Prozess am Rosenheimer Amtsgericht
Liebe vorgetäuscht: Mann (38) zieht Frauen im Internet über den Tisch – Kuriose Szene um ein Opfer
Teure Liebschaften im Internet: Ein Mann (38) aus Rosenheim gaukelte Frauen übers Internet eine Beziehung vor, um an deren Geld zu kommen. Die „Einnahmen“ verteilte er auf mehrere Konten. Allerdings flog die Betrügerei kurze Zeit später auf. Als im Prozess eine Zeugin aussagte, wurde es kurios.
Rosenheim – Ein 38-jähriger Mann aus Nigeria, der in Rosenheim arbeitet, lernte in einem Asylheim einen seiner Mitbewohner kennen. Dieser machte ihm weiß, wie er bequem zu viel Geld kommt. Dazu müsse er ihm nur seine Kontonummer geben, dann würde das Geld wie von selbst fließen. Die Naivität des 38-Jährigen hörte aber schon nach kurzer Zeit auf. Jetzt wurde der Mann selbst aktiv und fand einen weiteren Nigerianer, der ebenfalls sein Bankkonto zur Verfügung stellte.
Mann (38) zieht Frauen mit „Lovescamming“ Geld aus der Tasche
Über diesen wickelte der 38-Jährige dann die Geldeingänge ab, die in aller Regel aus dem sogenannten „Lovescamming“ stammten. Dabei wird Frauen eine Liebesbeziehung über das Internet vorgegaukelt. Oft geben die Täter vor, dass es sich um Piloten, Ingenieure, Hoteliers oder gar hohe Regierungsbeamte handle. In Wirklichkeit sitzen die „charmanten Text-Partner“ im Ausland und arbeiten mit vorgefertigten Textblöcken, in denen lediglich fiktive Namen und Daten eingesetzt werden.
Diese Masche führte den 38-Jährigen allerdings auf die Anklagebank des Rosenheimer Amtsgerichts. Zunächst gab der Angeklagte vor, er habe nicht genau gewusst, woher die eingehenden Gelder stammen würden. Als jedoch die Sachbearbeiterin von der Kriminalpolizei berichtete, dass sich in den Smartphone-Dateien des Mannes durchaus Hinweise auf ein aktives Mitwirken des Angeklagten bei den Internetbetrügereien gefunden hatten, bat der Verteidiger um eine Pause, damit er sich mit seinem Mandanten beraten könne. Im Anschluss daran erklärte der Verteidiger, dass sich sein Mandant nunmehr in allen vorgeworfenen Anklagepunkten geständig zeige.
Geschädigte Frau erscheint mit Ehemann
Somit konnten nahezu alle Zeugen entlassen werden. Nur ein betroffenes Tatopfer – eine 65-jährige Frau – hatte noch Klärungsbedarf. Sie bestand partout darauf, dass sie einem fiktiven Isländer für einen Tanzkurs 8700 überwiesen habe. Als die Vorsitzende Richterin Isabella Hubert das aber hinterfragte, zumal die Frau bei der Überweisung in der Rubrik Verwendungszweck „Zahnbehandlung“ und „Urlaub“ angegeben hatte, wollte die Zeugin sich mit gewundenen und unglaubwürdigen Erklärungen aus der Affäre ziehen. Verständlich wird das, wenn man weiß, dass sie von ihrem Ehemann begleitet wurde.
In Ihrem Schlussvortrag war die Staatsanwältin durchaus bereit, das umfassende Geständnis des Angeklagten – auch wenn es spät kam – anzuerkennen. Auch, dass er inzwischen in Deutschland durchaus integriert ist. Der Angeklagte hat inzwischen eine Lehre als Bäcker absolviert und arbeitet als solcher. Auch ist er familiär eingebunden, hat mit seiner Lebensgefährtin drei Kinder. Zum Dritten ist dies seine erste Straftat überhaupt. So ließ sie „Gnade vor Recht“ ergehen und beantragte eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren, welche sie unter den gegebenen Umständen zur Bewährung ermöglichen beantragte.
Knapp dem Gefängnis entkommen
Der Verteidiger Julian Henn stimmte der Staatsanwältin in weiten Bereichen zu. Er unterstrich nochmals, welch hohen Wert das Geständnis seines Mandanten habe und befand lediglich, dass die Straftaten seines Mandanten schon geraume Zeit zurücklägen. Er hielt eine Bewährungsstrafe von 20 Monaten für ausreichend.
Das Gericht stimmte im Wesentlichen der Staatsanwältin zu und ließ es bei einer Geldauflage von 3000 Euro für die geschädigte Zeugin bewenden, zumal auch der Wertersatz von insgesamt 75.000 Euro noch auf den Schultern des 38-Jährigen lastet. Auch wenn er nur einen Bruchteil dessen an diesem Vergehen verdient hatte. Dennoch, so die Richterin, sei er gerade noch an einer Vollzugsstrafe vorbeigeschrammt. Das Urteil wurde sofort rechtskräftig.