuserverfahren in unserer Behörde sind durch den Abbau von Bearbeitungsrückständen in Nichthaftsachen aus dem Schleuserbereich bei der Bundespolizei leicht angestiegen“, erklärt Vietze. Heißt vereinfacht gesagt: Die Polizei hat „übrige“ Fälle aus dem vergangenen Jahr bearbeitet, die schließlich mit Verzögerung bei der Staatsanwaltschaft gelandet sind.

Die Zahl der Schleuser-Verfahren, die bei der Staatsanwaltschaft Traunstein eingegangen sind, ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen.

Schleuser-Kontrollen: Innenministerium hofft auf Abschreckung

Trotz der gesunkenen Zahl an Schleuser-Fällen in diesem Jahr kann noch keine positive Aussage für das gesamte Jahr getroffen werden. Wie Vietze erklärt, ist die Zahl der Schleuser-Haft-Sachen im Jahr 2023 erst im Herbst rasant gestiegen. Für die Staatsanwaltschaft bedeuten die zahlreichen Fälle außerdem eine enorme Arbeitsbelastung. „Da im vergangenen Jahr die sehr hohe Anzahl von 805 Schleuserverfahren bei der Staatsanwaltschaft Traunstein eingegangen ist, waren auch noch im ersten Halbjahr 2024 nicht nur die Spezialstaatsanwältinnen und -staatsanwälte aus der Schleusungsabteilung mit diesen Ermittlungsverfahren beschäftigt, sondern viele weitere Kolleginnen und Kollegen der gesamten Behörde“, macht Vietze deutlich.

Während die Staatsanwaltschaft in Schleuser-Fällen nahezu versinkt, hofft man beim bayerischen Innenministerium, dass die verstärkten Kontrollen früher oder später abschreckend wirken – Prävention durch Repression. „Wir hoffen, dass die Schleuser durch den hohen Verfolgungsdruck irgendwann sagen ‚Das lohnt sich nicht mehr‘“, erklärt ein Ministeriumssprecher. Ihm ist auch bewusst, dass es sich bei den Fällen um eine reine „Kontrollkriminalität“ handelt. „Wenn die Polizei nicht kontrollieren würde, gäbe es auch keine Fälle“, sagt der Sprecher. „Die Schleuser würde es aber natürlich trotzdem weiterhin geben.“ Allerdings hoffe man, dass der „Nachschub“ irgendwann nachlasse – wobei man natürlich nie wisse, wie hoch das Dunkelfeld ist.

Diese Strafen erwarten Schleuser nach neuem Strafrahmen (seit 27. Februar 2024)

Grundtatbestand mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zehn Jahren: Wer jemanden zur unerlaubten Einreise anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet und dafür einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt. (§ 96 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz)

Qualifikationstatbestände mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu 15 Jahren: Gewerbsmäßiges Handeln; Handeln als Bandenmitglied; bei sich führen einer Schusswaffe; bei sich führen einer anderen Waffe, um diese bei der Tat zu verwenden; Geschleuste werden einer das Leben gefährdenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung ausgesetzt, zum Beispiel Schleusung mit Kleinbussen, bei denen im Laderaum deutlich zu viele Personen völlig ungesichert transportiert und in Lebensgefahr gebracht werden. (§ 96 Absatz 2 Aufenthaltsgesetz)

Qualifikationstatbestand mit einer Freiheitsstrafe von drei bis zu zehn Jahren: Gewerbsmäßiges Handeln als Bandenmitglied (§ 97 Absatz 2 Aufenthaltsgesetz)

Qualifikationstatbestand mit einer Freiheitsstrafe von fünf bis zu 15 Jahren: Einschleusung mit Todesfolge, also wer bei Begehung einer Schleusung (fahrlässig) den Tod eines anderen Menschen verursacht (§ 97 Absatz 1 Satz 1 Aufenthaltsgesetz)

Qualifikationstatbestand mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe oder einer Freiheitsstrafe von zehn bis zu 15 Jahren: Zumindest leichtfertige Verursachung des Todes eines anderen Menschen (§ 97 Absatz 1 Satz 2 Aufenthaltsgesetz)

Quelle: Staatsanwaltschaft Traunstein

Schleuser-Kontrollen: Innenministerium von Wirksamkeit überzeugt

„Die Zahlen zeigen, dass die Kontrollen dringend notwendig sind“, sagt der Sprecher des Innenministeriums. Und Fälle wie die der in Nußdorf ausgesetzten Menschen zeigen, dass lange nicht alle Schleuser erwischt werden können. Daher arbeite man bereits eng mit den österreichischen und tschechischen Behörden zusammen. Die Schleierfahndungskontrollen seien laut Ministerium „sehr erfolgreich“. Auch der Einsatz von Hilfsmitteln wie Herzschlagsensoren sei ein wichtiger Bestandteil. Diese Geräte werden kurzerhand außen an Fahrzeugen angebracht. Innerhalb weniger Minuten wird dann angezeigt, ob sich eine Person im Wagen befindet – beispielsweise versteckt zwischen verschiedenen Waren. So können Schleuser ertappt werden, ohne, dass die Polizeibeamten den gesamten Wagen durchsuchen müssen.

Was auch abschreckend wirken könnte: Zum 27. Februar 2024 wurde der Strafrahmen für Schleusungen deutlich angehoben. Heißt: Alle Schleuser, die ab diesem Tag gefasst wurden und werden, erwartet eine deutlich längere Freiheitsstrafe als die, die vor diesem Stichtag gefasst wurden (siehe Infobox).

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