Neues Konzept an der Prinzregentenschule
„Ein normales Miteinander“: Wie Rosenheimer Schulen verschiedene Religionen integrieren wollen
Die religiöse Vielfalt an Rosenheimer Grundschulen nimmt zu, was in Hinblick auf kirchliche Feste und Feiertage herausfordernd ist. An der Prinzregentenschule gibt es dazu einen neuen Ansatz. Dieser soll nicht nur Kindern, sondern auch der Gesellschaft helfen.
Rosenheim – Johanna Wolf und die anderen Mitglieder des Elternbeirats der Rosenheimer Prinzregenten-Grundschule standen vor einer wichtigen Entscheidung. Nach einer Beschwerde, dass an der Schule nur christliche Feste gefeiert werden, sei nicht klar gewesen, wie es mit den Schulfesten weitergehen soll. „Wir mussten entscheiden, ob und vor allem welche religiösen Anlässe wir noch feiern wollen“, sagt Wolf.
Feier des Bayram-Festes
Zusammen mit der Schulleitung sei schließlich entschieden worden, dass es in Zukunft interreligiöse Veranstaltungen – gemeinsame Feiern von Anlässen aller Religionen – geben wird. Den Anfang machte die Bayram-Feier oder Zuckerfest, ein islamisches Fest zum Ende des Ramadans. „Wir wollten gar nichts Großes daraus machen, sondern das Fest in dem Umfang feiern wie zum Beispiel den Nikolaustag auch“, sagt Wolf. Dazu hätten alle Kinder kleine Päckchen mit Süßigkeiten erhalten und ihre Wünsche auf Deutsch und Türkisch auf Zettel geschrieben.
„Damit verfolgen wir den Ansatz, dass die Kinder früh lernen, dass jede Religion im Alltag gesehen wird“, erklärt Wolf. Insbesondere die Kinder, die keine Christen oder konfessionslos sind. „Niemand soll das Gefühl haben, nicht respektiert zu werden oder zu einer Minderheit zu gehören.“ Wie wichtig das für die Entwicklung von Kindern ist, sei wissenschaftlich nachgewiesen worden, sagt Wolf. Vor allem an Schulen, an denen viele Schüler einen Migrationshintergrund haben.
Größerer Anteil an muslimischen Kindern
Und der Anteil an Kindern mit unterschiedlichen Religionen sei an der Prinzregenten-Grundschule „besonders hoch“. Inzwischen gebe es unter den rund 420 Schülern mehr muslimische als katholische Kinder, sagt Schulleiterin Helga Wagner. Der andere Teil sei evangelisch oder konfessionslos. „Wir haben daher schon vor zehn Jahren angefangen, die Interreligiösität zu fördern“, sagt Wagner. So sei die Prinzregentenschule die erste Grundschule in Rosenheim gewesen, an der Islamunterricht mit einem vom Staat gestellten Lehrer angeboten werden konnte.
Diesen gibt es inzwischen auch an der Grundschule in Fürstätt, wie Schulleiter Kai Hunklinger berichtet. „Ab der vierten Klasse anstatt des Ethikunterrichts.“ Dies sei ein wichtiger Schritt gewesen, da auch an seiner Schule „die Mehrheit mittlerweile muslimisch sei“. Dem Schulleiter zufolge gab es vor einigen Jahren beispielsweise ein Mädchen, dass Mittags beten wollte. „Das haben wir natürlich genehmigt, solang es nicht den Schulablauf komplett stört.“
Verbindung aller Religion im Schullalltag
Hunklinger verweist dabei auf die Religionsfreiheit. „Da kann jeder machen, was er will.“ Und das müsse unterstützt und niemand deswegen anders behandelt werden. Für ihn sei die Verbindung der unterschiedlichen Religionen im Schulalltag „ein ganz normales Miteinander“. Deshalb versuche Hunklinger zum Beispiel auch, dass während des Ramadans keine Hauswirtschaftsprüfungen stattfinden.
Und noch etwas sei an beiden Schulen verändert worden: Die Begrüßungs- und Abschlussandachten werden so gestaltet, dass alle Religionen zur Geltung kommen. „Es ist ein Unterschied, ob ich etwas im Unterricht kennenlerne oder aktiv mitfeiern kann“, sagt Helga Wagner. Das könne dazu führen, dass der gegenseitige Respekt der Schüler untereinander größer werde. Sie berichtet, dass es bereits das ein oder andere Mal zu religiösen Anfeindungen auf dem Pausenhof gekommen sei. „Da müssen wir gegensteuern“, betont die Schulleiterin.
Mehr gemeinsame Aktionen
Johanna Wolf zufolge sei man hierbei auf einem guten Weg. Kinder seien meist schneller bereit, auf andere zuzugehen und sich auf deren Kultur einzulassen. Das zeige zum Beispiel die kürzere Integrationszeit bei Umzügen ins Ausland. „Davon können Erwachsene nur träumen“. Sie fände es gut, wenn in der Schule daher noch mehr auf gemeinsame Aktionen wie interreligiöse Projektwochen mit gemeinsamen Unterrichtsstunden aller Religionen Wert gelegt wird. „Das könnte auch irgendwann der Gesellschaft zu Gute kommen.“
