Bürgerbegehren des Seniorenbeirats
Bürgerbegehren gegen Biotonne ist gescheitert – aber die Diskussion in Rosenheim geht weiter
Die geplante Einführung der Biotonne schlägt weiter hohe Wellen. Nachdem sich die Stadträte im Oktober 2022 auf eine Lösung geeinigt hatten, initiierte der Seniorenbeirat ein Bürgerbegehren, um die weiteren Planungen zu stoppen. Warum er damit gescheitert ist – und wie es jetzt weitergeht.
Rosenheim - Ein wenig enttäuscht waren die Mitglieder des Seniorenbeirats dann schon. Still hörten sie den Worten von Oberbürgermeister Andreas März (CSU) zu, der während der Sitzung des Ferienausschuss erklärte, warum das Bürgerbegehren gescheitert ist. „Es ist nicht zulässig“, sagte er. Das habe mehrere Ursachen. So konnten zwar 2.836 gültige Unterschriften gesammelt werden, was grundsätzlich ausreichend wäre, wenn da nicht die Sache mit den Fragebögen wäre. „Es wurden zwei verschiedene Fragebögen verwendet mit unterschiedlichen Fragestellungen“, heißt es vonseiten der Verwaltung.
So lautet die Frage auf der Vorderseite des Bürgerbegehrens: „Sind Sie dafür, die Entscheidung des Rosenheimer Stadtrats zur Einführung einer Biotonne im Holsystem aufzuheben? Stattdessen dezentrale Sammlung von Bioabfällen an Wertstoffinseln oder häuslicher Kompostierung.“ Auf der Rückseite wurde der Zusatz „oder häusliche Kompostierung“ jedoch durchgestrichen.
Fragestellungen dürfen nicht geändert werden
Laut der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist genau das aber eben nicht zulässig. „Die Fragestellung darf - mit Ausnahme von redaktionellen Korrekturen - weder von den vertretungsberechtigten Personen des Bürgerbegehrens noch durch entsprechenden Gemeinde-/oder Stadtratsbeschluss geändert werden“, heißt es aus dem Rathaus. Genau das sei mit der Streichung des Zusatzes „oder häusliche Kompostierung“ jedoch geschehen.
„Insofern ist die Änderung auf den Unterschriftenlisten nicht zulässig“, teilte Oberbürgermeister März mit. Das wiederum bedeutet, dass die 1.349 Unterschriften auf dem Fragebogen 1 nicht zulässig sind. Somit bleiben laut dem Oberbürgermeister nur 1.487 Unterschriften übrig. Die für ein zulässiges Bürgerbegehren notwendige Anzahl von 2.764 gültigen Stimmen ist damit nicht erreicht.
Unmut über Stadtrats-Entscheidung
Einstimmig sprach sich das Gremium während der Sitzung deshalb dafür aus, das Bürgerbegehren nicht zuzulassen. „Die Initiatoren des Bürgerbegehrens sind verständlicherweise nicht glücklich über den Stadtratsbeschluss“, sagt Theo Auer. Er ist Schriftführer des Rosenheimer Seniorenbeirats und hat sich in den vergangenen Monaten intensiv mit der geplanten Einführung der Biotonne beschäftigt. Die Entscheidung des Stadtrats vom Oktober 2022 konnte er von Anfang an nicht nachvollziehen. Damals sprach sich das Gremium mehrheitlich für die Einführung einer Biotonne aus, die wöchentlich geleert werden soll. Die Restmülltonne wird dafür nur noch alle 14 Tage abgeholt.
Schon damals kritisierte der Seniorenbeirat die Entscheidung und sprach sogar von einem „grundsätzlichen Fehler“. Um die Entscheidung doch noch abzuwenden, starteten sie das Bürgerbegehren „Nein zur häuslichen Biotonne in Rosenheim“ und forderten stattdessen, zum bisherigen System der dezentralen Sammlung des Bioabfalls an Wertstoffinseln zurückzukehren.
Gesetzliche Verpflichtung zur Getrenntsammlung von Bioabfällen
„Die derzeitige an den Wertstoffinseln stattfindende Sammlung von Grüngut stellt kein Sammlung von Bioabfällen im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetztes und somit der gesetzlichen Verpflichtung der Getrenntsammlung von Bioabfällen dar“, heißt es dazu aus dem Rathaus. In den derzeitigen Grüngutcontainern werden der Verwaltung zufolge ausschließlich Garten- und Parkabfälle gesammelt. Zusätzlich dazu braucht es aufgrund der gesetzlichen Vorgaben aber auch eine Sammelstelle für Bioabfälle.
„Eine Bioabfall-Sammlung an Wertstoffinseln wäre grundsätzlich möglich“, hieß es während der Sitzung. Allerdings sollte statt auf Presscontainer - die probeweise an verschiedenen Stellen getestet worden sind - auf einfache, flüssigkeitsdichte Sammelcontainer gesetzt werden. „Diese würden im Grunde den derzeit an den Wertstoffinseln eingesetzten Containern gleichen“, teilt die Verwaltung mit. Für die Leerung bräuchte es ein zusätzliches Leerungsfahrzeug mit entsprechendem Personal.
OB März schlägt Ratsbegehren vor
Es ist eine Variante, die den Mitgliedern des Seniorenbeirats deutlich besser zu gefallen scheint. „Knapp 3000 Bürger haben sich mit ihrer Unterschrift gegen den Beschluss vom Oktober 2022 des Stadtrats gewendet. Das können die Stadträte nicht einfach ignorieren“, erinnerte Theo Auer. Dieser Auffassung ist auch Oberbürgermeister Andreas März. Aus diesem Grund will der dem Stadtrat im September den Vorschlag unterbreiten, ein Ratsbegehren auf den Weg zu bringen, um den Bürgern die Entscheidung zu überlassen. „Es kann nicht sein, dass wir aus rein formellen Gründen den Willen der Bürger ignorieren“, sagte März.
Zumal ein Großteil der Stadträte mit dem getroffenen Kompromiss ohnehin nicht glücklich zu sein scheint. Das machten sowohl SPD-Fraktionsvorsitzender Abuzar Erdogan als auch CSU-Stadtrat Dr. Wolfgang Bergmüller deutlich. „Ich finde es gut, dass sich die Bürger einbringen“, sagte Bergmüller. Ähnlich äußerte sich Abuzar Erdogan und ermutigte die anwesenden Senioren außerdem dazu, einen zweiten Anlauf für das Bürgerbegehren zu wagen. Einen Vorschlag, den auch Stadtrat Markus Dick (Freie Wähler/UP), begrüßte. Sonja Gintenreiter, Fraktionsvorsitzende der Grünen, erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass sie eine Infokampagne rund um die Biotonne begrüßen würde.
Mögliche Entscheidung Ende September
Wie es jetzt weitergeht, soll sich aller Voraussicht nach Ende September entscheiden. Sollte es - wie von Oberbürgermeister März vorgeschlagen - zu einem Ratsbegehren kommen, wird anschließend ein Termin festgelegt, an dem die Rosenheimer in ein Wahllokal gehen können, um über die Zukunft der Biotonne in Rosenheim zu entscheiden.