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Amtsgericht Rosenheim

Labyrinth entwirrt: Bande schleust Schwarzarbeiter aus Bangladesch durch Bayern

Vor dem Amtsgericht muss sich ein 39-jähriger Rosenheimer wegen sexueller Übergriffe verantworten.
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Die drei Angeklagten aus Bangladesch müssen sich vor dem Rosenheimer Amtsgericht verantworten.

Mehrere Schleuser haben versucht, Menschen aus Bangladesch über die Grenze nach Deutschland zu bringen. Die Ermittlungsbehörden entdeckten eine Verbindung zwischen diesen Schleusern. Das Labyrinth ihrer Organisation wurde jetzt vor dem Schöffengericht Rosenheim entwirrt.

Kiefersfelden / Passau / Waidhaus – Dieses Verfahren ist einerseits ein Beweis für die Effektivität der Ermittlungsbehörden, andererseits für die Probleme, welche sich der Justiz bei einer Beweiswürdigung ergeben können. Die Schleuserorganisation stellte sich als wahres Labyrinth dar.

Den Ermittlungsbehörden war es gelungen, die Täter aus drei unterschiedlichen Einschleusungen aus dem Jahr 2020 im Laufe der Ermittlungen einander zuzuordnen und die Organisation einer Schleuser-Bande anzuklagen. Deshalb waren die drei Angeklagten im Februar 2022 festgenommen worden.

Eingeschleuste auf der Suche nach Schwarzarbeit

Bei Festnahmen in Kiefersfelden, Passau und Waidhaus waren deren Smartphones eingezogen und kriminaltechnisch ausgelesen worden. Erst damit wurden die Verbindungen und die Zusammenarbeit der drei Angeklagten deutlich. Klar wurde, dass im Wesentlichen Menschen aus Bangladesch ins Land kamen. Jedoch wollten diese keineswegs in Deutschland Asyl beantragen.

Vielmehr war deren einzige Absicht, in einem der europäischen Staaten Schwarzarbeit zu finden. Denn selbst bei hiesigen Hungerlöhnen, wie sie diese Illegalen nur zu erwarten hatten, würden sie ein Vielfaches davon verdienen, was sie in ihrem Heimatland erwirtschaften konnten.

Vorzugsweise wurden sie nach Frankreich durchgeschleust. In einem Video, das die Schleuser auf dem Lkw als „Werbe-Film“ gedreht hatten, waren ausschließlich junge Männer zu sehen, die sich sichtlich darauf freuten, für die zuhause gebliebenen Geld verdienen zu können. Unabhängig davon ist selbstverständlich jegliche Einschleusung, zu welchem Zweck auch immer, eine Straftat.

Beweise ausschließlich in Chats zu finden

Weil gegen die drei Angeklagten, ein 54-jähriger und zwei 44-jährige Bangladeschi, keine Flucht- oder Verdunkelungsgefahr nachzuweisen war und alle drei feste Wohnsitze in München oder Köln haben, waren sie nach wenigen Monaten wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Zu den Verhandlungstagen – inzwischen vier an der Zahl – waren sie auch selber ohne Probleme angereist.

Die Grundproblematik war, dass die Beweise fast ausschließlich aus den Chats herrührten, die auf den Handys gefunden worden waren. Diese waren aber fast ausschließlich in Bengalisch oder Farsi. So musste eine Vielzahl von Sprachnachrichten erst von Dolmetschern übersetzt und dann nach strafrelevanten Inhalten durchsucht werden.

Im Ergebnis konnte die erste Anklage vom Rosenheimer Schöffenrichter zwei Mal wegen juristischer Unzulänglichkeiten nicht zugelassen werden. So kam die Sache im dritten Anlauf erneut vor das Schöffengericht Rosenheim unter dem Vorsitz von Richterin Isabella Hubert, die dieses Verfahren nun von ihrem Vorgänger „geerbt“ hatte.

In einem Rechtsgespräch stellte sich schnell heraus, dass die Staatsanwaltschaft schon wegen der vorgeworfenen Gewerbs- und Bandenmäßigkeit eine Bewährungsstrafe für unmöglich hielt, was eine Verständigung verhinderte.

