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Ist gefährliche Körperverletzung im Spiel?

Nach der Hausbesetzung in Rosenheim: Mit diesen Strafen müssen die Aktivisten rechnen

Aktivisten haben am Donnerstag, 13. April, ein Haus an der Münchener Straße in Rosenheim besetzt. Rund 100 Einsatzkräfte waren deshalb im Einsatz.
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Aktivisten haben am Donnerstag, 13. April, ein Haus an der Münchener Straße in Rosenheim besetzt. Rund 100 Einsatzkräfte waren deshalb im Einsatz.

Drei Aktivisten haben am Donnerstag, 13. April, eine leerstehende Immobile an der Münchener Straße in Rosenheim besetzt und „kostenlosen Wohnraum für alle“ gefordert. Nach einem stundenlangen Einsatz konnte das Gebäude geräumt und die Personen festgenommen werden. Wie es jetzt weitergeht.

Rosenheim - Auch einen Tag später ist es das Gesprächsthema in der Stadt: Mitglieder des neu gegründeten Kollektivs „Häuser besetzen“ hatten am Donnerstag, 13. April, das ehemalige Hotel „Goldener Hirsch“ an der Münchener Straße 40 besetzt. „Die Besetzer möchten mit ihrer Aktion für kostenlosen Wohnraum und gegen immer weiter steigende Mieten protestieren“, sagte ein Sprecher des Kollektivs bereits während der Besetzung am Donnerstag.

Mit Bannern und einer Versammlung vor dem Gebäude machten die rund 20 Aktivisten auf ihre Forderungen aufmerksam - darunter kostenloser Wohnraum für alle, eine Vergesellschaftung von Immobilienkonzernen wie Vonovia, eine Studie zum Leerstand in Rosenheim sowie eine Zweckentfremdungssatzung für die Stadt.

Bereitschaftspolizei übernimmt Räumung des Gebäudes

„Speziell geschulte Beamte versuchten zunächst, kommunikativ mit den Hausbesetzern in Kontakt zu treten und diese zum friedlichen Verlassen des Gebäudes zu bewegen“, heißt es in einer Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. Da dies von den Besetzern abgelehnt worden sei, räumten gegen 18 Uhr Einsatzkräfte des Unterstützungskommandos der Bereitschaftspolizei das Gebäude. Die Beamten nahmen drei Personen vorläufig fest, die sich in der leerstehenden Immobilie aufhielten. Zwei Personen waren aneinander gekettet und mussten von der Feuerwehr voneinander gelöst werden. In dem Gebäude waren mehrere Drähte als Stolperfallen gespannt, konnten durch die Einsatzkräfte - laut Polizei - jedoch gefahrlos umgangen werden. Insgesamt waren circa 100 Beamte im Einsatz.

Über dieses Fenster, dessen Scheibe eingeschlagen ist, könnten sich die Aktivisten Zutritt zum Gebäude verschafft haben. 

Verdacht der Sachbeschädigung und schwerer Körperverletzung

„Die Kriminalpolizei ermittelt wegen Hausfriedensbruch, Verdacht der Sachbeschädigung und des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung wegen der Stolperdrähte im Haus“, sagt Stefan Sonntag, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd auf Nachfrage. Er vermutet, dass die Personen über ein Fenster hineingelangten, dessen Scheiben eingeschlagen war. Eine konkrete Aussage gebe es jedoch erst, wenn die Spurensicherung der Kripo abgeschlossen ist. Ein Hausfriedensbruch kann - bei Erwachsenen - mit einer Geldstrafe, allenfalls einer Haftstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden. Da es sich bei den drei Aktivisten jedoch um Heranwachsende gehandelt hat, könnte die Strafe glimpflicher ausfallen. Ob die Aktivisten die Kosten des Polizeieinsatzes tragen müssen, stand am Freitag, 14, April, noch nicht fest.

