Experte über Neubeuerns Kunst-Phänomen
Ist das Kunst oder kann das weg? – Das sagt ein Yale-Professor über Mini-Picasso Laurent
Was macht einen guten Künstler aus? Und lohnt es sich, in Kunst zu investieren? Für die Werke von Laurent Schwarz, dem Mini-Picasso aus Neubeuern, zahlen Kunstliebhaber aus aller Welt horrende Summen. Dr. Prof. Magnus Resch, Kunstökonom und Yale-Professor, erklärt das Phänomen.
Neubeuern/New York – „Mini-Picasso“ Laurent Schwarz aus Neubeuern polarisiert. Während die einen den Dreijährigen als Kunsttalent feiern und fünfstellige Summen für seine Werke zahlen – das Höchstgebot für sein unverkäufliches Erstwerk „The Fingers“ liegt sogar bei 325.000 Euro –, kritisieren andere seine Werke als kindliches Gekritzel und wettern über das Marketing der Eltern.
Kunstmarkt-Ökonom klärt auf
Magnus Resch ist Unternehmer, Autor und Professor für Kulturmanagement. Er lehrt an der Yale Universität (USA) und an der Universität St. Gallen (Schweiz). Resch promovierte in Ökonomie und studierte in Harvard, an der London School of Economics und in St. Gallen. Heute berät der Kunstökonom Galeristen und Künstler. Im OVB-Interview erklärt er, wie wichtig das richtige Marketing auf dem hart umkämpften Kunstmarkt ist.
Herr Resch, was sagen Sie zu den Werken von Mini-Künstler Laurent Schwarz? Ist das Kunst oder kann das weg?
Magnus Resch: Kunst ist heute mehr als nur das, was auf der Leinwand oder im Rahmen zu sehen ist. Es ist auch das Narrativ, das um das Werk entsteht, und genau hier spielt Social Media eine zentrale Rolle. Insofern, ja, das ist Kunst – aber eben auch ein Produkt der heutigen Medienwelt.
Warum verkaufen sich die Bilder des Dreijährigen so gut?
Resch: Die Geschichte hinter den Bildern ist hier entscheidend. In einer Welt, in der Inhalte in sozialen Netzwerken ständig geteilt werden, zieht die Kombination aus Überraschung, Investment-Potenzial und einer gehypten Geschichte die Aufmerksamkeit auf sich. Das „Wunderkind“-Narrativ verstärkt den Wert der Werke – nicht unbedingt aus rein künstlerischer Perspektive, sondern durch die Faszination der Öffentlichkeit.
Gibt es Wunderkinder in der Kunst?
Resch: Kunst ist rein subjektiv, deswegen gibt es auch nicht den „besten Künstler“. Das ist im Sport anders, wo man viel leichter objektiv bewerten kann, ob ein Kind deutlich besser ist als seine Altersgruppe. Ein Tiger Woods war zum Beispiel ein Wunderkind, weil er deutlich besser spielte als alle anderen. In der Kunst gibt es das nicht, denn ohne Vermarktung hätten viele dieser „Wunder“ kaum das gleiche Publikum.
Warum wollen die Menschen an Wunderkinder glauben?
Resch: Menschen lieben außergewöhnliche Geschichten. Das Bild eines jungen Kindes, das bereits Großes vollbringt, weckt Emotionen und Hoffnung. Es vermittelt das Gefühl, dass in jedem von uns unentdeckte Talente schlummern könnten. Außerdem haben solche Geschichten eine gewisse Leichtigkeit, die in der heutigen, oft hektischen Welt als wohltuend empfunden wird. Und natürlich spielt der Investment-Gedanke eine große Rolle. Handelt es sich hierbei vielleicht um den nächsten Andy Warhol.? Also kann ich mein Investment verhundertfachen in wenigen Jahren?
Ist Kunst, insbesondere die von Laurent, denn ein gutes Investment für die Zukunft?
Resch: Nein, es ist kein gutes finanzielles Investment. Das trifft aber für 99,9 Prozent aller Kunst zu. Kunst zu kaufen, ist ein Investment in sich selbst, denn Kunst liefert Inspiration, Freude und man unterstützt einen Künstler. Wer Kunst als Geldanlage kauft, ist schlecht beraten.
Steht Kunst überhaupt noch für sich oder geht ohne gutes Marketing gar nichts?
Resch: Heutzutage geht es in der Kunst nicht mehr nur um das Werk an sich, sondern auch darum, wie es präsentiert und vermarktet wird. Ohne gutes Marketing – und das schließt Social Media ausdrücklich mit ein – erreichen viele Künstler und Kunstwerke nicht die Öffentlichkeit, die sie verdienen.