Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Ausgerechnet bei Hundetrainer-Show in Rosenheim

„Klarer Fall von Diskriminierung“: Blinde Frau und Assistenzhund Mäxchen erleben Drama im KuKo

Eva-Maria Glofke-Schulz mit Mäxchen und Sarah Kamhuber mit Louis.
+
Eva-Maria Glofke-Schulz mit Mäxchen und Sarah Kamhuber mit Louis.

Seit Jahren geht Eva-Maria Glofke-Schulz mit ihrem Assistenzhund Mäxchen ins KuKo. Plötzlich ist das ausgerechnet bei einer Show des Hundetrainers Martin Rütter ein Problem.

Rosenheim - Eigentlich ruft Eva-Maria Glofke-Schulz nicht vorher im Rosenheimer Kultur- und Kongreßzentrum (KuKO) an. Warum auch? Aber am vergangenen Donnerstag tat sie es ausnahmsweise: „Als ich erfuhr, dass es in der ausverkauften Veranstaltung freie Platzwahl gab, hielt ich es für ratsam, um eine Platzreservierung zu bitten“, erklärt sie in einem offenen Brief, der auch an die OVB-Redaktion ging. Ratsam sei die Platzreservierung deshalb, weil Glofke-Schulz von Mäxchen begleitet wird. Mäxchen ist ihr Assistenzhund, denn Glofke-Schulz ist blind. Dass Mäxchen mitkommt sei noch nie ein Problem gewesen, erzählt sie. Auch wenn Hunde im KuKo eigentlich verboten seien, so sind Assistenzhunde immer willkommen. Und Glofke-Schulz ist Stammgast im KuKo.

Viele Auflagen für die zwei Vierbeiner

Doch an diesem Donnerstag ist das alles plötzlich schwierig. Der Veranstalter, so heißt es, will ihr und ihrer Freundin Sarah Kamhuber, die ebenfalls mit Assistenzhund kommt, keinen Einlass gewähren. Sie hätte sich fünf Tage im Voraus anmelden müssen. Dies sei auch auf der Homepage des Veranstalters zu lesen. „Doch“, wirft Glofke-Schulz im Gespräch mit dem OVB ein, „wer schaut schon auf die Homepage des Veranstalters.“ Aber am Ende ruft der Veranstalter an, Eva-Maria Glofke-Schulz und Sarah Kamhuber seien willkommen.

Aber es gebe Auflagen. So sollen sie diverse Unterlagen mitbringen, wie die Haftpflichtpolice für Mäxchen und ein ärztliches Attest. Außerdem dürften sie erst 30 Minuten nach offiziellem Einlass kommen und freie Platzwahl hätten sie auch nicht. Glofke-Schulz ist irritiert, genauso wie die Mitarbeiter im KuKo. Als sie um 19.40 Uhr dann ankommt, steht da gleich ein Empfangskomitee. „Ein Aufmarsch an Security“, schreibt sie und sagt am Telefon: „Die Sicherheit am Flughafen ist ein Dreck dagegen.“ Auch OVB-Reporterin Karin Wunsam, die von der Show berichtete, sprach von auffällig viel Securitypersonal.

Lange, fruchtlose Diskussionen beim Einlass

Glofke-Schulz sollte dann die Haftpflichtpolice für Mäxchen, ihren Schwerbehindertenausweis und ein ärztliches Attest über die Notwendigkeit des Assistenzhundes vorzeigen. Das wollte sie aber nicht. Denn es ginge niemanden etwas an und Mäxchen ist klar als Assistenzhund gekennzeichnet. Nach langen, wenig fruchtbaren Diskussionen, berichtet Glofke-Schulz, seien sie und ihre Begleitung dann unter der Androhung die Polizei zu rufen, reingekommen. Spaß hatten sie keinen mehr, einen guten Platz gab es ohnehin nicht mehr.

Der Veranstalter, Groß-Obermeier Konzerte, wollte sich auf OVB-Anfrage nicht zu den Vorgängen äußern. Geschäftsführer Alfred Obermeier verwies lediglich darauf, dass man bestehende Gesetze einhalten wolle. Konkret §12e des Behindertengleichstellungsgesetz (BGG). Der Paragraph regelt die rechtlichen Rahmenbedingungen, wie eben die analog zum Auto zwingend bestehende Haftpflichtversicherung und dass dieser als Assistenzhund kenntlich sein muss, sowie wer unter welchen Bedingungen einen Assistenzhund bekommt. Und entscheidend: Assistenzhunde dürfen auch dorthin, wo ihre unausgebildeten Artgenossen nicht hinein dürfen - eben zum Beispiel das KuKo. Ob Veranstalter - oder eben derjenige mit Hausrecht - all die Auflagen kontrollieren muss, oder überhaupt darf, steht dort nicht.

