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Gefahr am Schulweg in Prien

„Muss erst ein schlimmer Unfall passieren?“ – Eltern besorgt um Kinder auf Bernauer Straße in Prien

Kleines Kind auf dem Fahrrad zwischen Autos
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Jeden morgen bibbern: Der Schulweg an der Bernauer Straße in Prein ist kein Kinderspiel.

Jeden Morgen kommt es an der Bernauer Straße in Prien am Chiemsee zu brenzligen Situationen, wenn sich radelnde Schüler und LKWs begegnen. Viele Eltern sind deshalb verärgert. Sind Parkplätze am Straßenrand etwa wichtiger als Radwege?

Prien am Chiemsee – „ABSTAND!“, heißt es in großen roten Lettern auf einem Schild am Straßenrand: „Innerorts min. 1,5 m“. Damit werden Autofahrer am Ortseingang nach Prien aufgefordert, ausreichend Platz für Radfahrer zu lassen. Etwas weiter auf der Bernauer Straße sieht die Situation ganz anders aus: Jeden Tag kommt es hier zu brenzligen Situationen, wenn sich Fahrradfahrer und Autos begegnen. Das Problem sind die fehlenden Fahrradwege auf der Hauptverkehrsstraße durch Prien.

„Der Fokus liegt nicht auf den Kindern“

Auf Höhe der Esso-Tankstelle kann man unter der Woche jeden Morgen ab halb acht das Spektakel beobachten. „Zu Schulzeiten ist hier die Hölle los“, berichtet ein Anwohner. „Hier rollt alles durch und der Fokus liegt nicht auf den Kindern, die zur Schule müssen.“ Der Fußgängerweg ist mit Schulkindern und Passanten belegt. Kinder, die mit dem Fahrrad zur Freien Waldorfschule wollen, müssen auf der Straße fahren. Dort ist von eineinhalb Metern Abstand nichts zu spüren: Autos und LKWs fahren auf ihrem morgendlichen Weg knapp an den Fahrradfahrern vorbei.

Die Gemeinderätin der Grünen, Sonja Werner, hat selbst Kinder an der Waldorfschule. „Als Mutter frage ich mich, ob erst ein schlimmer Unfall passieren muss, bevor die Schulwegsicherheit unserer Kinder mit der nötigen Priorität behandelt wird?“, sagt sie. Sie werde auch häufig von anderen Eltern angesprochen, die sich bei ihr erkundigen: „Warum passiert da nichts?“

„Eine Lösung muss dringend her“

Hannah Martens ist ebenfalls Mutter und hat Kinder an der Schule. Sie ist mit der Situation an der Bernauer Straße unzufrieden: „Autofahrer überholen viel zu nah und halten zu wenig Abstand. Ein Kind müsste nur minimal ausscheren und schon würde es vom Auto erfasst werden.“ Gerade in der Früh sei das Problem am größten, da die Autofahrer ungeduldig werden und die Radfahrer „überholen, wenn eigentlich zu wenig Platz ist“, erzählt Martens aufgebracht. Die Mutter plädiert für eine Einbahnstraße mit abgetrenntem Fahrradweg: „Eine Lösung muss dringend her, um die Sicherheit unserer Kinder nicht weiter zu gefährden.“

Jeden Morgen ist viel auf der Bernauer Straße los.

Das Thema Fahrradwege wird regelmäßig im Gemeinderat diskutiert. Die Situation an der Bernauer Straße ist laut Sonja Werner „ein Graus“. Nach Ansicht der Grünen Gemeinderatsfraktion sollte die bessere Aufteilung des öffentlichen Raums für Autofahrer, Radler und Fußgänger oberste Priorität in der gemeindlichen Verkehrspolitik bekommen. Werner sieht eine Lösung in Tempobegrenzungen im Zentrum sowie breiten, deutlich markierten Radangebotsstreifen. Außerdem könnte ein Einbahnstraßen-Ring durch Prien für zusätzliche Sicherheit sorgen.

Ohne Parkplätze am Straßenrand mehr Platz und Sicherheit

Die Fraktionsvorsitzende der CSU, Annette Resch, unterstützt grundsätzlich die Forderung zum Ausbau der Radverkehrsverbindungen. Nach Resch sieht die CSU-Fraktion eine Erleichterung der Verkehrssituation durch den Bau zweier Parkhäuser am Bahnhof und im Bereich der Beilhackstraße. Dadurch könnten viele der bisherigen Parkplätze, vor allem am Straßenrand, wegfallen. Das würde Platz und Sicherheit schaffen.

