Hausbesuch in der Torfremise Schechen
Wie ein Paar eine uralte Scheune rettete und dort modernes Wohnen und Arbeiten vereint
Ein Haufen alter Balken und Latten, mehr blieb von einem Stück lokaler Geschichte nicht übrig. Bis sich Emmanuel und Stephanie Heringer der alten Torfremise in Schechen annahmen. Und etwas Einzigartiges daraus machten.
Schechen – Feuerholz – nein, dafür war Emmanuel Heringer der Stadl aus dem 19. Jahrhundert zu schade. Er meldete den Wunsch an, den von seinem Chef als Lager gemieteten Stadl abzubauen und mitzunehmen. Irgendwann war es dann so weit, das damals noch in Kolbermoor stehende Gebäude musste der neuen Alten Spinnerei weichen. Der gelernte Zimmerer Emmanuel Heringer, seine Frau Stephanie und einige Helfer bauten die Torfremise ab.
Wohin mit der Torfremise?
Es war nicht der erste Abbau. „Viele Balken waren schon von den alten Zimmerern nummeriert“, erzählt Heringer. Dennoch wurden sämtliche Balken und Latten erneut gekennzeichnet. Heringer wollte aufbauen, nicht puzzeln. Aber erstmal ging das Holz in ein Zwischenlager. Und der Zimmerer und Flechtwerkgestalter Emmanuel und die Schmiedemeisterin Stephanie Heringer überlegten, was tun. Und wo.
„Irgendwann stand ein sympathischer junger Kerl in meinem Büro und sagte, er würde neben dem Bahnhof gerne einen Stadl aufbauen“, erinnert sich Hans Holzmeier, der ehemalige Schechener Bürgermeister. „Ich habe vermutlich etwas dumm geguckt“, lacht Holzmeier, „aber der Gemeinderat hat mitgespielt.“ Mitgespielt beim Verkauf des Grundstücks.
Passendes Grundstück in Schechen gefunden
Eines langen, schmalen Grundstücks parallel zu den Gleisen. Zusammen mit dem ehemaligen Bahnhof – heute nur noch Haltepunkt – und dem benachbarten Bahnhofsklo als Mischgebiet ausgewiesen. Eines Grundstücks, ideal für die 27,5Meter lange und 12,5 Meter breite Torfremise. 2010 war die Bodenplatte fertig.
Die Wiederbelebung der Torfremise begann. In Handarbeit. „Des Mehra hamma in Eigenbau gemacht“, sagt Emmanuel Heringer. Unterstützt von einem Berliner Architekturbüro, das sich auf die Verwendung natürlicher Baustoffe, vor allem Lehm, spezialisiert hat. Denn dass das Tragwerk aus jahrhundertealtem Holz mit Baustoffen aus der Natur kombiniert werden soll, da waren sich Heringers sicher.
Torfremise in Schechen: Ein Ehepaar rettet eine jahrhundertealte Scheune




Strohballenmauern waren erst geplant und auch genehmigt. Dann war klar, dass zwei Familien in der Torfremise leben wollen. Und dann wurde es Lehm. Die Ziegel für die Innenwände Stück für Stück von Heringers und Helfern von Hand geformt. Die Zeit war da. Denn die alten Balken hatten die Zeit nicht unbeschadet überdauert. Drei Zimmerer brauchten zwei Monate, um schadhafte Balken sorgfältig zu reparieren. Nicht, dass es statische Probleme gibt.
Die Arbeit mit dem Architekturbüro sei sehr partnerschaftlich verlaufen, erzählt Stephanie Heringer. Bei einem Rundgang durch die Torfremise beichtet sie, dass die Pläne immer wieder über den Haufen geworfen wurden. Nicht für das alte Tragwerk, das blieb, wie es immer war. Aber für den Lehmbau, der hineingesetzt wurde. Die Spätnachmittagssonne scheint in Bad und Abstellkammer? Verschwendung. Also werden dort Wohnräume hingeplant, das Bad an eine andere Ecke verschoben.
Viel Glas zwischen Holz und Lehm
Eine Torfremise war dazu gedacht, dass dort Torf trocknet, der dann als Brennmaterial dient. Unter anderem für die Baumwollspinnerei in Kolbermoor. Dementsprechend offen, luftig und lichtdurchflutet ist der Stadl. Dass die Wohnräume und das Büro es auch sind, dazu tragen unten große Fenster sowie gläserne Decken auf den Räumen im oberen Stockwerk bei. Den First aus einem Fensterband bezeichnet Emmanuel Heringer als „das beste Antidepressivum, das es gibt.“
Außerdem haben die Heringers sich dazu entschieden, die Wände nicht lehmbraun zu lassen. Sie sind weiß. Auch die hölzernen Fußböden sind weiß lasiert. Deswegen heißt es im Obergeschoss auch „bitte Schuhe ausziehen.“ Das Raumklima in dem Lehmbau ist angenehm. Bei großer Hitze bleibt es erträglich, ab April muss nicht mehr geheizt werden. „Braucht‘s nicht“, sagt Stephanie Heringer. Ganze zehn Ster Holz bringen die zwei Familien, die in der alten Torfremise wohnen, warm über den Winter.
Ergänzung des Ortsbildes
„Des oide Glump g‘hert wegrissn‘ habe ich während der Bauzeit öfter gehört“, erinnert sich Hans Holzmeier. Heute ist nicht mehr zu erkennen, dass die Torfremise in Schechen zugroast ist. Zumal Heringers auch das kleine Holzgebäude des ehemaligen Bahnhofsklos kauften, es zu einer Werkstatt umgestalteten.
Ein Gesamtprojekt ganz nach dem Herzen von Dr.Vinzenz Dufter, beim Landesverein für Heimatpflege zuständig für die Baukultur. Im Schatten der alten Bäume vor Heringers Haustür stehend, sagt er mit Blick auf die alte Torfremise begeistert: „Das ist ein Leuchtturmprojekt. Man soll Altes bewahren und weiterentwickeln, ihm keine Käseglocke überstülpen.“
