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Rundfahrt durch die Stadt

Ist der ÖPNV in Rosenheim wirklich so schlecht? Oberbürgermeister März wagt den Selbsttest 

Oberbürgermeister Andreas März (links), Christian Baab, der Pressesprecher der Stadt Rosenheim, und Tobias Weiß, Geschäftsführer der „Verkehrsgesellschaft Rosenheim“ haben das Gespräch mit den Fahrgästen gesucht.
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Oberbürgermeister Andreas März (links), Christian Baab, der Pressesprecher der Stadt Rosenheim, und Tobias Weiß, Geschäftsführer der „Verkehrsgesellschaft Rosenheim“ haben das Gespräch mit den Fahrgästen gesucht.

In den vergangenen Monaten hat der ÖPNV immer wieder für Kritik gesorgt. Grund dafür waren die zahlreichen Ausfälle und zum Teil deutlichen Verspätungen – vor allem um die Feiertage. Mittlerweile hat sich die Situation entspannt. Doch wie gut funktioniert der ÖPNV wirklich? OB März wagt den Selbsttest.

Rosenheim – Gertraud Frankenberger könnte glücklicher nicht sein. „Für mich ist es ein komplett neues Erlebnis“, sagt die Rosenheimerin. Sie wohnt in der Happinger Au, ein Ortsteil, der bisher eher spärlich an den ÖPNV angeschlossen war. Doch seit dem Fahrplanwechsel befindet sich nur wenige Meter entfernt von ihrem Haus eine neue Haltestelle. „Dadurch habe ich die Möglichkeit, alle 30 Minuten in die Stadt zu fahren“, sagt Frankenberger.

Fahrer nett, Busse pünktlich

Es ist eine Möglichkeit, die sie mehrmals in der Woche in Anspruch nimmt. Mal, um sich mit Freunden zu treffen, mal für Besorgungen. „Es ist angenehm, wenn man sich nicht um die Suche nach einem Parkplatz kümmern muss“, sagt sie. Generell habe sie nur Positives über den ÖPNV zu berichten. Die Fahrer seien nett, die Busse pünktlich. „Es ist ein echter Gewinn“, sagt sie.

Gertraud Frankenberger ist eine von zahlreichen Fahrgästen, mit denen sich die Mitglieder des Rosenheimer Seniorenbeirats an diesem Vormittag ausgetauscht haben. Deren Vorsitzende, Irmgard Oppenrieder, hatte zur Busfahrt eingeladen. „Wir wollen der Öffentlichkeit veranschaulichen, dass nicht alles schlecht ist“, sagte sie.

Kritik an zu kleiner Schrift

Ihrer Einladung folgten – neben einigen Medienvertretern – auch Oberbürgermeister Andreas März, Tobias Weiß, Geschäftsführer der „Verkehrsgesellschaft Rosenheim“ sowie Mitglieder des Seniorenbeirats. Von der Haltestelle „Stadtmitte“ ging es Richtung Happing. Schon nach den ersten Metern merkte ein Fahrgast an, dass die Schrift auf den Bildschirmen doch recht klein sei. „Das sieht man von hier hinten ja gar nicht“, sagte er mit zusammengekniffenen Augen.

Irmi Bauer, Mitglied des Rosenheimer Seniorenbeirats, befragt einen Fahrgast, wie zufrieden er mit dem ÖPNV in der Stadt ist.

Von der Gillitzerstraße ging es übers Atrium bis zum Bahnhof. Oberbürgermeister März unterhielt sich mit den Mitgliedern des Seniorenbeirats, Tobias Weiß gab erste Interviews. Drei Fahrgäste beobachten das Geschehen neugierig. Einer von ihnen regte an, darüber nachzudenken, vergünstigte Fahrkarten für Senioren anzubieten.

„Der MVV kümmert sich um die Abwicklung der Fahrkarten“, entgegnete Weiß. Trotzdem gebe es Ideen, über den „Grünen Pass“ der Stadt Rosenheim Vergünstigungeneinzuräumen. So jedenfalls teilte es Irmgard Oppenrieder mit.

Probleme beim Ticketkauf

Während sie noch über das Angebot der Stadt informierte, ergriff ein anderer Fahrgast das Wort. Er sei eigentlich nur mit dem Auto unterwegs. Weil er aber kürzlich am Arm operiert wurde, müsse er nun regelmäßig mit dem Bus zur Physio fahren. „Es klappt ganz gut“, sagte er. Lediglich beim Ticketkauf habe es zu Beginn Probleme gegeben. „Ich wusste nicht, dass es ein Umsteiger-Ticket gibt und habe vier verschiedene Fahrkarten gekauft“, sagte er, bevor er ausstieg.

Übrig blieben Oberbürgermeister März, die Mitglieder des Seniorenbeirats, der städtische Pressesprecher Christian Baab sowie Geschäftsführer Tobias Weiß. Von weiteren Fahrgästen fehlte kurz vor 10 Uhr jede Spur. „In einer Stunde sollte es wieder besser werden“, sagte Weiß, unterstrich aber auch, dass das Thema Wirtschaftlichkeit nicht von der Hand zu weisen sei.

