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Neben Fischern auch Prienavera betroffen

Quagga-Invasion im Chiemsee: Molch und Co - Welcher Schlachtplan hilft gegen die Killer-Muschel?

Die invasive Quagga-Muschel (links) gefährdet auch den Betrieb des Prienavera-Erlebnisbads. Dort stehen Dirk Schröder, Geschäftsführer der Chiemsee Marina GmbH, und Priens Bürgermeister Andreas Friedrich.
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Die invasive Quagga-Muschel (links) gefährdet auch den Betrieb des Prienavera-Erlebnisbads. Dort stehen Dirk Schröder, Geschäftsführer der Chiemsee Marina GmbH, und Priens Bürgermeister Andreas Friedrich.

Die 16 Berufsfischer am Chiemsee haben wegen der invasiven Quagga-Muschel Alarm geschlagen. Und es gibt weitere Betroffene wie das Erlebnisbad Prienavera. Wie kann die explosionsartige Vermehrung und weitere Verbreitung gestoppt werden? Das sind die Ideen.

Prien/Chiemsee - Die Quagga-Muschel hat den Chiemsee erreicht, das steht fest. Jetzt ist Detektivarbeit gefragt, um die Auswirkungen auf das komplexe Öko-System im „Bayerischen Meer“ zu erforschen und eine weitere Verbreitung in der Region einzudämmen. Zu den menschlichen Betroffenen der Muschel-Invasion zählen nicht nur die 16 Berufsfischer des Chiemsees, die ihre „Existenz gefährdet“ sehen, wie es Genossenschafts-Chef Florian Kirchmeier beschrieben hat. Sondern auch das Erlebnisbad Prienavera.

Muschel könnte Prienavera-Rohre zusetzen

„Wir planen eine Seewasser-Wärmepumpe. Wir wollen damit Wasser aus dem See ziehen und wenn die Quagga-Muschel die Rohre zusetzt, funktioniert das System nicht mehr“, erzählt Dirk Schröder dem OVB. Er ist Geschäftsführer der Chiemsee Marina GmbH, die nicht für das Erlebnisbad Prienavera, sondern auch für den Betrieb von zwei kommunalen Häfen in Prien zuständig ist.

Dirk Schröder, Geschäftsführer der Chiemsee Marina GmbH (links) und der Priener Bürgermeister Andreas Friedrich im Prienavera.

Schröder ist in beiden Bereichen mit den Auswirkungen und Gefahren der Quagga-Muschel befasst - und hat sich mit dem bisher vorhandenen Wissen einen ersten „Schlachtplan“ zurechtgelegt.

„Zum Schutz der Seewasser-Wärmepumpe planen wir einem ‚Molch-System‘“, so Schröder. Konkret bedeutet das, dass in den dicken Seewasser-Pumpen-Rohren zum Chiemsee regelmäßig ein kleines Innenrohr hin- und herfährt. Dass soll dafür sorgen - ähnlich wie ein Molch Bewuchs wegfrisst -, dass sich die aggressiven Muscheln nicht in den Zuleistungsrohren festsetzen können. Für die Priener Häfen hat Schröder zur Verhinderung der Weiter-Verbreitung in andere Gewässer wie den bislang noch Quagga-freien Simssee bereits Heißwasser-Druckstrahler bestellt. Das spült die Muscheln ab und tötet ihre Larven - bei 60 Grad Wassertemperatur soll das nur zwei Sekunden dauern.

Das zumindest versprechen Studien aus den USA. Von dort stammen die meisten wissenschaftliche Erkenntnisse über die ursprünglich aus dem Schwarzmeer kommende Muschel, die inzwischen Gewässer in einigen Kontinenten erobert hat. Das liegt vor allem auch an ihrer unglaublichen Fortpflanzungs-Fähigkeit. „Eine Muschel legt eine Million weitere ab – das könnte dramatische Folgen für unsere heimischen Ökosysteme haben“, hat Professor Herwig Stibor von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) kürzlich dazu in einem Vortrag erklärt.

Quagga-Larven sogar im Boots-Kühlwasser

Die Larven sind dazu offenbar extrem überlebensfähig. So wurden laut US-Studien im Kühlwasser-Kreislauf von Boots-Motoren im Schnitt 19 Larven getroffen. Schiffe, die von einem Gewässer zum anderen transportiert werden, gelten bisher auch als größte Verdächtige für die Übertragung der Muschel von einem See zum anderen. In der Schweiz gilt deshalb schon eine Reinigungspflicht für Boote durch spezielle geschulte Firmen. Ebenfalls als Überträger in Frage kommen Stand-Up-Paddler (SUP‘s): Es ist nachgewiesen, dass sich Larven an rauen Flächen des Boards anhaften und so von Gewässer zu Gewässer reisen können. Eine flächendeckende Überwachung erscheint illusorisch.

Schröder ist sich ohenhin unsicher, ob die Verbreitung der invasiven Art so gestoppt werden kann - schließlich wurden sie auch in Seen ganz ohne Bootsverkehr schon nachgewiesen. Er erscheint zum Beispiel möglich, dass Wasservögel die Larven quasi natürlich weiterverbreiten. Das würde bedeuten, dass man andere Wege finden muss, die Ausbreitung der Quagga-Muschel zu verhindern. Die vor allem deshalb so gefährlich für die einheimische Fische und Muscheln ist, weil sie vorhandene Nährstoffe aus dem Wasser filtert und so deren Nahrungs-Grundlage schon durch ihre pure Menge einschränkt. Im Bodensee hat Quagga schon zur Abnahme der Biodiversität, einem Rückgang der Fisch-Fangergebnisse und einer Belastung des Trinkwassers durch Larven geführt.

Das macht Hoffnung für den Chiemsee

Droht dem Chiemsee nun das gleiche Schicksal? Dirk Schröder hat noch Hoffnung, dass es nicht so schlimm kommt: „Bei ersten Untersuchungen wurde festgestellt, dass die Schale der Quagga-Muscheln im Chiemsee sehr dünn ist. Vielleicht ist sie hier nicht so überlebensfähig.“ Der Chiemsee hat durch die Tiroler Ache einen wesentlich größeren Wasseraustausch als der tiefere Bodensee. Eine dünnere Schale könnte zudem die Möglichkeit eröffnen, dass die Muscheln von bestimmten Raubfischen gefressen werden könnten, wie Chef-Fischer Florian Kirchmeier hofft.

Quagga-Muschel kommt aus dem Schwarzmeerraum und breitet sich auch bei uns mehr und mehr aus.

Die beiden Kämpfer gegen die Quagga-Muscheln sind sich einig, dass es unbedingt „wissenschaftlicher Studien im Chiemsee über die Quagga-Muschel“ bedarf. Laut Schröder will die LMU damit in nächster Zeit starten. In den USA werden auch mechanische (Bio-Bullets) und chemische Bekämpfungstechniken (Kupfersulfat) angewandt, die jedoch teuer und ökologisch höchst umstritten sind. Schließlich ist das saubere Wasser mit seiner großen Biodiversität der größte Schatz des Chiemsees. Bleibt die Frage: Findet die einheimische Natur ihr eigenes Mittel gegen die gefährliche Quagga-Muschel?

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