So hoch sind die Schulden pro Einwohner
Sorgenvoller Blick aufs Geld: Warum es in Rosenheim Lichtblicke gibt – und wo die Probleme liegen
Auch in diesem Jahr liegt hinter Rosenheim ein Jahr voller Höhen und Tiefen. Ein Blick auf den städtischen Haushalt bestätigt das. Doch wo liegen die Probleme? Welche Investitionen stehen an? Und wie hoch sind eigentlich die Schulden jedes einzelnen Rosenheimers. Die wichtigsten Antworten.
Rosenheim – Wo Licht ist, ist auch Schatten. Das betonte Oberbürgermeister Andreas März (CSU) während der jüngsten Sitzung des Rosenheimer Stadtrats gleich mehrmals. Zwischen Lebkuchen, Tannenzweigen und Christbaumkugeln wurde an diesem Nachmittag der städtische Haushalt verabschiedet – zum zweiten Jahr in Folge einstimmig.
Hohe Gewerbesteuer
„Wir können auf ein Jahr zurückblicken, das aus finanzieller Sicht erfolgreicher war als noch vor einem Jahr geplant“, sagte März. Der Ergebnishaushalt, also die Gewinn- und Verlustrechnung der Stadt aus den laufenden Kosten, falle aufgrund der Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 58 Millionen Euro deutlich besser aus als geplant. Der Wermutstropfen: Er liegt auch weiterhin bei einem Minus von rund 11,8 Millionen Euro.
Zum Vergleich: Im Vorjahr lag das Minus bei rund 18,6 Millionen Euro. „Die Verluste können – noch – aus der Ergebnisrücklage entnommen werden“, sagte März. Das wiederum sei der Verdienst einer „verantwortungsbewussten Finanzpolitik, die Rosenheim seit vielen Jahren auszeichnet“.
Entgegen dem bayernweiten Trend
Es ist einer dieser Lichtblicke, von denen Oberbürgermeister März gleich zu Beginn seiner Rede sprach. Lichtblicke, die Rosenheim deutlich von anderen bayerischen Städten unterscheiden. „Wir trotzen dem bayernweiten Trend“, sagte er. Denn während andere Städte mit stagnierenden Steuereinnahmen, massiven Ausgaben und ungesicherten Finanzlagen zu kämpfen haben, stehe man in Rosenheim doch noch einigermaßen gut da.
Doch es gibt eben auch Schattenseiten. Beispielsweise das Defizit des Romed-Klinikverbands in Höhe von 15 Millionen Euro. Die Hälfte davon – rund 7,5 Millionen Euro – muss die Stadt Rosenheim tragen. Der Betrag ist zwar deutlich niedriger als im Vorjahr, stellt März zufolge aber immer noch eine „nennenswerte Belastung des städtischen Haushalts“ dar. Schuld an dem Defizit seien vor allem die strukturellen Probleme in der Krankenhausfinanzierung. „Die krisenbedingt gestiegenen Sach- und Personalkosten sind durch die Krankenhausfinanzierung nicht gedeckt“, sagte März.
Kommunale Daseinsvorsorge
Weil eine Besserung nicht in Sicht ist, sei auch in den kommenden Jahren mit vergleichbaren hohen Defiziten zu rechnen. Es ist Geld, das März bereit ist, zu bezahlen. „Eine qualitativ hervorragende medizinische Versorgung für die Menschen in unserer Region ist für mich eine zentrale Verpflichtung im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge“, sagte er während der Sitzung. Der Verlustausgleich sei der Preis, den die Stadt für diese Verpflichtung derzeit bezahlen muss.
Aller Widrigkeiten zum Trotz sei es gelungen, auch für 2025 einen Rekordhaushalt mit 285 Millionen Euro Aufwendungen aufzustellen. „Damit übersteigt dieser Etat den Rekordwert des Jahres 2024 noch einmal um mehr als 18 Millionen Euro“, sagte März. Rund 130 Millionen Euro davon fließen in die Aufgabenbereiche Schule, Kinderbetreuung, Jugend, Soziales, Kultur und Sport. „Das sind Investitionen in eine gute Zukunft unserer Kinder und für den sozialen Frieden in unserer Stadt“, sagte März.
Reserven aus vergangenen Jahren
Der Rekordhaushalt führt aber eben auch dazu, dass der Ergebnishaushalt mit einem Negativ-Saldo abschließt. Ein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken, ist das für Andreas März jedoch nicht. Eben auch, weil es durch die Reserven aus den vergangenen Jahren gelinge, den Haushalt zu stabilisieren und weiterhin eine Vielzahl von Investitionen zu tätigen – trotz der wirtschaftlichen Stagnation und den laufenden städtischen Ausgaben.
