Ablöse für Parkplätze vor dem Aus?
Streit um Stellplatz-Frage in Rosenheim: Warum die Politiker sogar eine Klage riskieren
Wer in der Innenstadt baut, muss auch Stellplätze für Autos nachweisen – oder kann sich gegen die Bezahlung einer Ablösesumme von dieser Pflicht freikaufen. Mit Letzterem soll jetzt Schluss sein. Jedenfalls wenn es nach den Mitgliedern des Bauausschusses geht. Doch diese Entscheidung könnte juristische Folgen haben.
Rosenheim – Ein freier Parkplatz im Färberviertel ist fast wie ein Sechser im Lotto. Oft muss man endlos um den Block fahren, nur um am Ende doch keinen freien Platz zu finden. Aus diesem Grund schreibt die Stellplatzsatzung der Stadt vor, dass diejenigen, die in der Innenstadt neu bauen wollen, für jede Wohnung eine bestimmte Anzahl von Parkplätzen nachweisen müssen.
Für Wohnungen mit einer Fläche bis 100 Quadratmeter braucht es im Moment anderthalb Stellplätze. Wer eine Wohnung hat, die größer als 100 Quadratmeter ist, muss zwei Stellplätze vorweisen. Zusätzlich werden Besucherstellplätze benötigt.
Kritik von SPD und „Die Partei“
Bereits in der Vergangenheit hatte es aus den Reihen der SPD und von Stadträtin Ricarda Krüger (Die Partei) Kritik an diesen Vorgaben gegeben. Doch ein entsprechender Antrag zur Änderung der Stellplatzsatzung auf einen Parkplatz pro Wohneinheit fand in der März-Sitzung des Bauausschusses keine Mehrheit.
Mehrfamilienhaus mit 12 Wohneinheiten
Jetzt hat das Thema erneut an Brisanz gewonnen. Der Grund: In der Färberstraße 31 soll auf einer Fläche von rund 200 Quadratmetern ein Mehrfamilienhaus mit zwölf Wohneinheiten errichtet werden. Mit Blick auf die aktuelle Stellplatzsatzung würde das bedeuten, dass der Bauherr 19 Parkplätze schaffen müsste.
„Davon kann ein Stellplatz auf dem Baugrundstück nachgewiesen werden“, teilt die Verwaltung mit. Die übrigen 18 müssten abgelöst werden. Das Geld – 12 500 Euro pro Stellplatz – muss die Stadt unter anderem in den Ausbau von Radverkehrsanlagen und des ÖPNV investieren.
Färberstraße schon jetzt zugeparkt
Doch genau das scheint eine Mehrheit der Rosenheimer Stadträte jetzt eben nicht mehr zu wollen. „Damit muss Schluss sein“, sagte Herbert Borrmann, Fraktionsvorsitzender der CSU, während der jüngsten Sitzung des Bauausschusses. Es braucht in seinen Augen eine Überarbeitung des Themas. Die Färberstraße sei schon jetzt zugeparkt. Diese Situation würde sich mit dem Neubau und den fehlenden Stellplätzen nur noch verstärken. „Wir wollen, dass die Stellplätze woanders nachgewiesen werden“, forderte er deshalb. Er riet dazu, sich zu überlegen, wo in der Stadt es öffentliche Parkplätze gebe. Sollte sich herausstellen, dass diese nicht ausreichen würden, müsste beispielsweise über die Aufstockung eines Parkhauses nachgedacht werden.
Stellplätze im Parkhaus erwerben?
Es ist ein Vorschlag, mit dem sich auch Abuzar Erdogan, Fraktionsvorsitzender der SPD, anfreunden könnte. Auch wenn er anmerkte, dass es diese Diskussion gar nicht erst geben würde, wenn das Gremium damals für seinen Antrag gestimmt hätte.
Zwar sind 19 Stellplätze für zwölf Wohneinheiten seiner Meinung nach zu viel, aber auch er würde es falsch finden, „alle Parkplätze bis auf einen abzulösen“. Er schlug deshalb vor, darüber nachzudenken, eine Ablöse von Stellplätzen nicht mehr zu akzeptieren und den Bauwerbern stattdessen die Möglichkeit zu geben, Stellplätze im Parkhaus zu erwerben. „Wir haben nicht unendlich Platz und brauchen Alternativen. Das ist ein berechtigtes Modell, und wir können ein Zeichen setzen“, sagte er.
Keine Parkplätze für Öffentlichkeit mehr
„Wenn wir das machen, gehen die Parkplätze für die Öffentlichkeit verloren“, widersprach Oberbürgermeister Andreas März (CSU). Zudem erinnerte er an die Tatsache, dass für den westlichen Teil des Grundstücks in der Färberstraße bereits eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienhauses erteilt wurde – ohne große Diskussion.
Grüne fordern andere Denkweise
„Wir müssen uns an die aktuelle Stellplatzsatzung halten“, sagte auch Stadtrat Franz Lukas (Grüne).
Er riet davon ab, das Vorhaben abzulehnen. Stattdessen sei er davon überzeugt, dass in Wohnungen, für die es keine Stellplätze gibt, eben auch nur Menschen ziehen, die keine Autos haben. „Wir müssen zu einem anderen Denken kommen“, unterstrich seine Fraktionskollegin Judith Kley-Stephan diese Aussage.
Klage gegen Ablehnungsbescheid
Die Argumente der Grünen konnten CSU, SPD und die Freien Wähler/UP nicht umstimmen. Mit 8:3 sprachen sich die Stadträte mehrheitlich gegen die Ablöse von 18 Stellplätzen und damit gegen das Bauvorhaben an der Färberstraße 31 aus. Der Bauwerber hat jetzt die Möglichkeit, Klage gegen den Ablehnungsbescheid einzureichen.