Bleibt die Frage, wie es für das Kollektiv „Häuser besetzen“ jetzt weitergeht. Bereits während der Besetzung des Hauses an der Münchener Straße gab ein Sprecher bekannt, dass weitere Maßnahmen geplant seien. Auch, um den Forderungen mehr Nachdruck zu verleihen. Zuspruch erhalten die Aktivisten von dem Rosenheimer Bundestagsabgeordneten der Linken, Ates Gürpinar: „Die Besetzung war ein deutliches Zeichen gegen diesen Wahnsinn auf dem Rosenheimer Wohnungsmarkt.“ Schon längst seien Single-Haushalte, Familien und ältere Menschen von den „explodierenden Mieten überfordert“ und könnten sich einen Umzug „schlichtweg nicht leisten“. Das ehemalige Hotel „Goldener Hirsch“ sei seit Jahren ungenutzt und gehöre „zu einem der prominentesten Schandflecke Rosenheims“.

Nach einem stundenlangen Einsatz, räumten Einsatzkräfte des Unterstützungskommandos der Bereitschaftspolizei gegen 18 Uhr das Gebäude.

Leerstandsmanagement und Zweckentfremdungssatzung

Um die Situation in den Griff zu bekommen, befürwortet Gürpinar ähnlich wie die Aktivisten eine Zweckentfremdungssatzung zu beschließen, wie es sie auch in Nürnberg, Erlangen und München gibt. „In Verbindung mit einem Leerstandsmanagement, wie es die Stadt Augsburg nutzt, hätte auch die Stadt Rosenheim die Chance, dem Leerstand den Kampf anzusagen“, ist der Bundestagsabgeordnete überzeugt.

Etwas anders sieht das die Stadt Rosenheim. „Die systematische Erfassung von leerstehenden Wohnimmobilien stößt in der Praxis auf unüberwindbare Schwierigkeiten“, sagt Christian Baab, stellvertretender Pressesprecher der Stadt. In Rosenheim gibt es 20.000 Wohnungen. Schon für die laufenden Erhebungen für den neuen, gesetzlich geforderten Mietpreisspiegel sei es nicht möglich, Daten zu all diesen Wohneinheiten zu erfassen.

Ein Blick in andere Städte

Man behelfe sich deshalb - ähnlich wie das Statistische Bundesamt - mit Stichproben. „Ein wirksames „Wohnungs-Leerstandsmanagement“ müsste vorsehen, in regelmäßigen Abständen Kontrolleure zu jeder Wohnung zu schicken, um die Wohnsituation und die Belegung der Wohnung zu erfassen, was in Anbetracht der Summe an Wohnungen realistisch betrachtet nicht durchführbar ist“, ergänzt der Pressesprecher. Alternativ könnte ihm zufolge ein System eingeführt werden, bei dem Bürger und Eigentümer aktiv Leerstände von Wohnimmobilien melden können, sodass, sofern eine Vermietung für Wohnzwecke möglich ist, die Stadt mit den Eigentümern in Kontakt treten - und wenn gewünscht - beratend zur Seite stehen kann. „Erfahrungswerte aus anderen Städten zeigen aber, dass solche Möglichkeiten kaum genutzt werden“, sagt Baab.

SPD-Antrag vorerst zurückgestellt

Er erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass die Wirtschaftsagentur der Stadt Rosenheim Leerstände gewerblicher Immobilen im Innenstadtbereich in regelmäßigen Abständen erhebt. Ein entsprechender SPD-Antrag zur Einführung einer Zweckentfremdungssatzung sei zudem im Oktober 2022 einstimmig zurückgestellt worden, solange bis ausreichende Informationen aus dem Zensus 2002 vorliegen. „Dieser Zensus soll im November 2023 veröffentlicht werden“, sagt Baab. Bis dahin wird die Hausbesetzung vom Donnerstag, 13. April, sicherlich noch das ein oder andere Mal für Gesprächsstoff sorgen.

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