Fokus auf Wirtschaftlichkeit

So hat es in den vergangenen Wochen immer wieder kritische Stimmen gegeben, weil einige Takte verkürzt und reduziert wurden. Doch genau das scheint ein unausweichlicher Schritt gewesen zu sein. „Nur so können wir die Wirtschaftlichkeit gewährleisten“, sagte Weiß. Der Fokus müsste auf den Kernzeiten liegen und genau darauf ziele der neue Fahrplan ihm zufolge ab.

Generell sei er sehr zufrieden mit der Entwicklung des Rosenheimer Stadtverkehrs. Die Kommunikation habe sich auch dank der QR-Codes an den Haltestellen und dem neuen Kanal auf Whatsapp verbessert, Verspätungen gebe es kaum noch. „Lediglich verkehrsbedingt“, sagte er. Auch in Sachen Busfahrer sei man gut aufgestellt. „Wir haben im Moment 67 Fahren, drei befinden sich noch in der Einarbeitung“, sagte er.

Zahlreiche zufriedene Fahrgäste

Während er die Vorzüge des ÖPNV auflistete, ging es mit dem Bus vorbei am Happinger Hof in Richtung Kastenau. Eine ältere Dame stieg ein, setzte sich in die Nähe der Tür. Normalerweise laufe sie, aber heute sei es ihr zu kalt gewesen. Sei sie zufrieden mit dem ÖPNV in der Stadt. „Ich muss mich nach dem Bus richten, nicht der Bus nach mir“, sagte sie.

Lob für „Swipe & Ride“-Angebot

40 Minuten später ist die Fahrt beendet. Schnell zückt Oberbürgermeister März sein Handy, öffnet die MVV-App und swipt nach rechts. Automatisch wird ihm jetzt der Fahrpreis angezeigt. Begeistert schaut er in die Runde, erklärt, was es mit dem „Swipe and Ride“-System auf sich hat. Fahrgäste hätten die Möglichkeit, beim Einsteigen in Bus, Bahn oder Tram in der App nach links zu steigen. Berechnet wird am Ende des Tages die beste Ticketkombination eines Tages. Bezahlt wird in allen Fällen am Ende des Tages und digital über das hinterlegte Zahlungsmittel.

Auch diese Frau könnte mit dem ÖPNV in Rosenheim zufriedener nicht sein.

Doch nicht nur in Sachen Bezahlung zeigte sich März zufrieden. Auch sein Fazit zum ÖPNV fällt durchweg positiv aus. „Es ist sehr entspannt, in Rosenheim mit dem Stadtbus zu fahren“, sagte er. Er erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass der ÖPNV zwar zur Daseinsvorsorge zählt, man dürfe aber auch nicht vergessen, dass dieser Geld kostet. „In Rosenheim wollen wir uns das leisten“, unterstrich er. Trotz allem könne man die Wirtschaftlichkeit aber nicht aus den Augen verlieren.

Die Resonanz an diesem Vormittag könnte also positiver nicht sein. Ein etwas anderes Bild zeigt ein Blick in die sozialen Medien. Unter das Video, das Oberbürgermeister März beim Busfahren zeigt, haben etliche Menschen kommentiert – meist mit kritischen Stimmen.

Langenpfunzen schlecht angebunden

„Wir mussten uns einen Zweitwagen besorgen, weil die Abstände der Fahrten einfach zu groß sind. An Feiertagen und sonntags fahren Busse überhaupt nicht“, schreibt eine Nutzerin. Eine andere ergänzt: „Langenpfunzen ist schlecht angebunden, oft müsste man erst zum Mitterfeld laufen, um dann eine Busverbindung zu haben.“

Haben sich ein Bild vom ÖPNV verschafft (von links): Oberbürgermeister Andreas März, Christian Baab, der Pressesprecher der Stadt Rosenheim, und Tobias Weiß, Geschäftsführer der „Verkehrsgesellschaft Rosenheim“.

„Der öffentliche Nahverkehr in Rosenheim ist eine Katastrophe. Es gibt keine funktionierende Anbindung an den Zugverkehr nach München. Ich kenne einige Kleinstädte, in denen das weit besser funktioniert“, schreibt eine andere Frau. Etwas versöhnlicher zeigt sich ein männlicher Nutzer: „Im Großen und Ganzen funktioniert es schon recht okay. Es gibt aber zu viele, die den ÖPNV nicht nutzen.“

Mehr Leute müssen ÖPNV nutzen

Genau diese Meinung vertritt auch Gertraud Frankenberger. „Man müsste die Leute darauf aufmerksam machen, wie gut der ÖPNV funktioniert“, sagt sie und weiter: „Die Leute können nicht jammern, dass sie keine Parkplätze finden, gleichzeitig den Bus aber nicht nutzen. Sie müssen bloß einsteigen.“

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