Trockener Jahresbeginn
Niedriger Wasserpegel am Chiemsee: Auswirkungen auf Schifffahrt, Natur und Fischer
Wenig Wasser im Chiemsee – wenig Schnee auf den Bergen, der den See füllen könnte: Wer bekommt den niedrigen Wasserpegel von 517,77 Metern derzeit am stärksten zu spüren? Wir haben bei Schifffahrt, Fischereien und beim Bund Naturschutz nachgefragt.
Prien – „Wir beobachten das nicht erst seit Tagen, sondern schon seit einigen Wochen“, sagt Michael Feßler, Betreiber der Chiemsee-Schiffahrt. Es sei für die Jahreszeit nichts Ungewöhnliches, so Feßler, „erfahrungsgemäß kommt dann was aus der Schneeschmelze – aber da sieht es nach wenig Potenzial aus“. Als mittlerer Seepegel gibt das Umweltamt 518,20 Meter über dem Meeresspigel an, aktuell sind es 517,77 Meter. Im Moment störe der niedrige Pegel die Schifffahrt auf dem Chiemsee noch nicht. „Für uns ist das wichtigste, dass die Insulaner versorgt sind, dass Gäste auf die Insel kommen“, erklärt Feßler.
Ab Mai werden aber auch andere Anlegestellen angefahren. Da sind zwei kritische Anlegestellen dabei: Feldwies und Seebruck. „Alle anderen machen keine Probleme, aber wir beobachten das sehr sorgfältig“, sagt Feßler. Bei einem zu niedrigen Pegel könnten also möglicherweise ab Mai zwei Anlegestellen nicht angefahren werden. Aktuell bringe der niedrige Pegel für Feßlers-Team sogar eher Vorteile: „Die Arbeiten an den Stegen können wir so leichter durchführen.“
Umweltamt: Niedrigwasserlage weitet sich aus
Anfang März veröffentlichte das Bayerische Landesamt für Umwelt einen Niedrigwasserbericht. „Im bisherigen hydrologischen Winterhalbjahr (01.11.2024 bis 28.02.2025) waren die Monate November, Dezember sowie Februar zu trocken und der Gebietsniederschlag erreicht derzeit in Südbayern 202mm (72 Prozent vom Mittel 1971 bis 2000)“, heißt es darin. Die Verhältnisse in den bayerischen Alpen seien sehr trocken, auf der Zugspitze liegen 110 Zentimeter Schnee – so wenig wie zuletzt 1942. Der Bericht schließt mit den Worten: „Die Niedrigwasserlage wird sich zunächst ausweiten.“
Der tiefste Pegelstand der jemals an der Messstelle Stock gemessen wurde, sind 517,59 Meter über dem Meeresspiegel und war am 10. Januar 1909. Der Tiefstwert für den März war im selben Jahr bei 517,61 Metern, gefolgt vom 06. März 1963 (517,62 Meter), 11. März 1996 (517,67 Meter) und dem 01. März 1930 (517,70 Meter)
Chiemsee sticht ins Auge, aber überall fehlt Wasser
Beate Rutkowski vom BUND Naturschutz in Traunstein merkt an, dass aktuell überall das Wasser fehle, „der Chiemsee fällt ins Auge, aber es sind alle Natursysteme von der Trockenheit betroffen“. Im Chiemsee habe es Auswirkungen auf die Fische, die im Uferbereich ihre Eier ablegen und die dann eventuell trocken fallen könnten. Gleiches gelte für Muscheln, wenn sich das Wasser noch weiter zurückzieht.
Insgesamt sei die trockene Situation kritisch, „gerade jetzt in der Wachstums- und Keimzeit, da brauchen die Samen Feuchtigkeit“, weiß die Biologin. Für die Fische sei es im See, aber vor allem in den Flüssen ein Problem, wenn die Temperatur des Wassers steige. „Fischlarven sind auf bestimmte Temperaturen angewiesen. Je kühler das Wasser ist, desto höher ist der Sauerstoffgehalt. Je niedriger der Wasserpegel, desto höher ist die Temperatur“, beschreibt Rutkowski die Zusammenhänge.
Für Florian Kirchmeier von der Fischereigenossenschaft Chiemsee ist die Lage entspannt: „Für die Jahreszeit ist Niedrigwasser normal. Es ist zwar extrem niedrig, aber es wäre schlechter, wenn der Pegel höher wäre als gewöhnlich.“ Für die Fischerei gebe es aktuell keine Probleme, er mache sich auch wenig Sorgen um den wenigen Schnee. „Wenn es in den Bergen mal drei oder vier Tage regnet, kann das ganz schnell gehen, dass der Pegel um ein paar Zentimeter steigt“, sagt Kirchmeier.
Auch um die Larven der Fische macht er sich keine Gedanken: „Die Fische passen sich an, die legen ihre Eier dort ab, wo es ihnen am besten taugt“. Vor fünf Jahren klagten dagegen die Fischer des Simssee, dass der Renke der Sauerstoff ausgehe. Rutkowski betonte dagegen, dass die Auswirkungen des Klimawandels auch immer sichtbarer im Chiemgau werden: „Diese Trockenperioden passieren immer regelmäßiger, ein klarer Hinweis auf den Klimawandel.“
Redaktioneller Hinweis
In einer früheren Version war der Tiefstwert des Chiemsees auf 2009 datiert, wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