Und Investitionen gibt es einige. Geplant sind beispielsweise der Ausbau der neuen Touristinfo an der Heilig-Geist-Straße, eine Teilsanierung des Lehrschwimmbeckens in Westerndorf St. Peter sowie eine Geh- und Radwegbrücke im Bahnhofsgelände. Insgesamt umfasst das Investitionsprogramm für das kommende Jahr mehr als 57 Millionen Euro – und liegt damit deutlich über dem im Vorjahr. „Das ist ein wichtiges und bedeutsames Zeichen für den wirtschaftlichen Aufbruch in schwieriger Zeit, an dem wir für Rosenheim weiter festhalten wollen“, sagte März.
Kredit in Höhe von 14 Millionen Euro
Weil der Finanzhaushalt, also das Ergebnis der Ein- und Auszahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit, aber gerade einmal bei vier Millionen Euro liegt und damit nicht ausreicht, um die geplanten Investitionen zu stemmen, muss die Stadt einen Kredit in Höhe von 14 Millionen Euro aufnehmen.
Pro-Kopf-Verschuldung: 769 Euro
„Wir müssen uns vom Schuldenabbau, wie er in den Jahren bis 2022 geplant war, vorerst verabschieden“, sagte März. Laut Schuldenabbaukonzept sollte der Schuldenstand bis Ende 2028 bei 61 Millionen Euro liegen. Mit der vorgelegten Planung wird er laut März voraussichtlich einen Wert von über 93 Millionen Euro erreichen. Im Moment liegt der Schuldenstand bei 49,5 Millionen Euro. Das bedeutet eine Pro-Kopf-Verschuldung von 769 Euro.
„Es gibt nichts zu beschönigen: Zum Ende des Finanzplanungszeitraums werden die städtischen Finanzreserven deutlich niedriger und der Schuldenstand deutlich höher sein“, sagte März. Diese finanziellen Spielräume seien jedoch notwendig, um die anstehenden Zukunftsaufgaben meistern zu können. Er nannte als Beispiele die Themen Klimawandel, Wärmewende und Verkehr.
Mutig und optimistisch sein
„Wir können alle diese Anforderungen in einer gemeinsamen Anstrengung schaffen. Und ich bin mir sicher: Wir bekommen das auch hin, wenn wir mutig und optimistisch die Aufgaben angehen, die vor uns liegen“, sagte März.
Das sagen die Rosenheimer Stadträte
Zum zweiten Mal in Folge haben die Rosenheimer Stadträte den Haushalt einstimmig verabschiedet. „Der Haushalt ist ein Spiegelbild unserer politischen Prioritäten“, sagte Sonja Gintenreiter, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Sie lobte die Rekordaufnahmen bei der Gewerbesteuer, erinnerte im gleichen Atemzug aber auch an die steigenden Ausgaben. Sie appellierte deshalb daran, vorausschauend zu denken und zukünftige Herausforderungen im Blick zu haben. Trotz allem gilt für die Grünen: „Notwendige Investitionen dürfen nicht aufgeschoben werden. Kaputtsparen gefährdet unsere Demokratie“, ist Gintenreiter überzeugt. Aufgrund der angespannten Haushaltslage sei es umso wichtiger, Prioritäten zu setzen. „Wir haben nicht kein Geld, sondern müssen es dort einsetzen, wo es am meisten gebraucht wird und am besten wirkt“, sagt die Fraktionsvorsitzende. Sie kritisierte in diesem Zusammenhang den geplanten Bau der Aicherpark-Behelfsbrücke. „Zwei Millionen Euro für eine Behelfsbrücke im Aicherpark auszugeben, die nach zwei Jahren wieder abgerissen wird, während wir Haushaltskonsolidierungen von rund drei Millionen Euro auf der anderen Seite haben, können wir nicht nachvollziehen“, sagte sie. Gintenreiter zufolge sei eine Erhöhung der Parkgebühren eine gute Möglichkeit, um andere Ausgaben gegenzufinanzieren.
Davon zumindest hält die CSU um Fraktionsvorsitzenden Herbert Borrmann wenig. Ihm sei es wichtig, den ÖPNV zu stärken. Mit dem MVV-Beitritt sei ein erster, aber wichtiger Schritt getan. Er regte an, über kleinere und damit wirtschaftlichere Busse nachzudenken. „Kostenlose oder günstigere Sondertarife halten wir ebenso wenig für zielführend, wie häufigere Busfahrten, bei denen eine geringe Fahrgastzahl zu erwarten ist“, sagte er. Für die Nachtfahrzeiten biete sich die Einführung eines Ruftaxis mit festen Linien anstelle des Anrufsammeltaxis an. Die Tatsache, dass die erste Stunde in den städtischen Parkhäusern kostenlos ist, müsste in seinen Augen noch mehr beworben werden. „Hier besteht erheblicher Nachholbedarf“, sagte er. Nachbesserungen brauche auf der Loretowiese. So muss für Mitarbeiter öffentlicher beziehungsweise sozialer Einrichtungen ein bezahlbares Angebot geschaffen werden. „Dabei stellen wir uns ein ähnliches, unbürokratisches Verfahren zu Tarifen für Krankenhausangestellte wie im Parkhaus am Klinikum vor“, sagte er.
