Banger Blick auf Zahlen
Spitzt sich die Corona-Lage zu? So ist die Situation in Rosenheim – und auf der Intensivstation
Volle Intensivstationen, Ausfälle im Personal und strikte Besucherregeln: Die Corona-Pandemie hat die Kliniken in der Region vor vier Jahren an ihre Grenzen gebracht. Jetzt steigen die Zahlen erneut an. Über die Situation am Romed-Klinikum in Rosenheim – und wie Experten die Lage einschätzen.
Rosenheim – Vier Jahre, nachdem alles angefangen hat, hat die Corona-Pandemie – zumindest zum Teil – ihren Schrecken verloren. Und doch ist das Virus noch da. Im Abwasser werden immer wieder Corona-Spuren gefunden, und auch in den Krankenhäusern ist das Virus nach wie vor nicht von der Bildfläche verschwunden. Das bestätigt Elisabeth Siebeneicher, Pressesprecherin des Romed-Klinikums.
Keine Nachweise von Influenza und RSV
So werden im Romed-Klinikverbund – mit den Standorten in Bad Aibling, Prien, Rosenheim und Wasserburg – insgesamt 47 Patienten, die mit dem Coronavirus infiziert sind, versorgt (Stand: 1. Oktober). Drei davon befinden sich Siebeneicher zufolge auf der Intensivstation. „Bisher gibt es keinerlei Nachweise von Influenza oder RSV“, fügt die Pressesprecherin hinzu.
Seit Mitte September sei jedoch ein deutlicher Anstieg der Corona-Infektionen zu beobachten. Während sich die Mitarbeiter des Klinikums also mittlerweile um 47 Patienten kümmern müssen, die an Corona erkrankt sind, waren am 11. September gerade einmal acht infizierte Patienten in stationärer Behandlung.
Durchschnittliche Ausfallquote beim Personal
Ein Lichtblick: Zumindest das Personal hält sich wacker. So lag die Ausfallquote im Klinikverbund im September bei 6,3 Prozent. Im Vorjahr waren es 6,5 Prozent. „Das entspricht dem jahreszeitlichen Branchendurchschnitt“, sagt Elisabeth Siebeneicher. Inwiefern Mitarbeiter aufgrund einer Corona-Infektion ausfallen, lasse sich nicht sagen. „Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den Arbeitgeber enthalten keine Diagnosen“, erklärt die Pressesprecherin.
Eine etwas detaillierende Auskunft kann, aufgrund der bestehenden Meldepflicht, das Rosenheimer Gesundheitsamt liefern. So wurden der Behörde in diesem Jahr 757 Fälle gemeldet, 140 davon in der Stadt Rosenheim, 617 im Landkreis. Einen deutlichen Anstieg gab es vor allem in der vergangenen Woche: 115 Menschen infizierten sich mit dem Corona-Virus und meldeten es dem Gesundheitsamt. Zum Vergleich: In der Woche davor waren es gerade einmal 50. Die Dunkelziffer dürfte jedoch weitaus höher sein.
Empfehlung Mund-Nase-Schutz zu tragen
Trotz der steigenden Zahlen wird in den Romed-Kliniken bisher nicht darüber nachgedacht, die Hygienevorschriften zu verschärfen. „Die etablierten Hygieneregeln des Klinikverbunds werden laufend evaluiert. In Bezug auf das Coronavirus gibt es keine neuen Anpassungen“, sagt die Pressesprecherin. Bisher wird Mitarbeitern in den Monaten, in denen ein vermehrtes Auftreten von respiratorischen Erkrankungen zu erwarten ist, empfohlen, bei direktem Patientenkontakt einen Mund-Nase-Schutz zu tragen. Ebenso werden unter anderem bei der Aufnahme von Patienten routinemäßig Symptome abgefragt und bei Bedarf getestet.
Weiterhin gilt eine FFP-Maskenpflicht für Menschen, welche Angehörige oder Freunde besuchen, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben. „Erweitert wurde diese Vorgabe Anfang August auch auf Besucher von Influenza- und RSV-infizierten Patienten“, fügt Elisabeth Siebeneicher hinzu.
Nachfrage nach Tests deutlich gestiegen
Während die Nachfrage nach FFP-Masken in den Apotheken in der Region eher überschaubar ist, sind immer mehr Bürger auf der Suche nach Corona-Tests. Das bestätigt Florian Nagele, Pressesprecher vom Bayerischen Apothekerverband für Rosenheim und selbst Inhaber einer Apotheke. „Seit drei Wochen ist die Nachfrage nach Tests deutlich gestiegen und hat sich vermutlich verfünffacht“, sagt er.
Es ist eine Entwicklung, die den Apotheker nicht weiter verwundert. „Jedes Jahr zu Herbstbeginn und auch zur Hochsaison von Festen steigt die Anzahl von Erkrankungen rapide an“, sagt Nagele. Vor der Pandemie habe es sich hier meist um eine normale „Wiesn-Grippe“ gehandelt, mittlerweile sei man es gewöhnt, bei Symptomen auch einen Coronatest zu machen. Dadurch würde nicht nur die Nachfrage steigen, sondern auch die Zahl der Erkrankungen.
Das weiß auch der Rosenheimer Hausarzt Dr. Nikolaus Klecker. „Die Zahlen steigen, das liegt sicherlich jahreszeitlich bedingt an Nässe und Kälte. Aber eben auch an Großveranstaltungen wie dem Herbstfest und der Münchner Wiesn.“ Seine Aussagen unterstreicht ein Blick auf das Abwassermonitoring in Bayern. So deuten Messungen im Münchner Abwasser – aber auch in Nachbargemeinden wie Ebersberg, Glonn und Grafing – auf einen deutlichen Anstieg der Corona-Infektionen hin.
Vorerst keine Corona-Stationen
Das merkt auch Nikolaus Klecker. „Sieben oder acht Fälle hatten wir vergangene Woche, diese Woche dürften es schon gut zehn sein, Tendenz steigend.“ Überlegungen, wieder Corona-Stationen einzurichten, gibt es laut der Romed-Pressesprecherin aber nicht. „Dazu besteht aus Sicht des Romed-Klinikverbunds keine Notwendigkeit“, sagt sie auf OVB-Anfrage. Patienten, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, werden isoliert. Auch auf der Intensivstation gibt es wenig Veränderungen, was die Bettenanzahl angeht. „Die Planbetten der Intensivstationen sind unverändert, allerdings variiert die Anzahl der belegbaren Betten in Abhängigkeit von vorgegebenem Pflegepersonalschlüssel und zur Verfügung stehendem Fachpflegepersonal“, sagt Siebeneicher.
Zum Thema Impfen:
„Die Nachfrage nach Impfungen ist noch überschaubar“, sagt Michael Iberer, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands und weiter: „Wir haben aber auch erst vor einigen Wochen Impfstoff bekommen.“ Er empfiehlt allen über 60-Jährigen eine Impfung gegen Grippe und Corona in Kombination. „Dies wird auch dann häufig angenommen“, sagt er. Das Patienten von sich aus nachfragen, ist ihm zufolge noch eher die Ausnahme. „Generell halten wir uns an die STIKO Empfehlung und setzen diese auch konsequent um. Dazu empfehlen wir auch den Impfschutz gegen RSV und Pertussis zu kontrollieren“, sagt Iberer.
