„Naherholung für alle statt Profit für wenige!“
„Großes Konfliktpotential“: Deshalb kämpfen Bürger für Badeplatz am Happinger See
Es ist ein viel diskutiertes Thema: die Zukunft des Geländes am Happinger See um das ehemalige Seehotel Hubertus. Aus Sorge vor zu großen Veränderungen an der Liegewiese wurde auch eine Online-Petition gestartet. Die Bürgerinitiative erklärt nun ihre Absichten, und wie es weitergehen soll.
Rosenheim – Vor wenigen Wochen rief die Bürgerinitiative Happinger See eine Petition mit dem Titel „Naherholung für alle statt Profit für wenige!“ ins Leben. Der Pächter und die Stadt Rosenheim reagierten darauf mit Kopfschütteln, durch die Stadt ging einer kleiner Aufschrei. Im Interview mit den OVB-Heimatzeitungen erklärt Markus Tiefenthaler, Sprecher der Bürgerinitiative, wie es zu dieser Aktion kam, und was sie damit erreichen wollen.
Was bedeutet Ihnen persönlich der Happinger See?
Markus Tiefenthaler: Meine Mama hat am Happinger See das Schwimmen gelernt und meine Buben ebenfalls. Uns verbindet also viel mit diesem See. Nachdem die Stadt das Seegrundstück gekauft hatte, sind wir immer gern dort gewesen.
Wer steht eigentlich hinter der Bürgerinitiative Happinger See?
Tiefenthaler: Wir sind rund zehn Rosenheimer, denen der Happinger See sehr am Herzen liegt. Und wir wünschen uns, dass der See für alle in seiner bisherigen Form als naturnahes Naherholungsgebiet erhalten bleibt.
Welche Probleme sieht die Bürgerinitiative dort?
Tiefenthaler: Einerseits nimmt das Interesse am Happinger See gefühlt jedes Jahr zu. Es kommen an schönen Tagen viele Leute aus Rosenheim und der Umgebung, die in Ruhe Zeit am See verbringen wollen. Da wird der Platz auf der Liegefläche manchmal schon knapp.
Diese Entwicklung lässt sich mit einer Petition wohl kaum ändern.
Tiefenthaler: Natürlich nicht. Jeder will halt dort genießen, wo es schön ist. Da kann man nichts dagegen einwenden. Aber damit ist klar, dass die Liegewiese auch in Zukunft mindestens so groß bleiben sollte wie jetzt, und dass man sie als Besucher uneingeschränkt nutzen können muss.
Die Stadtverwaltung hat mehrfach betont, dass sich an der Situation der Liegewiese zukünftig nichts ändern wird. Sie soll auf jeden Fall auch öffentlich zugänglich bleiben.
Tiefenthaler: Letzteres bezweifeln wir nicht. Aber wir sehen ein großes Konfliktpotential, das bei der Umsetzung der jetzigen Planung zwischen einem Besitzer von Kiosk und Gaststätte und den Seebesuchern entstehen kann.
Was befürchtet die Bürgerinitiative genau?
Tiefenthaler: Im Gespräch ist derzeit ein Neubau mit Kiosk, Gaststätte und um die 15 Fremdenzimmer, also wieder eine deutlich stärkere kommerzielle Nutzung – so wie früher im ehemaligen Seehotel Hubertus – und das hat auch damals schon zu Konflikten geführt. Daran kann ich mich noch gut erinnern.
Wie sahen die Konflikte aus?
Tiefenthaler: Die Besitzerin sperrte das Areal zu bestimmten Zeiten zu, und die Öffentlichkeit musste dann draußen bleiben, damit die Hotelgäste ihre Ruhe hatten.
Und Sie befürchten, dass das wieder so kommen könnte?
Tiefenthaler: Das ist nur eine mögliche Folge. Viel entscheidender ist aus unserer Sicht aber, dass eine schleichende Verdrängung der Badegäste durch immer mehr öffentliche Veranstaltungen am Kiosk oder Holzpodeste und Pavillons auf der Liegewiese auftreten kann. Das sieht man ja jetzt schon. Und das würde dann mit dem Erbbaurecht, das derzeit im Gespräch ist, vollends zementiert.
Welches Problem sieht die Bürgerinitiative da?
Tiefenthaler: Ein Erbbaurecht hat eine sehr lange Laufzeit, meist um die 50 bis 99 Jahre. Wer weiß, was dann mit dieser wunderschönen Fläche in zehn bis 50 Jahren bei intensiver Bewirtschaftung durch einen Gastronomen passiert.
Das kann aber doch alles vertraglich genau vom Eigentümer, also der Stadt Rosenheim, festgelegt werden.
