Schafkopfkurs in Prutting
Sauspiele mit dem Bürgermeister – Warum eine OVB-Reporterin nicht „davolaffa“ kann
Wenn sich die Bürgermeister von Prutting, Pfaffing und Söchtenau am Tisch treffen und sich eine OVB-Reporterin inkognito anschleicht, muss etwas im Busche sein. Warum Sylvia Hampel nicht „davoglaffa“ ist und als Beute-Unterfränkin schnell feststellte, dass der Unterschied bei den Namen nicht aufhört.
Prutting – Vor 40 Jahren war ich die, die kurz vor dem Pausengong die Schafkopfkarten in die Hosentasche steckte. Dann kam ein anderes Kartenspiel des Weges, das zur großen Leidenschaft wurde. Der alte Kumpel Schafkopf geriet in Vergessenheit. „Kannst Du Schafkopf?“ beantwortete ich mit „Im Prinzip ja, aber ich müsste erstmal wieder reinkommen“.
Und dann war da diese Ankündigung – ein Schafkopfkurs, vor allem für Frauen. Männer geduldet. Hmmmmm!?! Kurz überlegt, angemeldet. „Schreiben Sie auch?“ fragt der Bürgermeister. „Ja. Aber enttarnen Sie mich nicht.“ Tut er nicht.
Der Raum in der alten Wirtschaft ist voll. Zehn Tische sind besetzt, zu drei Vierteln mit Frauen. Kurz beim Lehrer vorstellen. Sepp Niedermeier, Bürgermeister in Pfaffing. Der schaut vergnügt in die Welt, das könnte heiter werden. Auch Johannes Thusbaß, als Pruttinger Bürgermeister quasi Gastgeber, ist entspannt, freut sich über den Andrang. Dann kommt auch noch Bernhard Summerer vorbei, Bürgermeister in Söchtenau und nach Aussage von Niedermeier und Thusbaß einer der besten Schafkopfspieler der Region. Da wundert sich dann niemand mehr über den eifrigen Fotografen, der ein ums andere Mal abdrückt.
Ein Paar rund um das Rentenalter sitzt noch allein an einem Tisch. Ich setze mich dazu. Vierter im Bunde wird kurz darauf ein junger Mann. Der erzählt, dass Schafkopf in seiner Generation out ist. Spielt keiner mehr, sagt er. Warum er es dann lernen will? Familiensache, stellt sich schnell heraus. Seine Tante lernt mit ihm, die Mutter ist als „Betreuerin“ im Einsatz. Davon gibt es eine Handvoll. Sie sind zur Stelle, wenn Fragen auftauchen, helfen bei Entscheidungen.
Kurze Theorie und betreutes Spiel
Der theoretische Teil ist kurz. Die Farben werden vorgestellt, die Reihenfolge und der Wert der Karten. Was ist Trumpf, was ist ein Stich? Da kommen schon die ersten Fragen. Klar, wer bisher nur Uno, Mau Mau oder Rommé gespielt hat, kennt Stiche und Trümpfe nicht. Und muss auch erst lernen, dass zwar Herz Herz heißt, aber Kreuz Eichel ist, Pik Gras und Karo Schell. Gut, in Unterfranken heißt es „Eichel, Grün, Rot, Schellen“ – manchmal auch „Bumbel“ – , aber das kriege ich hin.
Was ein Rufspiel, was ein Solo? Was spielt man wann? Wie finden sich beim Sauspiel die Partner? Die Farbe packt nur jemand an, der das gerufene Ass, gerne auch „Sau“ genannt, nicht hat. Ui, das hatte ich vergessen. Alles andere sitzt noch. Dann geht es los – mischen, abheben, zwei mal vier Karten im Uhrzeigersinn ausgeben. An etlichen Tischen wird mit offenen Karten gespielt. Zu ungewohnt ist es noch, das Spiel mit Trümpfen um Stiche.
