Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Aus dem Amtsgericht

Luftschlösser verkauft und Opfer durch den Schmutz gezogen: Ex-Professor (56) vor Gericht

Eine Statue von Justizia mit Augenbinde und Waage
+
Viel versprechen, nichts halten und das Opfer mit Dreck bewerfen– das sieht Justizia gar nicht gern.

Das Blaue vom Himmel und einen enormen Verdienst versprechen – und dieses Versprechen dann nicht halten. Im Gegenteil noch im Internet ein Opfer mit Schutz bewerfen. Dafür landete ein 56-Jähriger vor Gericht.

Landkreis Rosenheim – Ins gemachte Nest setzen und dafür fünfstellige Summen im Monat verdienen. Mit diesen Versprechen lockte ein 56-jähriger früherer Professor für Fertigungstechnik seine Opfer an. Sie sollten als Coaches Unternehmergruppen beraten. Er wollte mitverdienen.

Der 56-Jährige hatte die Idee, dass Gruppen von Unternehmern unter der Anleitung eines Coaches bei einem monatlichen Treffen nicht nur von dessen Beratung, sondern in dieser Gruppe auch von gegenseitigem Erfahrungsaustausch profitieren müssten. 

Dieses Konzept bot er auf fachbezogenen Internet-Plattformen an. Mit dem Erwerb einer Lizenz – so die Werbung – würden die Lizenznehmer vorhandene Unternehmergruppen betreuen und ein entsprechendes Coaching-Honorar beziehen. Diese Lizenz sollte zwischen 6000 und 9500 Euro kosten. Weiter sollten die Lizenznehmer dann einen Prozentsatz des Honorars an die R-E-M-I-N-D GmbH abführen. 

Virtuelle Firma und Wohnsitz in England

Der Sitz dieser Firma scheint nicht ortsgebunden und sie bietet nach wie vor im Internet ihre Dienste an. Wurde die Anzeige gegen den ehemaligen Professor als Geschäftsführer dieser GmbH in Prutting gerichtet, so berichtete der polizeiliche Ermittler, dass dieser sich dort lediglich drei- bis viermal jährlich aufhielt. Diese Firma ist bis heute – virtuell –  in Berlin angeführt. Der angeklagte Geschäftsführer gibt seinen Wohnsitz zwischenzeitig mit Hastings (Südengland) an.

Gegen einen Strafbefehl, in dem eine Haftstrafe von einem Jahr verhängt wurde, die man zur Bewährung aussetzen wollte, ließ der Angeklagte Einspruch einlegen. So dass man sich nun vor dem Amtsgericht Rosenheim unter dem Vorsitz der Strafrichterin Dr. Stefanie Oberländer wieder traf. 

Der Vorwurf laut Staatsanwaltschaft lautete versuchter Betrug in mehrheitlichen Fällen gegen zwei Lizenznehmer. Diese berichteten als Zeugen, dass der Angeklagte nach deren Anfragen erklärt habe, dass es sich bei dem Projekt um ein bereits erfolgreiches, bestehendes Coachingsystem handle. Es gehe darum, schon bestehende Unternehmergruppen zu betreuen. Dabei sei ein Einkommen von 16.000 Euro monatlich realistisch.

Es gehe dabei nicht darum, Teilnehmer an diesen Gruppen zu akquirieren. Dies würde im Gegenteil vom Lizenzgeber übernommen. Des Weiteren seien die fälligen Lizenzgebühren erst – und das in Raten – zu entrichten, sobald die Honorare von den Gruppenteilnehmern eingingen. Unter dieser Prämisse unterzeichneten die Opfer im November 2021 die Lizenzverträge.

Kaum Interesse bei Unternehmern

Schnell wurde klar, dass bei der Akquise – wollte man erfolgreich sein – die Lizenznehmer selber aktiv werden mussten und Unternehmer nur sehr spärlich an derlei Coaching Interesse zeigten. Noch größer wurde die Enttäuschung, als bei den Zeugen und Opfern – entgegen der Absprachen – bereits im Januar 2022 Lizenzrechnungen über 5944 und 9250 Euro eingingen. 

Falsche Website in Auftrag gegeben

Als diese den Forderungen nicht nachkamen, sondern im Gegenteil die Lizenzverträge kündigten, reagierte der Angeklagte auf perfide Weise: Er bestellte bei einem Softwareunternehmer eine Website mit dem Foto der Zeugin und ehemaligen Lizenznehmerin. Dort wird diese als „Telefonsex-Hure“ dargestellt.

Zu diesem Vorgang zeigte sich der Angeklagte geständig, bat auch während der Verhandlung die Frau um Entschuldigung und zeigte sich zerknirscht. 

Angaben „anwaltlich geprüft“

Bezüglich der anderen Vorwürfe ließ er durch seinen Verteidiger, Rechtsanwalt Andreas Leicher, alle Vorwürfe zurückweisen. Seine Ankündigungen und Werbeaussagen seien alle anwaltlich geprüft und für legitim erachtet worden. So seien die Verdienstaussichten lediglich Rechenbeispiele gewesen. Niemals habe er irgendwelche Erfolgsgarantien abgegeben. Wenn Anfragen bei Unternehmern nicht zum Erfolg geführt hätten, so sei dies wohl auf mangelhaften Einsatz seitens der Lizenznehmer zurückzuführen gewesen. Die unbeantwortete Frage nach bereits bestehenden Unternehmergruppen blieb auch im Gerichtstermin unbeantwortet.  

Staatsanwalt sieht Betrug

Ein von der Verteidigung erbetenes Rechtsgespräch mit dem Ziel einer Verständigung kam zu keinem Ergebnis. So argumentierte die Staatsanwaltschaft, dass neben der eingestandenen Internet-Verleumdung auch der Versuch eines Betruges zu bestrafen sei. Der Staatsanwalt forderte, eine Haftstrafe von 16 Monaten zu verhängen. Zwar sei der Angeklagte ein Ersttäter, die in aller Regel mit einer Bewährungsstrafe davonkämen. Jedoch sei dieser nach wie vor in seinem Gewerbe tätig, so dass man nicht davon ausgehen könne, dass dieser in der Folge nicht mehr straffällig werden wolle. Aus diesem Grunde könne er in diesem Falle keine Bewährung zugestehen.

Verteidiger: Verleumdung ja, Betrug nein

Der Verteidiger schilderte den Sachverhalt entgegengesetzt. Sein Mandant habe freilich diese Internet-Verleumdung begangen. Wegen der eingestandenen Verleumdung sei eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen angemessen.

Darüber hinaus sei sein Mandant jedoch ganz fraglos freizusprechen. Alle vertraglichen Bedingungen seien von den Lizenznehmern unterzeichnet worden. Wenn diese eigene Erwartungen oder Interpretationen einbrachten, so könne dies nicht seinem Mandanten angelastet werden.

Glaubhafte Zeugen

Das Gericht verurteilte ihn wegen Verleumdung und versuchtem Betrug zu 14 Monaten Gefängnis. Setzte diese allerdings zur Bewährung aus. Der Verurteilte habe den Geschädigten suggeriert, in ein bestehendes Geschäftsmodell einzusteigen. Insoweit seien die Zeugen absolut glaubhaft gewesen. Es habe sich zweifellos um eine Täuschung zum Nachteil der Zeugen gehandelt. Da der Verurteilte nicht vorgeahndet sei, könne die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Das Urteil ist bisher nicht rechtskräftig.

Kommentare