Hundeärger beim Hundeflüsterer

Alfred Obermeier verwies des Weiteren auf die gleiche Veranstaltung einen Tag später in Passau. Dort hätten ebenfalls Menschen mit Assistenzhunden teilgenommen und sich an die genannten Auflagen gehalten. Auch verwies er noch mal auf seine Homepage.

Die große Ironie des Ganzen ist allerdings die Veranstaltung selbst: „Der will nur spielen“ heißt das Programm des aus seiner Fernsehsendung bekannten Hundetrainers Martin Rütter. Noch irritierender ist, dass der in einer seiner Podcast-Folgen jüngst erklärte, dass zwar die normal-sterblichen Vierbeiner nicht kommen dürften, wohl aber natürlich Assistenzhunde. Martin Rütter äußerte sich bis Redaktionsschluss nicht auf eine Anfrage des OVB. Aus seiner Agentur war lediglich zu hören, dass „wir auch alle baff waren, als wir das gehört haben“, so ein Sprecher. Der Veranstalter habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, dass es vor Ort zu der Situation gekommen ist, sei natürlich bedauerlich. Am Ende sei es Martin Rütter selbst zu verdanken, dass Eva-Maria Glofke-Schulz doch noch teilnehmen durfte.

„Klarer Fall von Diskriminierung“

Die Ironie ist auch Rosenheims Beauftragter für Menschen mit Behinderung nicht entgangen: „Ich kanns gar nicht fassen“, erklärt Christine Mayer gegenüber dem OVB: „Das ist ja der Wahnsinn, dass das ausgerechnet bei einer Hundeshow.“ Ähnliche Berichte, dass Assistenzhunde irgendwo nicht hinein dürften, kennt sie nur aus grauer Vorzeit und da wäre es um Lebensmittelgeschäfte gegangen. Inzwischen sei die Gesetzeslage eindeutig: Die Hunde dürften überall hin. Für Mayer ist - wenn das alles so passiert ist - das ein klarer Fall von Diskriminierung. „Der Hund ist ein Hilfsmittel“, erklärt sie, „und das ist ungefähr so als ob der Rollstuhlfahrer seinen Rollstuhl nicht mitnehmen dürfte.“

Dass Glofke-Schulz die geforderten Dokumente nicht vorweisen wollte, kann Mayer verstehen. „Das geht niemanden etwas an, warum genau jemand den Assistenzhund braucht.“ Wieder strebt sie den Vergleich zu Rollstuhlfahrern an: „Da sagt auch keiner, jetzt stehen Sie mal auf, damit wir sehen können, ob Sie wirklich nicht laufen können.“

Immerhin: Freikarten für eine Veranstaltung nach Wahl

Das KuKo steht derweil ein bisschen allein und traurig in der Gegend rum. Denn, wie Leiterin Susanne Baumgartner gegenüber dem OVB erklärte, habe man da wenig Handhabe: „Wir sind da nur der Vermieter“, und als solcher trete man das Hausrecht - also auch den gesamten Einlass - an den Veranstalter ab. Sowohl über den Veranstalter, mit dem man in der Vergangenheit bereits oft und erfolgreich zusammengearbeitet habe, als auch über Eva-Maria Glofke-Schulz, die eben Stammgast und bekannt im KuKo ist, kann Baumgartner kein schlechtes Wort verlieren. „Von den Schilderungen von Frau Glofke-Schulz war ich selber erschüttert“, erklärt sie, aber sie sei eben auch nicht dabei gewesen. Bei anderen Veranstaltungen hätte es mit Mäxchen nie ein Problem gegeben.

Aber etwas Gutes hat der Abend vielleicht dennoch: Das KuKo schenkt Eva-Maria Glofke-Schulz eine Freikarte für eine Veranstaltung ihrer Wahl. Und darauf freut sich der beim KuKo-Team wohl bekannte und geschätzte Stammgast.

Kommentare