Dolmetscher muss vor Gericht übersetzen

Die Taktik der Verteidigung wurde schnell klar: Sie bezweifelte generell die Richtigkeit der übersetzten Sprachtexte. So wurde Satz für Satz dem anwesenden Dolmetscher vorgespielt, der dann zu bestätigen hatte, ob die Übersetzungen des Dolmetschers bei der Ermittlung korrekt waren. Es wurde deutlich, dass es sich hier um wahrhaft internationale Verknüpfungen handelte.

Der ermittelnde Beamte der Bundespolizei belegte, wie generalstabsmäßig die Organisation der Schleusung abgewickelt wird. Ob die Verteidiger mit vielen Verständnisschwierigkeiten dabei den Zeugen immer wieder bewusst missverstehen wollten, blieb offen.

Die Fachkunde des Dolmetschers wurde deutlich, als er verschiedene Sprecher wiedererkennen und Dialekte benennen konnte. Durch den Ermittler konnten Honorare belegt und dokumentiert werden. Selbst kritische Anmerkungen der Schleuser untereinander konnten festgestellt und begründet werden.

Auf der Route von Armenien über Rumänien, Ungarn und Österreich nach Deutschland wurden nachweislich unterwegs schon Taxis für Deutschland organisiert, um von Passau ins Rheinland und von dort weiter nach Frankreich zu gelangen. In einem Fall fiel der Polizei in Passau ein solches Taxi jedoch bereits am 4. September 2020 auf. Die Passagiere wurden festgenommen.

Das Verfahren wurde unterbrochen und dann am 12. September fortgesetzt. Der Ermittler berichtete weiter, dass die Schleuser in Deutschland nicht bereit waren, einen Teil der Geschleusten vom 4. und 5. September 2020 tagsüber weiterzutransportieren, und diese in einem Maisfeld die Nacht abwarten mussten. Davon gab es sogar ein Video, das bei den Geschleusten aufgefunden und von diesen lachend in die Heimat versandt worden war.

Richterin will Verfahren beenden

Die Verteidigerin Daniela Gabler bestritt nach wie vor, dass diese Texte ihrem Mandanten zuzuordnen seien. Ein Teil der geschleusten Bangladeschi war zwischenzeitig im Rheinland angekommen, wo diese in einen Bus zur Weiterreise gesetzt wurden. Die Tatsache der Ticket-Beschaffung und Abwicklung der Bezahlung geht zweifelsfrei aus den abgehörten Gesprächen hervor. Nach wie vor musste der Dolmetscher diese Sprachnachrichten Satz für Satz übersetzen und die Richtigkeit der vorhandenen Übersetzungen bestätigen.

Der Ermittler beschrieb nun, welche Mühe und welch großer Aufwand vonnöten ist, die Quell-Codes aus den Smartphones zu fixieren, zu entschlüsseln und zu bewerten. Das Verfahren wurde erneut vertagt und am 17. September fortgesetzt.

Dann wurde berichtet, dass die Ermittler aus München ihre Erkenntnisse zur Bundespolizei nach Rosenheim abgegeben hatten, weshalb das gesamte Verfahren hier aufgeschlagen ist. Die Richterin stellte fest, dass die Weiterschleusung in Richtung Frankreich nach Meinung des Gerichtes nicht des großen Nachweises bedarf.

Vielmehr wird die Beteiligung an der Einschleusung – sofern das Gericht zu dieser Auffassung kommt – die wesentliche Straftat sein. Falls das Gericht zu der Erkenntnis käme, dass eine Zusammenarbeit mit den Schleusern nach Deutschland bewiesen sei, ergäbe sich zwangsläufig ein bandenmäßiges Vergehen, das dann entsprechend zu bestrafen sei. Sie drang darauf, dieses Verfahren zu beenden.

Verteidigung beantragt Gutachten

Dem begegneten die Verteidigerin Rechtsanwältin Daniela Gabler mit einem Beweisantrag: Sie beantragte ein phonetisches Sachverständigen-Gutachten der Sprachnachrichten. Selbstverständlich versucht sie nun zu beweisen, dass die Sprachnachrichten nicht ihren Mandanten zuzuordnen seien.

Die spannende Aufgabe der Justiz wird es nun sein, einen phonetischen Sachverständigen zu finden, der dazu in der Lage ist, diese bengalischen Sprachnachrichten den jeweiligen Sprechern zuzuordnen ist. Das Verfahren wurde erneut unterbrochen und muss – wegen der Zeitdauer der Gutachten – nun wieder völlig neu aufgerollt werden. Eine schier unendliche Geschichte.

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