Ricarda Krüger, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, erinnerte daran, dass nicht nur die Herausforderungen in den kommenden Jahren größer werden, sondern auch die Sorgen der in Rosenheim lebenden Menschen. „Es kann nicht unser Anspruch sein, an allen Ecken und Enden zu sparen“, sagte sie. Sie plädierte dafür, das Geld unter anderem in bezahlbaren Wohnraum zu stecken – unter anderem für Studenten. Vor allem die Entwicklung des Bahngeländes Süd liege ihrer Fraktion am Herzen. Ein Augenmerk müsse auch weiterhin auf der Förderung der Kultur liegen. Ein erster großer Schritt seien die neuen Kulturförderrichtlinien. Unbedingt vermeiden sollte man es, die Sanierungen der Grundschulen hinten anzustellen. „Die Kinder, ihre Bildung und ihre Zukunft sollten das Hauptaugenmerk unseres Schaffens sein“, sagte Krüger. Um die zusätzlichen Aufgaben zu stemmen, schlug sie erneut vor, die Defizitaufteilung zwischen Stadt und Landkreis zu überdenken. „Allein eine Defizitaufteilung von 60:40 zugunsten der Stadt würde uns zusätzliche Millionen bescheren“, sagte sie. Dadurch könnten die Verschuldung in den nächsten Jahren enorm verkleinert werden. Stattdessen könnte der Fokus darauf liegen, die Plätze in der Ganztagsbetreuung auszubauen und den ÖPNV zu stärken. Auch das Gewerbegebiet in Brucklach muss ihr zufolge endlich zu einem „vernünftigen Abschluss“ gebracht werden. „Das sind Gewerbesteuereinnahmen, die uns fehlen“, sagte sie.
Das unterstrich auch Robert Multrus, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler/UP. 2025 gebe es einen „ausgewogenen Haushalt“ – dank der Sparmaßnahmen und der Reserven aus dem Vorjahr. Für die kommenden Jahre sei es das erklärte Ziel seiner Fraktion, bei den erforderlichen Einsparmaßnahmen auch den Spagat zu schaffen, zwischen notwendigen Investitionen und vertretbarer Verschuldung. „Unvermeidbar sind Maßnahmen auf der Einnahmenseite wie Parkgebühren oder die Zweitwohnungssteuer“, sagte er während der Sitzung. Er plädierte dafür, Bauvorhaben zügig umzusetzen, nannte den Rosenheimer Norden sowie das ehemalige Karstadt-Sports-Haus als Beispiel. Der Fokus müsse zudem auch weiterhin auf der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum liegen – auch mit Geschosswohnungen.
Dass auf keinen Fall im sozialen Bereich gespart werden sollte, dafür sprach sich Andreas Kohlberger, Fraktionsvorsitzender der AfD aus. Vor großen Herausforderungen stehe der neue Geschäftsführer der Romed-Kliniken. Aber Kohlberger zeigte sich optimistisch, dass er diesen gewachsen sei. Für die Zukunft wünsche er sich auch weiterhin eine gute Zusammenarbeit.
Stadtrat Rudolf Hötzel (Republikaner) erinnerte während der Sitzung an seinen Sitznachbarn, den AfD-Stadtrat Hans Raß, der erst kürzlich im Alter von 85 Jahren verstorben ist. Rosenheim sei – mit Blick auf den Haushalt – immer noch auf einer Insel der Glücksseeligen. Er lobte die Einnahmen bei der Gewerbesteuer und die Höhe der Schlüsselzuweisungen. Mit 23,8 Millionen Euro erhielt die kreisfreie Stadt Rosenheim die höchsten Schlüsselzuweisungen. Er lobte die günstigen Parkgebühren in der Stadt, plädierte dafür, sich noch mehr für Senioren und Menschen mit Beeinträchtigungen einzusetzen. Auch müsste darauf geachtet werden, dass die Autofahrer nicht vernachlässigt werden.
FDP-Stadträtin Maria Knott-Klausner machte noch einmal deutlich, dass man in Sachen Verkehr erheblichen Handlungsbedarf hat. Beim Ausbau der Kaiserstraße habe man die Chance verpasst, ein besseres Verkehrssystem mit einer Einbahnregelung sowie ein erkennbares Radwegekonzept einzurichten. Sorgen bereite ihr die Entwicklung der Grundschulen. „Jede Schule braucht mehr Platz für die Ganztagsbetreuung und da wird noch mehr Platz von den Pausenhöfen weggenommen“, sagte sie. Ein neunter Grundschul-Standort sei in ihren Augen unumgänglich. Auch beim Ausbau der Kitas müsse noch einiges passieren.