Auszeichnung mit dem Integrationspreis
„Bewegung im Westen“: Wie ein Rosenheimer Projekt Kinder spielerisch integriert
2021 wurde in Rosenheim das Projekt „Bewegung im Westen“ entwickelt. Das Ziel: Kindern und Jugendlichen spielerisch Werte wie Respekt und Solidarität zu vermitteln. Ein Jahr später wurde das Projekt mit dem Integrationspreis ausgezeichnet. Und auch so mancher Anwohner profitiert von diesem Erfolg.
Rosenheim - Die Idee ist simpel: Ehrenamtliche Trainer und Übungsleiter treiben auf Spiel- und Sportplätzen im Rosenheimer Westen mit Kindern und Jugendlichen Sport. Von Fußball über Kickboxen bis hin zum Fitnesstraining. Und das kostenlos für alle.
Verleihung zum 14. Mal
Und die Idee ist auch erfolgreich: Das Projekt „Bewegung im Westen“ von der Jugendhilfe „Startklar Soziale Arbeit Rosenheim-Ebersberg“ wurde mit dem Integrationspreis vom bayerischen Innenminister Joachim Herrmann ausgezeichnet. Denn es geht dabei nicht um sportliche Erfolge, sondern um das Miteinander und den gegenseitigen Respekt. Und ganz nebenbei profitiert auch die Stadt davon.
„Die Auszeichnung macht mich richtig stolz. Es ist schön, wenn deine Arbeit nach über 40 Jahren im Trainergeschäft gewürdigt wird“, sagt Özgür „Ötzi“ Yildirim, einer der Fußballtrainer des Projekts. Allerdings freue es ihn am meisten, dass er die Auszeichnung an die Kinder und Jugendlichen weitergeben kann. „Ohne die wäre das nicht möglich, da alle immer motiviert mitmachen“, sagt „Ötzi“.
Ein besonderer Moment sei für ihn gewesen, als ihm nach der Verleihung ein 12-jähriges Mädchen, das des Öfteren bei ihm mitspielt, eine Nachricht geschrieben und sich für alles bedankt habe. „Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, betont Yildirim.
Offenes Sportangebot für Kinder
Entwickelt wurde das offene Sport- und Freizeitangebot von Yildirim gemeinsam mit Christian Hlatky, Teamleiter für die Rosenheimer Projekte bei „Startklar“ und dessen Mitarbeiterin Lena Bichlmaier vor rund einem Jahr. Ziel der „Bewegung im Westen“ sei es, dass gerade nach der Coronazeit die Kinder, unter denen viele einen Migrationshintergrund haben, wieder sportlich gefördert werden und dabei Werte wie Respekt, Teamfähigkeit und Solidarität erlernen. Inzwischen trainieren und spielen fast wöchentlich rund 60-70 Kinder auf den Bolzplätzen an der Finsterwalderstraße und in der Endorfer Au, berichtet Yildirim.
„Das Erfolgsgeheimnis ist die Vorbildbildfunktion unserer Trainer, das ist das eigentliche Integrationsprojekt“, sagt Hlatky. Die meisten hätten selbst einen Migrationshintergrund, seien im Rosenheimer Westen aufgrund ihres eigenen Wohnortes dort gut vernetzt und dazu auch in ihren Berufen sehr erfolgreich, so der Sozialarbeiter. „Die Kinder sollen lernen, dass es egal ist, woher man kommt. Wenn man Verantwortung übernimmt und auf ein paar Dinge achtet, ist vieles möglich“, sagt Yildirim.
Das sei auch der Grund, warum „Ötzi“ Yildirim das Projekt am Herzen liegt. Er wolle für die Kinder und Jugendlichen in der Endorfer Au, die es nicht immer leicht hätten, etwas tun. „Die lungern sonst nur rum und machen Blödsinn“, sagt er etwas überspitzt und lacht. „Die brauchen jemanden, der ihnen einen Ball vor die Füße wirft und sagt: Los geht´s!“
Schlechter Zustand der Bolzplätze
Zudem habe ihn der Zustand der Bolzplätze in der Endorfer Au gestört. Teilweise seien die Tornetze zerschnitten oder überall zerbrochene Glasflaschen verstreut gewesen. Das habe nicht zum Sport oder zum Fußballspielen eingeladen, so Yildirim.
Dies hat sich inzwischen verbessert. Die Plätze wurden von Yildirim und seinem Team mit den Kindern wieder hergerichtet und geputzt. „Inzwischen gibt es von dort auch kaum noch gemeldete Ruhestörungen“, berichtet Hlatky. Das sei früher nicht immer so gewesen, da die Sportplätze anderweitig genutzt wurden. Es sei zudem geplant, dass der Platz in der Finsterwalderstraße umzäunt werde und der Platz in der Endorfer Au einen neuen Belag bekomme.
Doch nicht nur die Plätze sind Yildirim zufolge besser geworden, sondern auch die Stimmung im Rosenheimer Westen. „Die Familien der Kinder bekommen langsam das Gefühl, dass sich jemand wirklich um sie kümmert und glauben an sich“, sagt der Fußballtrainer. Teilweise werde er am Wochenende frühmorgens angerufen, wenn es irgendwo Probleme gibt. „Das ist gut. So kann man das gemeinsam lösen und zusammenhalten“, sagt er.
Spaß und Respekt stehen über dem Erfolg
Über allem stehe aber der Spaß am Fußball und den anderen Sportarten. „Auch wenn wir den Kindern gewisse Dinge beibringen, muss man ihnen zugestehen, dass sie immer noch Kinder sind“, sagt „Ötzi“. Trotzdem sei er stolz darauf, dass sich ein paar wenige seiner Schützlinge in anderen Sportvereinen der Stadt angemeldet haben.
Ausruhen wollen sich die Verantwortlichen des Projekts auf dem Gewinn des Integrationspreis, der bereits zum 14. Mal von der Regierung von Oberbayern verliehen wurde, nicht. Das Sportangebot solle um Sportarten, die auch mehr Mädchen ansprechen, wie beispielsweise Volley- oder Federball, erweitert werden, so Hlatky. Zudem sei man in Gesprächen, die geplanten Sportplätze unter der neuen Aicherparkbrücke zu übernehmen.
Özgür Yildirim will sich in Zukunft noch mehr Zeit für die Kinder nehmen, soweit es der Beruf zulässt. Vor allem will er auch in die Schulen der westlichen Stadteile gehen. „Vielleicht können wir so noch mehr Kinder und Jugendliche, die sich bisher noch nicht trauen, motivieren, zu uns zu kommen.“