Das Sauspiel auf der Hand
Auch beim Ehepaar Karney, Beni und mir geht es mit offenen Karten los. Bevor alle vier verschreckt „weida“ sagen, funkt der Helfer – ein weiterer Sepp – dazwischen, erklärt Beni, dass er ein Sauspiel in der Hand hat. Fünf anständige Trümpfe, ein Ass mit „Spatz“ (eine 7, 8 oder 9) und einen blanken König. Den will Beni gleich auf den Tisch legen. „Nur a Depp sucht selber“, sagt der Sepp und erklärt, dass der Rufende mit seinem höchsten Trumpf beginnt. Weil er so den Gegnern die Trümpfe zieht und dem ihm noch unbekannten Partner die Möglichkeit zum Schmieren von Herz Ass, 10 oder König gibt.
Nicht nur für Männer
Das Ehepaar Karney, stellt sich heraus, ist tatsächlich auf der Suche nach einer weiteren Beschäftigung, wenn sie beide im Ruhestand sind. Bei einigen anderen ist mindestens ein leidenschaftlicher Schafkopfer in der Familie ausschlaggebend. Johannes Thusbaß hat eine Schafkopfrunde mit seinen Bürgermeisterkollegen Simon Frank aus Aschau und Christoph Schneider aus Neubeuern – inklusive Podcast. Da wundert es nicht, dass Tusbaß‘ Mutter und Frau am Kurs teilnehmen. Andere Frauen wiederum finden, das traditionelle Kartenspiel gehe „ned nur de Manna“ was an. Sie wollen es auch können.
Die einen gehen konzentriert und mit sichtlichem Ehrgeiz an die Sache. An anderen Tischen ist immer wieder Gelächter. So am Tisch von Gabi Ertl. Sie sitzt im Alltag im Vorzimmer des Pruttinger Bürgermeisters und ist Schuld daran, dass ich meine Bekanntschaft mit dem Schafkopf erneuere. Denn der Pfaffinger Sepp Niedermeier hat sich beim Pruttinger Johannes Thusbaß was abgeschaut und fragte nach einer Gegenleistung. Thusbaß wollte schon abwinken, da griff Gabi Ertl ein. Sie wusste von Niedermeiers Schafkopfkursen und schlug einen solchen als „Honorar“ vor. Ehrensache, dass sie dann auch dabei ist. „A Gaudi“ sei‘s, sagt sie lachend.
Beim nächsten Kursabend fasst Niedermeier kurz zusammen, was schon bekannt ist. Dann geht‘s ums „abspotzn“ (eine wertlose Karte wegwerfen), „davolaffa“ (unter dem gerufenen Ass ausspielen, wenn man vier Karten in der Farbe hat), Farbwenze (die Unter und eine selbstgewählte Farbe sind Trumpf) und dann wird gespielt. Nur an einem Tisch nochmal mit offenen Karten. Diesmal sitze ich an einem reinen Frauentisch, alle keine 25 Jahre mehr. Benis Tante ist dabei. Und ich? Ich fange langsam wieder an, mitzuzählen. Was an Trümpfen raus ist, wie viele Punkte in meinen Stichen sind. Das fällt Helfer Sepp auf. Er schaut mich mit hochgezogener Augenbraue an. Mist, aufgeflogen. Aber die nächste Schafkopfrunde, die kann kommen.
Vielleicht wieder in Prutting. Denn da wird beim letzten Kursabend am Mittwoch, 10. April, ab 19 Uhr im Gastaus am Kreisel entschieden, ob und wie es weitergeht.
Schafkopf – jahrhundertealt und typisch bayrisch?
Schafkopf gibt es schon seit der Stammesbildung der Bajuwaren? Nein, falsch. Schafkopf entstand, wie Skat, Anfang des 19. Jahrhunderts. Und es ist noch nicht einmal bayerischen Ursprungs: Spielkartenforscher gehen davon aus, dass es aus dem Erzgebirge oder dem Thüringer Wald stammt. Aus der gleichen Region Deutschlands also, wie das aus Altenburg stammende Skat. Beides Jungspunde im Vergleich zum heute weltweit gespielten Bridge. Dessen Vorläufer Whist ist schon aus dem frühen 16. Jahrhundert überliefert. Allerdings: Das heutige Kontrakt- oder Turnier-Bridge, das alle Vorgängervarianten verdrängte, entstand erst Anfang des 20. Jahrhunderts.
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