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Neue Ausstellung in Sachrang

Fesche Strümpf‘ für stramme Wadln: So bewahrt Ria Hamberger (84) die Kunst des Loiferl-Strickens

Ria Hamberger gehört zu den wenigen Strickerinnen, die die Tradition bewahren und sich aufs Stricken von Loiferln, Wadlstrümpfen und Socken für Trachtler verstehen.
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Ria Hamberger gehört zu den wenigen Strickerinnen, die die Tradition bewahren und sich aufs Stricken von Loiferln, Wadlstrümpfen und Socken für Trachtler verstehen.

Ria Hamberger ist 84 Jahre alt. Trotzdem widmet sie jeden Tag feschen Strümpfen für stramme Trachtlerwadln. Wenn es fuchst, wird es dabei auch mal Mitternacht.

Sachrang – Ab Mittwoch (1. Mai) dreht sich im Müllner-Peter-Museum in Sachrang alles um die Loiferl und Waldstrümpf‘ der bayrischen Mannsbilder – also fesche Beinkleider für stramme Wadln. Um 14 Uhr wird die Sonderausstellung „Strickkunst und Stricken zur Zeit des Müllner Peter bis heute“ eröffnet. Und im Rahmen der Ausstellung gibt es auch ein Strickcafé mit Ria Hamberger.

Nur wenige bewahren die Tradition

Die Strickkünste der 84-Jährigen sind ein Geheimtipp: Sie versteht noch die Kunst, Stutzen, Kniestrümpfe, Fuß- oder Beinteile in den verschiedenen Mustern der Trachtenvereine zu stricken. Und sie weiß auch, wie man sie mitwachsen lässt.

„In der Schule war ich eine Null in Handarbeit“, erzählt sie lachend. Erst als sie mit ihrem Mann ins Hintergschwendt zog, wurde sie kreativ. „Mein Hubert war Trachtler durch und durch“, erinnert sie sich. Als er neue Wadlstrümpfe brauchte, lernte sie das Stricken von der Nachbarin. 60 Jahre später gibt es nichts, was sie noch nicht gestrickt hätte. Für ihre Kinder, Enkel, Urenkel und manchmal auch für einen Trachtler, der aus seinen Loiferln oder den dazugehörigen Socken rausgewachsen ist. Dann trennt sie Wadenteile oder Kappen vorsichtig auf und strickt sie auf die richtige Länge. „Man kann unendlich anstricken“, weiß sie.

Mit Loiferln ist ein Trachtler wirklich schneidig

Mit ihren Loiferln oder Wadlstrümpfen sehen Trachtler wirklich schneidig aus, findet sie und mag es gar nicht, wenn einer „gschlampert“ die Beintracht von den strammen Waden rutschen lässt. Zwar sind unbedeckte Männerbeine heute kein Tabu mehr. Trotzdem will eine Tracht mit Vollendung getragen sein.

„Stricken ist mein Leben“, sagt die 84-Jährige. Die Handarbeit geht ihr leicht von der Hand. Sie hat Glück, dass die Augen noch gut, die Finger beweglich sind und sie auch im hohen Alter nicht von Gliederschmerzen geplagt wird. Sie sitzt mit einem Strick- und einem Notizbuch an ihrem Tisch, um sich aufs Sachranger Strickcafé vorzubereiten. Die wollenen Beinkleider der Hohenaschauer und Sachranger Trachtler haben unterschiedliche Strickmuster. Die einen schräge Zöpfe, die anderen ein spezielles Lochmuster. Da muss auch sie genau aufs Muster schauen.

Loiferl sind nicht gleich Loiferl. Jeder Trachtenverein hat andere Strickmuster für das „Beinkleid“ seiner Mannsbilder – so auch D’Griabinga Hohenaschau (links) und D‘Geiglstoana Sachrang (rechts). Oft unterscheiden sich auch die Farben.

Es gibt kaum noch Strickerinnen, die diese Kunst beherrschen und weitergeben können. Um so wertvoller sind Strickschriften, mit denen die Tradition bewahrt wird. Ria Hamberger studiert die Strickanleitung. Für Laien eine unverständliche Wissenschaft. Für Ria einfach zu lesende Codes: „In dieser Anleitung steht C für rechte, I für linke Maschen, bei Y werden sie verschränkt“, decodiert sie die Zeichen.

„Bei neuen Mustern muss man sich sehr konzentrieren“, erklärt sie. Deshalb notiert sie sich genau, wie viele Maschen sie aufgenommen, ab welcher Reihe sie die Wade eingestrickt oder wieder Maschen abgenommen hat. Am Ende zaubert sie mit 84 Maschen auf vier Nadeln das gewünschte Muster. Mit Kettenstich stickt sie schließlich noch die moosgrünen Verzierungen ein und bemerkt: „Auch dabei muss man zählen, damit es gleichmäßig wird. Da kann man nicht nebenbei ratschen.“

Stricken ist ihr Leben

An jedem Trachtenstück stricke man unglaublich lange, sagt Ria. Die Stunden hat sie noch nie gezählt, denn eigentlich strickt sie immer: „Ein Stündchen am Morgen, kurz nach dem Aufstehen. Und dann am Nachmittag bis in die Nacht, meist bis Elf.“ Nur wenn etwas fertig werden soll oder es „fuchst“, erzählt sie, könne es auch mal länger dauern. Wenn etwas sehr schwierig ist oder es nicht so wird, wie sie es sich vorstellt, beispielsweise das Muster nicht gleichmäßig oder doch mal eine Masche heruntergefallen ist, trennt sie das Strickwerk wieder auf, denn: „Ich bin sehr genau. Es muss alles passen.“

Einladung zu Strickcafé in Sachrang

Ria Hamberger strickt mit feinster Schurwolle. „Damit sieht das Muster am schönsten aus“, so ihre Erfahrung. Ihr Wissen gibt die 84-Jährige gern weiter, um die Tradition der Trachtenstrickerei zu bewahren. Im Rahmen der Sonderausstellung im Müllner-Peter-Museum zeigt sie, wie „einfach der Stricken eigentlich ist, wenn man es kann“. Am 11. Mai, 8. Juni, 14. September und 12. Oktober, lädt der Museumsverein „Müllner Peter von Sachrang“ jeweils von 14 bis 17 Uhr, zum Strickcafé mit Ria Hamberger ein. Wer dabei sein will, kann sich in der Tourist-Info Sachrang unter der 08057/909737 anmelden.

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