Entscheidung bis Ende Februar
Befangenheit im Aschauer Mordprozess: Wann in Traunstein der Neustart der Verhandlung droht
Erwartbares Bremsmanöver oder harter Schlag fürs Landgericht? Der Befangenheitsantrag, den Anwältin Regina Rick am Montagabend gegen die Zweite Jugendkammer des Landgerichts einreichte, könnte den „Eiskeller“-Prozess stoppen. Wie es nun weitergeht.
Aschau/Traunstein – Es sind acht Seiten, die es in sich haben können. „In der Strafsache gegen T., Sebastian, lehnt der Angeklagte die Vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler sowie die Richterin am Landgericht Bartschmid sowie den Richter am Landgericht Salinger wegen Besorgnis der Befangenheit ab.“
So beginnt der Schriftsatz, den Verteidigerin Regina Rick am Montagabend einreichte. Auslöser für die „Besorgnis der Befangenheit“: eine E-Mail-Korrespondenz zwischen Richterin Aßbichler und Staatsanwalt Wolfgang Fiedler, hinter der Regina Rick unzulässige Absprache vermutet. Darüber hinaus hegt sie den Verdacht, es seien entlastende Gutachten unterdrückt worden.
Mordprozess um Hanna: Weitere Termine gestrichen
Nach der Absage der Verhandlung für Dienstag, 20. Februar, wurde daraufhin auch der Donnerstag, 22. März, aus dem Prozesskalender gestrichen. Was nun folgt, ist vorgeschrieben: Die Zweite Jugendkammer muss eine so genannte dienstliche Stellungnahme verfassen. Dieses Dokument steht noch aus (Stand 21. Februar). Die Stellungnahme muss auch dem Staatsanwaltschaft und der Verteidigung zur Stellungnahme zugeleitet werden.
Erwartbares Bremsmanöver der Verteidigung, wie Nebenkläger-Anwalt Walter Holderle glaubt? Er sieht die Vorwürfe von Anwältin Rick als nicht gerechtfertigt an. Oder ist der Antrag doch ein schwerer Schlag?
Wer tötete Hanna? Nun droht der Start bei Null
Darüber wird auch Heike Will zu entscheiden haben. Sie ist Vorsitzende nicht nur der Ersten Strafkammer des Landgerichts, sondern auch der Ersten Jugendkammer. In letzterer Eigenschaft wird sie zusammen mit ihren Kollegen der Ersten Kammer und dem einen Mitglied der Zweiten Kammer, gegen das sich der Antrag nicht richtet, eine schwerwiegende Entscheidung treffen: Sie wird beurteilen, ob die Sorge der Verteidigung begründet ist. Senkt sie den Daumen, sind Jacqueline Aßbichler und möglicherweise ihre zwei genannten Kollegen draußen. Und: Der Prozess wäre wahrscheinlich neu zu starten.
Es sind dramatische Tage in diesem Verfahren, das seit seinem Beginn am 12. Oktober 2023 bereits 31 Verhandlungstage erlebte. Wie geht es nun weiter? „Bei realistischer Betrachtung ist mit einer Entscheidung Ende nächster Woche (29. Februar oder 1. März), spätestens aber Anfang übernächster Woche zu rechnen, da über den Befangenheitsantrag binnen zwei Wochen entschieden werden muss“, sagte Gerichtssprecherin Cornelia Sattelberger auf OVB-Anfragen.
Das Landgericht steht vor Termin-Debakel
Sieht die Erste Kammer Jacqueline Aßbichler als unbelastet an, könnte es übernächste Woche weitergehen – also möglicherweise am 5. März. Eine baldige Fortsetzung der Verhandlung wäre nach Cornelia Sattelbergers Annahme auch möglich, wenn Jacqueline Aßbichler sich zwar zurückziehen müsste, aber die Kollegen weitermachen dürften. Den Vorsitz dürfte dann Heike Will übernehmen.
Anders liegt der Fall, wenn die Sorgen in allen drei Positionen der Kammer auszuräumen waren. Dann steht das Landgericht vor einem Termin-Debakel. Wenn die Zweite Kammer in den Augen der Kollegen in der Ersten Kammer im Großen und Ganzen disqualifiziert wäre, müsste der Prozess neu aufgerollt werden, diesmal vor der Ersten Jugendkammer.
Und das kann dauern. Termine sind am Landgericht Traunstein schon jetzt so rar und so schwierig zu koordinieren, dass der Aschauer Mordprozess schon bislang immer wieder mal schlingerte.