Anlässlich des 150-jährigen Jubiläums
Politische Neutralität verletzt? Freie Wähler boykottieren Veranstaltung der Panger Feuerwehr
Die Freiwillige Feuerwehr Pang feiert Ende des Monats ihr 150-jähriges Bestehen. Jetzt beschuldigen die Freien Wähler/UP den Verein, die Neutralitätspflicht verletzt zu haben. Grund ist eine CSU-Veranstaltung, die auf dem Programm angekündigt wird. Ein Missverständnis?
Rosenheim - Robert Multrus hält mit seiner Meinung nicht hinterm Berg. Auch dann nicht, wenn es um die Freiwillige Feuerwehr Pang geht. Die hatten am Montag, 3. April, per Schreiben zu ihrem 150. Gründungsfest eingeladen, samt Programmübersicht. Geplant ist ein Bieranstich mit der Blaskapelle am Wasen, eine Party mit den „Dorfrockern“, ein Kabarettabend mit Wolfgang Krebs, ein Feldgottesdienst und - am Montag, 1. Mai, ein politischer Abend mit der CSU Pang und der bayerischen Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber.
Gratulation und Absage in einem Schreiben
Es ist vor allem dieser letzte Programmpunkt, an dem sich der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler/UP stört. „Wir sehen die auch für Freiwillige Feuerwehren gebotene politische Neutralität missachtet“, heißt es in Multrus‘ Antwortschreiben an Thomas Fischbacher, Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr Pang, und Kommandant Günter Scholz. Zwar lobt Robert Multrus das Engagement der Freiwilligen Feuerwehr, gratuliert ihnen zum 150-jährigen Bestehen und hebt hervor, dass sich die Kameraden mit „großem Engagement“ für das Wohl der Allgemeinheit einsetzen. Im gleichen Atemzug merkt er aber auch an, dass weder er noch seine Fraktionskollegen an der Festveranstaltung teilnehmen werden.
Verständnis dafür hat die Vorstandschaft der Freiwilligen Feuerwehr Pang nicht. Aus mehreren Gründen. So hat die Feuerwehr aufgrund ihres 150. Jubiläums beschlossen, eine Festwoche mit einem großem Programm für die Bevölkerung zu organisieren. „Die CSU Pang hat angefragt, ob sie im Anschluss an diese Festwoche, das Zelt für eine politische Veranstaltung nutzen könnte. Diese politische Veranstaltung ist reine Sache der CSU“, teilt die Vorstandschaft auf OVB-Anfrage mit. Auch die Auswahl der Rednerin - Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber - beruhe auf der Entscheidung der CSU.
Große Resonanz bei Bauernverbänden und Landwirten
Das bestätigt Ulrike Plankl, Vorsitzende des CSU Ortsverbands Pang. „Es handelt sich um zwei unabhängige Veranstaltungen“, sagt sie. Ursprünglich habe Ministerpräsident Markus Söder sein Kommen angekündigt. Weil dieser aufgrund mehrerer Maibaum-Aufstellungen jedoch absagen musste, habe sich Michaela Kaniber bereit erklärt. Die Resonanz bei den Bauernverbänden, Landwirten und Fischereivereinen sei daraufhin groß gewesen. „Vier Seiten mit den verschiedensten Anliegen sind bereits zusammengekommen“, sagt Plankl. Von dem Vorwurf, Wahlkampf zu betreiben, distanziert sich die Vorsitzende. Auch sie weist daraufhin, dass die Feuerwehr mit der Veranstaltung am Montag, 1. Mai, nichts zu tun hat.
Wie kommt die CSU-Veranstaltung aufs Festplakat?
Bleibt die Frage, warum der politische Abend mit der CSU Pang dann auf dem Plakat der Feuerwehr beworben wurde. „Diese Veranstaltung auf die offiziellen Plakate der Festveranstaltung der Feuerwehr zu nehmen, war von Seiten der Feuerwehr vielleicht ein Fehler. Es sollte einfach dargestellt werden, was zu dieser Zeit in Pang alles geboten ist“, heißt es vonseiten der Vorstandschaft der Freiwilligen Feuerwehr. Die Einsatzkräfte seien seit 150 Jahren ununterbrochen für die Bevölkerung von Pang und darüber hinaus im Einsatz - für alle Bürger unabhängig von Geschlecht, Nationalität oder politischer Ausrichtung.
