Bilanz nach Neustart
Echte Sauna-Fans mögen's nackig – meiden sie jetzt das Prienavera? Was die Zahlen verraten
Es hagelte Kritik. Sachliche und unsachliche. Das war im März 2024 und das Prienavera hatte nach einem Jahr und sieben Millionen in die Technik investierten Euro gerade wieder aufgemacht. Die Kommunalpolitiker befürchteten Schlimmstes. Jetzt zog Dirk Schröder, Chef des Prienavera, Bilanz der zehn Monate nach dem Neustart.
Prien – Hat es geregnet, geschneit, gestürmt? War es unerträglich heiß? Mückenplage? All das muss Dirk Schröder im Blick haben, will er die Besucherzahlen des Prienavera richtig einschätzen. Was gerade gar nicht so einfach ist, denn der Chef der Chiemsee Marina GmbH muss bis 2019 zurückblättern, will er Vergleichszahlen haben. Denn dann kam erst die Pandemie, 2023 dann die technische Generalsanierung für gut sieben Millionen Euro.
Erst im März 2024 machte das Prienavera wieder im vollen Umfang auf. Und es hagelte Kritik. Weil das Dampfbad weg war. „Irreparable Schäden“, sagt Schröder. Weil der Saunabereich umgestaltet wurde – da sich spärlich bekleidete Menschen sonst mit gänzlich textilfreien Gästen gemischt hätten. Und weil die Preise stiegen. „Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine sind unsere Energiekosten von 450.000 Euro auf über eine Million gestiegen. Das können wir nicht alleine schlucken, das mussten wir zum Teil an die Gäste weitergeben“, sagt Schröder. Die von den vielen Neuerungen nicht viel mitbekamen, denn da ging es um die Schwimmbadtechnik. Erwartet worden sei wohl eine Verschönerung, deshalb die Kritik, meint Schröder. „Die Attraktivitätssteigerung haben wir im Blick. Nach über 25 Jahren müssen wir wieder richtig was für die Kunden tun“, sagt Schröder verschmitzt.
In der Sitzung des Wirtschafts- und Tourismusausschusses (WTA) stellte Schröder die Zahlen nach der Wiedereröffnung vor. „Es gab ja immer wieder Kritik. Aber die Zahlen zeigen, dass man das so nicht stehen lassen kann“, befand Ulrich Steiner (Grüne). Denn im Jahr 2024 waren trotz erhöhter Preise und ausgedünnter Spezialtarife mit 123.721 Gästen nur gut 8.000 weniger im Prienavera als im Vergleichsjahr 2019. Und diese Diskrepanz stammt nahezu komplett aus dem Juli. Der gehört laut Schröder ohnehin zu den Monaten, die besonders wetterabhängig sind. Ist es heiß oder regnet es in einer Tour, ist das Prienavera voll. Ist es warm, zieht es die Menschen eher in die Berge.
Selbst die Finnen sind bekleidet
Saunabesucher kamen 2024 eher ein paar mehr als 2019. Und das, obwohl es mit den klassischen Saunagängern viel Ärger gab, weil die Salzsauna samt Ruheraum dem Schwimmbad zugeschlagen und zur Textilsauna wurde. „Kam nicht so gut an – die Herrschaften saunieren lieber nackt“, sagt Schröder schmunzelnd. Dabei sind selbst die Finnen in gemischten öffentlichen Saunen bekleidet. Den Zahlen merke man, so Bürgermeister Andreas Friedrich (ÜWG) zufrieden, den Ärger über den veränderten Saunabereich – jetzt eher Wellnessbereich – nicht an.
Die runderneuerte Technik soll 20 Prozent Energie und entsprechend Kosten sparen. Ob das Ziel erreicht wird, weiß Schröder noch nicht, die Abrechnung 2024 hat er bisher nicht vorliegen. Damit begnügen will sich der Chef der Chiemsee Marina ohnehin nicht. Die Fördermittel für eine Photovoltaikanlage auf den Gebäuden der Stippel-Werft ist schon gestellt, die Seewasser-Wärmepumpe wird immer konkreter. „Wir wollen möglichst schnell mit den Projekten beginnen“, so Schröder. Dazu wird dann ein neues Technikgebäude benötigt, denn der Technik-Keller unter dem Prienavera, ohnehin nicht üppig wegen des hohen Grundwasserspiegels, ist voll.
Und dann, dann nimmt Schröder mit seinem Team die Attraktivitätssteigerung des Freizeitbades in Angriff. Denn auch da muss nach fast 30 Jahren etwas passieren. Schicke Architektur hin, Blick auf See, Inseln und Berge her – das ist natürlich ein Pfund, mit dem das Prienavera wuchern kann. Sich alleine darauf auszuruhen, kommt für Schröder aber gar nicht in Frage.
Da wird die Marktgemeinde noch einmal viel Geld in die Hand nehmen müssen. „Ja, den ‚Luxus‘ eines solchen Bades muss man sich leisten können und wollen“, sagt dazu der Bürgermeister. Denn die Gemeinde investiert nicht nur, sie schießt auch jährlich 1,2 bis 1,5 Millionen Euro zum Prienavera dazu, deckt das Defizit. Im Gegensatz zu anderen Kommunen bundesweit, die mehr und mehr Schwimmbäder schließen. Friedrich: „Aber wo soll sonst die Wasserwacht ihre Ausbildung machen? Wo sonst sollen Kinder schwimmen lernen.“
