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Bangen um U-Boot-Besatzung im Nordatlantik

Verschollen in 3800 Meter Tiefe, im Nichts: Titanic-Touristin Brigitte Saar (49) fühlt mit

Die Münchnerin Brigitte Saar (49) hat selbst bereits einen U-Boot-Tauchgang zur Titanic unternommen. Und sie fühlt mit, was die fünf Verschollenen in 3800 Meter Tiefe durchmachen.
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Die Münchnerin Brigitte Saar (49) hat selbst bereits einen U-Boot-Tauchgang zur Titanic unternommen. Und sie fühlt mit, was die fünf Verschollenen in 3800 Meter Tiefe durchmachen.

Wettlauf mit der Zeit: Kann das verschollene Titanic-U-Boot noch gefunden werden? Eine Frau bangt besonders mit: Brigitte Saar (49). Die Münchnerin hat selbst bereits einen U-Boot-Tauchgang zur Titanic unternommen. Und sie fühlt mit, was die fünf Verschollenen in 3800 Meter Tiefe durchmachen.

Rosenheim - Die wichtigste Reise im Leben von Brigitte Saar (49) war hin und zurück nicht länger als 7,6 Kilometer. 1998 tauchte sie als Passagier in einem Mini-U-Boot zur Titanic, 3800 Meter tief, in die lichtlosen Abgründe des Nordatlantik. Sie hatte den Trip in einem Preisausschreiben gewonnen. „Es war eine Flut von Sinneseindrücken. So stark, dass ich danach richtiggehend in ein Loch fiel.“ So erzählt die Journalistin aus München dem OVB. „Ich war 24, hatte aber das Gefühl, den Höhepunkt schon hinter mir zu haben.“

„Man mag sich nicht vorstellen, wie das ist“

Sie kann lebhaft nachfühlen, wie es den fünf Menschen an Bord des verschollenen U-Boots geht, darunter Ehemann und Sohn einer Frau aus Rosenheim: Christine Dawood, sie bangt um Ehemann Shahzada (48) und Sohn Suleman (19). Seit Sonntagmorgen sind die Fünf in die Carbon-Titan-Hülle eingeschlossen. „Man mag sich nicht vorstellen, wie das ist“, sagt Saar. Tief unten, so nah und doch so weit weg, als wäre man auf dem Mond. „Eine eigene Welt“ sagt Saar. 3800 Meter Wasser über dem U-Boot, „das macht einen Druck von fast 400 Tonnen auf den Quadratmeter“. Jedes normale U-Boot wäre da längst zerdrückt worden wie eine Cola-Dose.

Der Kapitän: Mutig, aber nicht verrückt

Zwei Menschen an Bord des verschollenen U-Boots, das mit fünf Insassen besetzt ist, kennt sie persönlich: Stockton Rush (61) und Paul-Henri-Nargeolet (77). Beides mutige, aber nicht übermütige Männer, sagt sie. Stockton Rush ist Entwickler der Titan, Kapitän des Mini-U-Boots und CEO des Reiseanbieters Oceangate Experience. „Nicht grad der Typ Briefmarkensammler“, sagt Saar, „aber auch kein verrückter Luftikus.“

„Die Reise meines Lebens“: Brigitte Saar vor dem Forschungsschiff Akademik, das ein U-Boot zur Titanic entsandte.

Wichtiger Titanic-Experte verschollen

Und Nargeolet? Franzose, Ex-Marinetaucher, U-Boot-Kommandeur, Titanic-Experte, gelassen. „Monsieur Titanic“, so nennen sie ihn in Frankreich. Der heute 77-Jährige war schon 1987 beim ersten Titanic-Tauchgang dabei. Niemand war so oft da unten wie er. „Noch expertiger als Nargeolet geht nicht“, sagt Saar.