Ob diese Maßnahmen zu einer Verbesserung der Situation an der Bernauer Straße führen würden, ist fraglich: An den Gefahrenstellen gibt es wenige Parkplätze, die direkt an der Straße liegen. „Aufgrund der baulichen Gegebenheiten wird es wahrscheinlich nie möglich sein, dass jede Straße über einen optimalen Geh- und Radweg verfügt“, so Resch. „Das Mindestziel sollte allerdings sein, dass man ein sicheres Wegenetz durch den ganzen Ort schafft, damit man vor allem mit Kindern sicher ans Ziel kommt.“

Sofortmaßnahmen scheitern an mehreren Hürden

Sofortmaßnahmen wie ein Tempolimit scheitern an mehreren Hürden. Das größte Problem ist die Zuständigkeit: „Die Bernauer Straße ist eine Staatsstraße“, erklärt Andreas Friedrich, Bürgermeister der Marktgemeinde Prien. „Daher liegt die Zuständigkeit beim Staatlichen Bauamt in Rosenheim.“ Es gibt Überlegungen zu einer innerörtlichen Umfahrung. Diese scheiterten allerdings bisher an Grundstücksverhandlungen. „Derzeit ist die Umfahrung ein reiner Überlegungsprozess auf Grundlage von Skizzen“, so Friedrich. Einen Antrag an das Staatliche Bauamt in Rosenheim gab es noch nicht.

Knapp verfehlt: Selbst junge Kinder, die noch auf dem Bürgersteig fahren dürfen, sind nicht sicher vor den Autos.

Anfragen bezüglich eines Tempolimits fanden nach Friedrich bisher ebenfalls nicht statt. Erfolglose Vergleichsfälle gab es bereits in Nachbargemeinden. Nach aktuellem Stand besteht dafür „keine Rechtsgrundlage“, führt der Bürgermeister aus. „Der Bund sagt die Geschwindigkeit innerorts beträgt 50 km/h.“ Ausnahmen gibt es nur in begründeten Einzelfällen.

Allein auf die Schule bezogen gibt es ein rein formales Problem: „Um die Waldorfschule herum ist Tempo 30“, erklärt Friedrich. Der Haupteingang der Schule geht nicht auf die Bernauer, sondern auf eine Nebenstraße. Deshalb ist die Notwendigkeit einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Staatsstraße schwer zu begründen, so Friedrich. Faktisch kommen die meisten Schulkinder aber über die Bernauer Straße, auf der Tempo 50 gilt.

200 Millionen Euro für Fahrradwege

Auf Nachfrage des OVB gibt die Pressestelle des Staatlichen Bauamts Rosenheim an, dass der Ausbau der Radwegeinfrastruktur der Bayerischen Staatsregierung ein besonderes Anliegen sei und deshalb besonders gefördert werde. „Im Rahmen des Radwegebauprogramms 2020-2024 investierte und investiert der Freistaat insgesamt 200 Millionen Euro“, so das Bauamt. Ob und inwieweit in Ortsdurchfahrten, entlang von Bundes- oder Staatsstraßen, Geh- und Radwege gebaut werden können, hängt von individuellen Faktoren ab.

Die Frage nach möglichen Sofortmaßnahmen, wie einem Tempolimit auf der Bernauer Straße, lässt das Staatliche Bauamt Rosenheim unbeantwortet. Es verweist lediglich darauf, dass Gemeinden die Möglichkeit haben „im nachgeordneten Verkehrsnetz eigene verkehrliche Maßnahmen zu ergreifen“. Diese müssen allerdings mit dem Landratsamt Rosenheim abgestimmt werden.

Nicht immer ist genug Platz, um großräumig auszuweichen.

Eigene Verkehrsmaßnahmen konnte die Marktgemeinde Prien laut Bürgermeister Friedrich gegenüber dem Landratsamt Rosenheim bereits „unter Vorbehalt“ durchsetzen: An der Beilhackstraße sei die Geschwindigkeit im Bereich zweier Kinderkrippen auf 30 km/h reduziert worden.

Prien schließt sich Initiative für Tempolimit an

Um mehr Handhabe über Geschwindigkeitsbegrenzungen bei der Staatsstraße zu erlangen, habe sich die Marktgemeinde Prien dieses Jahr bereits dem Bündnis „Lebenswerte Städte und Gemeinden durch angepasste Geschwindigkeiten“ angeschlossen. Das Bündnis setzt sich für kommunale Handlungsfreiheit bei der Anordnung innerörtlicher Höchstgeschwindigkeiten ein. Laut Webseite des Bündnisses engagieren sich bereits knapp 1000 Städte, Gemeinden und Landkreise für die Initiative. Ob das eine Verbesserung für die Bernauer Straße bringt, bleibt offen.

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