„Es ist mehr als verwunderlich, wegen eines kleinen Fehlers das Engagement von durchwegs ehrenamtlichen Männern und Frauen zu boykottieren, indem man hier - vermutlich aus parteipolitischem Kalkül in Zusammenhang mit den bevorstehenden Landtagswahlen - medial solche Unterstellungen aufwirft“, heißt es in der Stellungnahme der Freiwilligen Feuerwehr Pang. Es sei zudem „mehr als traurig“, dass gewählte Stadträte, die als Ehrengäste zum Totengedenken und dem Fest- und Ehrenabend eingeladen wurden, diesem fern bleiben. Stattdessen hätte man sich ein persönliches Gespräch vonseiten der Freien Wähler/UP gewünscht. „Wir distanzieren uns vehement davon, parteipolitisch nicht neutral zu sein“, fügt die Vorstandschaft hinzu.
Kritik auch aus den Reihen weiterer Parteien
Doch auch bei den anderen Fraktionen im Stadtrat haben die offiziellen Plakate der Feuerwehr, auf denen die CSU-Veranstaltung beworben wurde, für Stirnrunzeln gesorgt. „Wir sehen die gebotene parteipolitische Neutralität verletzt“, teilt SPD-Fraktionsvorsitzender Abuzar Erdogan auf OVB-Anfrage ebenso mit. Er sei von dem Vorgehen negativ überrascht gewesen, zumal sich neben den Freien Wählern/UP auch die SPD im Rahmen der Feuerwehrbedarfsplanung für die Interessen der Stadtteilfeuerwehren stark gemacht habe. „Wir als SPD wollen aber das Agieren einzelner Funktionäre nicht der gesamten Panger Feuerwehr anlasten. Einen kompletten Boykott lehnen wir daher ab“, sagt er. Auch weil die freiwilligen Feuerwehren eine wichtige Säule des Brand- und Katastrophenschutzes seien, aber auch zum gesellschaftlichen Zusammenleben beitrügen.
Härter fällt das Urteil bei Andreas Kohlberger aus. „Ich finde, die Feuerwehren sollten die politische Neutralität bewahren und deshalb werde ich auch nicht teilnehmen, so sehr ich die Arbeit der Wehren schätze“, sagt der Fraktionsvorsitzende der AfD. Zurückhaltender äußern sich die Rosenheimer Grünen: „Grundsätzlich ist eine Veranstaltung einer politischen Partei im Anschluss eines Vereinsjubiläums nicht unüblich, um die Infrastruktur zu nutzen“, sagt Fraktionsvorsitzender Peter Rutz auf OVB-Anfrage. Seines Wissens seien beiden Veranstaltungen „wirtschaftlich sauber getrennt“. Aber auch er macht deutlich: „Auf dem Festprogramm sollte eine rein politische Veranstaltung eigentlich nicht erscheinen.“
Skandalfreies und freudiges Jubiläum
Trotz des Tumults freuen sich die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Pang auf ein „skandalfreies, freudiges und erfolgreiches Jubiläum“ - jedoch ohne die Freien Wähler/UP und den AfD-Fraktionsvorsitzenden Andreas Kohlberger.
Das sagt Rechtsanwalt Uwe Peetz, Geschäftsführer des Landesfeuerwehrverbands Bayern:
Feuerwehren seien aufgrund ihrer Geschichte und ihrer engen Verflechtung mit der Politik in den Kommunen, im Kreis, im Land und im Bund ein wichtiger Faktor im gesellschaftlichen Leben, sagt Uwe Peetz. „Die Vernetzung von Feuerwehr mit der Politik hängt eng mit den staatlichen kommunalen Aufgaben zusammen, die von ihr wahrgenommen werden.“ Damit sich diese Verzahnung nicht negativ auf das Image und Ansehen der Feuerwehren auswirke, sei es wichtig, die politische Neutralität in der Arbeit und im Selbstverständnis der Feuerwehren zu betonen.
Mit politischer Neutralität sei vor allem gemeint, dass Menschen unabhängig von ihrer politischen Haltung, ihrem Lebensstil, Aussehen, Herkunft und Geschlecht geholfen wird. „Daneben kann es selbstverständlich auch eine parteipolitische Unabhängigkeit geben und zwar dergestalt, dass keine aktive Werbung für einzelne Parteien oder deren Funktionäre erfolgen soll“, sagt der Geschäftsführer des Landesfeuerwehrverbands Bayern.
Im Umkehrschluß bedeutet Neutralität ihm zufolge also nicht, dass die Feuerwehren keinen aktiven Beitrag zur Demokratie in diesem Land leisten können oder gar sollten. „Daher sehe ich zusammenfassend in dem politischen Abend weder ein politisches Bekenntnis noch eine Wahlempfehlung für die Einsatzabteilung oder den Feuerwehrverein und halte diesen für unbedenklich“, so Peetz weiter.