Titan: Neuentwicklung für Ausflüge

Sieben Meter ist das U-Boot lang, eine Neuentwicklung aus Carbon in der Mitte und einer Bug-Halbkugel aus Titan. Rund 250.000 Dollar muss berappen, wer mitfahren will. Die Orientierung in der Tiefsee ist schwierig. Das GPS funktioniert nicht mehr. Man behilft sich daher mit einem Akustiksystem namens Ultra-Short-Baseline.

So bleibt die Titan mit dem Mutterschiff Polar Prince in Kontakt. Dieser Kontakt riss am Sonntagmorgen (18. Juni) ab, eine Stunde und 45 Minuten nach Start der Tauchfahrt. „Da könnten sie schon über 3000 Meter gelangt sein, vielleicht sogar schon ganz in der Nähe der Titanic sein“, schätzt Saar. Und macht sich Gedanken über die Bergung. Schwierig, sehr schwierig: „Es gibt weltweit nicht so viele Systeme, die in diese Tiefe gelangen können.“

Nur bis Donnerstag reicht die Luft

Erstmal orten, sagte am Dienstag, 20. Juni, Kapitän Jamie Frederick von der US-Küstenwache, dann könne man sich überlegen, wie man die fünf Menschen rette. Am Mittwochmorgen, 21. Juni, ein erster Hoffnungsschimmer: Ein kanadisches Flugzeug registrierte Geräusche. Kamen sie von der Titan? Ist sie noch in der Reichweite von Rettungskräften? Im Wettlauf mit der Zeit geraten die Retter unter gewaltigen Druck: Im Laufe des Donnerstags (22. Juni) geht nach Berechnungen von Experten den Verschollenen die Atemluft aus.

Als die Titanic den Eisberg rammte

Die Titanic war 1912 gesunken, nachdem sie einen Eisberg gerammt hatte, gut 800 Seemeilen vor Cape Cod (USA). Es galt als nach menschlichem Ermessen unsinkbar. Doch der Riss nach dem Aufprall war zu gewaltig. Zwei Stunden und 40 Minuten nach der Kollision sank der Luxus-Liner der White-Star-Line und riss 1500 Menschen in den Tod. Das Wrack liegt in 3800 Meter Tiefe. Seit der ersten Tauchfahrt haben gut 200 Menschen das Wrack im U-Boot besucht. Es sei unwirklich dort unten, sagt Brigitte Saar. „Erstmal sieht man nur Sand, einfach gewellten Sand.“

Dieses undatierte von OceanGate Expeditions zur Verfügung gestellte Foto zeigt den Bug der «Titanic». Im Nordatlantik suchen Rettungskräfte fieberhaft nach dem Tauchboot «Titan», das mit fünf Insassen auf dem Weg zum Wrack der «Titanic» war. Einsatzkräfte haben am Dienstag, 20.06.2023, möglicherweise ein Lebenszeichen der Insassen gehört. Suchteams hätten alle 30 Minuten eine Art von Klopfgeräuschen in der Region registriert, in dem das Tauchboot vermutet werde, hieß es in einem internen Memo der US-Regierung, aus dem Medien zitierten.

Töpfe, Teller, Kohlebrocken auf dem Grund

Nur auf dem Radar-Monitor sei zu sehen, dass da voraus „ein großer Brocken liegt“. Dann, auf einmal schälen sich die Umrisse des Wracks aus dem Dunkel. Die Scheinwerfer erfassen, was von dem aufrecht stehenden Wrack noch übrig ist: Anker, Deck, die Schrauben, die Brücke. „Man sieht sogar noch, wo sich das Steuerruder befand“, sagt Saar. Besonders ergreifend für sie: Alltagsgegenstände, die in weitem Umkreis um das Wrack im Sand ruhen: Töpfe etwa, Kohlenbrocken, Teller. „Dann stellt man sich vor, dass die jemand auf der Titanic in der Hand gehalten hatte – das berührt einen unglaublich.“

Brigitte Saar hatte sich schon als Kind für die Titanic interessiert und an der Uni mit einer Master-Arbeit über das Schiff abgeschlossen. Sie arbeitet als Journalisten beim ZDF.

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