Tiefenthaler: Die Stadt nennt als Grund für das Erbbaurecht ja, dass sie kein Geld übrig hat für eine Sanierung. Wenn im Erbbaurechtsvertrag eine sehr umfangreiche Nutzung festgelegt wird, kann die Stadt einen deutlich höheren Erbbauzins verlangen, weil das Grundstück dadurch für einen Investor mehr wert ist. Es bringt einfach mehr Geld ein. Da können dann sogar Sonderrechte im Vertrag stehen, die aktuell geltende Regeln für den See einfach umgehen. Die große Frage ist, ob ein öffentliches, naturnahes Naherholungsgebiet dazu da ist, dass man damit Gewinnmaximierung betreibt, und die Seebesucher das Nachsehen haben. Darum wünschen wir uns mehr Transparenz. Wir finden, die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie die aktuelle Planung ausschaut, und was alles mit so einem Vertrag festgelegt wird. Noch besser wäre es, wenn die Öffentlichkeit bei so einer wichtigen Entscheidung auch im Vorfeld schon ein Wörtchen mitreden dürfte.
Was würde sich die Bürgerinitiative als Vertragsklausel wünschen?
Tiefenthaler: Wichtig wäre es aus unserer Sicht, dass auch ohne Erbbaurecht die aktuelle Seesatzung so angepasst wird, dass es für Kiosk und Gaststätte klare Regeln gibt, was in einem naturnahen Naherholungsgebiet erlaubt ist und was nicht. Das kann sonst völlig ausufern, was Veranstaltungen, Lärm und die Nutzung der Liegewiese durch den Kioskbesitzer angeht. Sollte wirklich ein Erbbaurecht zustande kommen, muss es auf Kiosk, kleine Gaststätte und öffentliche sanitäre Anlagen beschränkt sein und darf sich nur auf die bisherige Grundfläche für Gebäude und Terrasse beziehen und nicht auf das gesamte Areal. Für die Liegewiese sollte unbedingt im Sinne eines Naherholungsgebietes die Stadt Rosenheim weiter zuständig bleiben.
Was ist Ihnen noch wichtig?
Tiefenthaler: Man sollte ernsthaft darüber nachdenken, ob es die Fremdenzimmer direkt im Naherholungsgebiet wirklich braucht, was auch eine ganzjährige Nutzung und zusätzlichen Verkehr nach sich ziehen würde. Wir verstehen natürlich, dass das aus rein wirtschaftlicher Sicht sinnvoll sein kann. Aber vielleicht ergibt sich auch in diesem Punkt noch eine bessere Alternative. Gaststätten und Kioske an anderen Seen lassen sich doch schließlich auch rentabel betreiben.
Hatten Sie schon Kontakt mit der Stadt wegen der Petition?
Tiefenthaler: Am 15. Mai gab es einen ausführlichen Termin mit Oberbürgermeister Andreas März und Herrn Hoch vom Dezernat III, um persönlich mit der Stadt ins Gespräch zu kommen.
Was kam bei dem Gespräch heraus?
Tiefenthaler: Wir haben als Bürgerinitiative Fragen zum laufenden Verfahren gestellt und unsere Bedenken geäußert. Vor allem wegen der geplanten intensiven wirtschaftlichen Nutzung des Naherholungsgebiets am See. Der Interessenskonflikt, der daraus entstehen kann, darf aus unserer Sicht auf keinen Fall für 50 bis 90 Jahre im Erbbaurecht festgeschrieben werden. Andreas März konnte unsere Bedenken hier leider nicht nachvollziehen und hat sie ins Reich der Spekulation verwiesen. Er hat auch mehrfach betont, dass er persönlich die Vergabe des Seegrundstücks im Erbbaurecht für eine Nutzung des Geländes mit Kiosk, Gaststätte und Fremdenzimmern befürwortet.
Wie geht es jetzt für die Bürgerinitiative weiter?
Tiefenthaler: Die Bürgerinitiative wird weiterhin für die Forderungen der Petition und für mehr öffentliche Beteiligung im Planungs- und Entscheidungsprozess eintreten. Unser nächstes Ziel ist es, möglichst viele Unterschriften in Rosenheim für die Petition zu sammeln, um das öffentliche Interesse zu unterstreichen. Es dreht sich hier ja nicht um irgendein Industriegebiet, das von der Stadt und Investoren entwickelt werden soll, sondern um ein einzigartiges, naturnahes Naherholungsgebiet mit unersetzbarem Nutzen für die Öffentlichkeit. Daher bestehen wir als betroffene Bürger darauf, dass die weitere Planung und eine mögliche Vergabe öffentlich gemacht werden und die Interessen der vielen Seebesucher von den gewählten Vertretern der Stadt ernsthaft berücksichtigt werden.