Diskussion im Haupt- und Finanzausschuss
Hohe Kosten für schlechten Komfort? So teuer sind die Obdachlosen-Unterkünfte in Rosenheim
Schicksalsschläge, Krankheiten oder der Verlust des Arbeitsplatzes: Die Ursachen von Obdachlosigkeit sind vielfältig. In der Stadt Rosenheim gibt es für Menschen in solchen existenziellen Notlagen vier Unterkünfte - von denen einige in einem schlechten Zustand sind. Trotz der hohen Mietpreise.
Rosenheim - Immer mehr Menschen sind von Wohnungslosigkeit bedroht. So viele, dass die Stadt aktuell auf der Suche nach zusätzlichen Unterbringungsmöglichkeiten ist. „Der Bedarf ist gestiegen, die Unterkünfte fast durchgehend belegt“, sagt der städtische Pressesprecher Christian Schwalm. Derzeit sind in den vier Gemeinschaftsunterkünften in der Stadt Rosenheim pro Einrichtung im Jahr 80 Menschen untergebracht.
Diskussion über Gebührenkalkulation
Neben dem Gebäude an der Brunnholzstraße 57 betreibt die Stadt - gemeinsam mit der Diakonie - weitere Unterkünfte an der Austraße und der Gießenbachstraße. In der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses wurden jetzt über die jeweiligen Gebühren diskutiert, die Pressesprecher Schwalm zufolge zuletzt im Jahr 2018 erhöht wurden.
Kosten in Höhe von 122.821,35 Euro
„Zur Berechnung der Benutzungsgebühren wurden die Mietzahlungen an die GRWS, der Erbpachtzins, die Nebenkosten, der Bauunterhalt, die gärtnerische Gestaltung, Reinigung sowie Anschaffungen und Inventar herangezogen“, heißt es aus dem Rathaus. Unter Berücksichtigung aller Kosten errechnet sich für das Gebäude an der Brunnholzstraße 57 somit eine Summe in Höhe von 122.821,35 Euro im Jahr.
Um die Ausgaben für die Unterkünfte vollständig zu decken, müsste für die Bewohner eigentlich eine monatliche Miete in Höhe von 637,93 Euro anfallen. Stattdessen bezahlen sie - beziehungsweise das Jobcenter - 400 Euro im Monat. „Es ist nicht gerechtfertigt, von den Bewohnern der Gemeinschaftsunterkunft in der Brunnholzstraße Nutzungsgebühren in Höhe von 637,93 Euro zu fordern“, teilt die Verwaltung mit. Denn bei einer durchschnittlichen Wohnfläche von 23,75 Quadratmetern würde sich so ein Quadratmeterpreis in Höhe von 26,86 Euro ergeben. So sind es knapp 17 Euro pro Quadratmeter.
Deckungsgrad von 46,91 Prozent
Ein ähnliches Bild zeigt sich in dem Gebäude an der Austraße 34. Die neun Zimmer werden individuell nach Personenzahl zusammengestellt und haben eine Wohnfläche zwischen 14 und 22 Quadratmetern. Ein Bewohner zahlt hier im Monat 380 Euro, jede weitere Person um die 115 Euro. „Die Gesamteinnahmen betrugen im Jahr 2022 37.999,14 Euro. Das entspricht einem Deckungsgrad von 46,91 Prozent“, heißt es aus dem Rathaus. Auch wenn die Stadt auf einem Großteil der Kosten sitzen bleibt, sei eine Erhöhung der Gebühren nicht vorgesehen.
Gleiches gilt für die Gießenbachstraße 18. In dem Gebäude, das sich in der Nähe der Berufsfachschule für Krankenpflege befindet, gibt es elf Zimmer mit einer Wohnfläche zwischen zehn und 25 Quadratmetern. Zudem gibt es Gemeinschaftsküchen sowie gemeinschaftliche sanitäre Einrichtungen. „Diese sind je nach Unterkunft sowie nach Anzahl und Ausstattung unterschiedlich“, sagt Schwalm. 2022 betrugen die Gesamteinnahmen für die Gießenbachstraße der Verwaltung zufolge 43.829,24 Euro. Das entspreche einem Deckungsgrad von 29,84 Prozent. Für die Bewohner fallen die gleichen Kosten wie in der Austraße 34 an.
Unterstützung von Jobcenter und Sozialamt
„Es ist zu bedenken, dass die Gemeinschaftsunterkünfte von sehr einfacher Struktur sind und die ortsüblichen Mieten für eine angemessene einfache Einpersonenwohnung bei einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis in Höhe von acht bis zehn Euro liegen“, teilt die Verwaltung mit. Zudem sei ein überwiegender Teil der Bewohner auf Leistungen von Jobcenter und Sozialamt angewiesen. Wie viele das sind, kann die Stadt nicht genau beziffern. Denn insbesondere im Bereich der Jobcenter-Leistungen gebe es viele Personen, die neben dem eigenen Einkommen auch Leistungen beziehen. „Zum Beispiel bei Personen, die nur einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen können. Hier stockt das Jobcenter mit Leistungen bis zum notwendigen Bedarf auf“, erklärt der städtische Pressesprecher.
Aufgrund der Kooperation zwischen Stadt und Diakonie Rosenheim ist eine sogenannte Fachstelle zur Verhinderung von Obdachlosigkeit entstanden. „Werden Fälle bekannt, bei denen Obdachlosigkeit droht, wird präventiv Kontakt aufgenommen und Unterstützung angeboten“, heißt es aus dem Rathaus. Auch in den Unterkünften selbst würden den Bewohnern sozialpädagogische Beratungsangebote zur Verfügung stehen. Fachkräfte unterstützen beispielsweise bei der Wohnungssuche, beim Ausfüllen von notwendigen Anträgen oder bei Finanzangelegenheiten.
Unzumutbare Situation?
Dass die Situation in einigen Obdachlosenunterkünften in der Stadt „fast unzumutbar“ ist, daraus machte auch Michael Keneder, Leiter des Dezernats für Schule, Sport, Kultur, Soziales und Jugend, kein Geheimnis. Er sei selbst vor Ort gewesen, sprach während der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses von einer „nicht befriedigenden“ Situation. Im Moment sei man deshalb damit beschäftigt, die Bewohner der Tannenbergstraße in die Oberwöhrstraße umzusiedeln. Die Rosenheimer SPD hatte dazu einen entsprechenden Antrag gestellt. In der Unterkunft an der Tannenbergstraße gibt es keine Duschen, zudem tropft es von der Decke und die Wände schimmeln.