Polizei äußert sich zu Unfällen in der Region
„Die Zahl ist nicht dramatisch, die Folgen sind es“: Was Unfälle beim Überholen so gefährlich macht
„Es ist immer menschliches Versagen.“ Sagt Stefan Sonntag. Der Hauptkommissar vom Polizeipräsidium Oberbayern Süd erklärt, warum missglückte Überholmanöver so häufig und so lebensgefährlich sind.
Neubeuern/Rohrdorf – Klassischer geht es kaum: ein Traktor zuckelt morgens um halb acht über die Staatsstraße, im Schlepp reichlich Autofahrer auf dem Weg in die Arbeit. Und denen reißt irgendwann der Geduldsfaden, das große Überholen setzt ein. Wie so häufig ging das auch am Dienstag, 15. Oktober, zwischen Rohrdorf und Neubeuern nicht gut, es kam zu einem Frontalzusammenstoß.
Am Dienstagmorgen (15. Oktober) kam es zwischen Rohrdorf und Neubeuern zu einem Unfall auf der St2359.




Keine 24 Stunden zuvor war es auf der gleichen Staatsstraße, gute zehn Kilometer weiter nördlich zwischen Zaisering und Vogtareuth, ebenfalls zu einem Unfall bei einem Überholmanöver gekommen. Und am Dienstagnachmittag ging es auf der B15 bei Schechen rund, dort brannte nach ersten Angaben nach einem Frontalunfall bei Mühlstätt sogar ein Fahrzeug. Zwei Personen wurden schwer verletzt aus ihren Autos befreit.
Die Unfälle bei Zaisering und Schechen mit lebensbedrohlich oder schwer verletzten Personen sind laut Stefan Sonntag, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Rosenheim, mit ihren heftigen Folgen typischer bei Unfällen, deren Ursache im Überholen oder Vorbeifahren liegt, als der bei Neubeuern. „Die Zahl dieser Unfälle ist nicht dramatisch hoch, die Folgen aber sind meist dramatisch schlimm“, sagt Sonntag.
Warum? „Wenn beide Fahrzeuge mit 100 Kilometern pro Stunde unterwegs sind, dann ist es beim Frontalzusammenstoß so, als führe man mit 200 gegen eine Betonwand“, erklärt Sonntag. Schwere bis tödliche Verletzungen seien meist die Folge.
Unfälle beim Überholen sind laut Sonntag gerade im ländlichen Raum eine der häufigsten Unfallursachen. Fast immer seien diese Unfälle auf menschliches Versagen beziehungsweise Leichtsinn zurückzuführen. Da wird an einer Stelle überholt, an der die Sicht nicht weit genug ist, oder der Abstand des entgegenkommenden Fahrzeugs wird falsch eingeschätzt „und dann ist es sehr, sehr schnell passiert“.
Unfall vermeiden? Fast nicht möglich
Zumal die Chancen, einen solchen Unfall durch schnelle Reaktion zu vermeiden, ausgesprochen gering sind. Mit Glück kann der zu forsche Überholer wieder in seine Spur einscheren, ohne die Kontrolle über sein Fahrzeug zu verlieren. Sonst wird es (zu) eng.
Denn normalerweise sind beide Fahrbahnen durch die dort fahrenden Autos oder Lkw blockiert. Wohin soll der entgegenkommende Fahrer ausweichen? Wohin der Überholende? Selbst der Ritt ins freie Feld kann bei 100 Kilometern pro Stunde gründlichst schief gehen – auch ohne Bäume am Straßenrand. „Ein entgegenkommendes Auto auf der gleichen Fahrbahn – das sind die gefährlichsten Momente, die man als Autofahrer erleben kann“, sagt Sonntag.
Viele Menschen im Einsatz
Selbst bei vergleichsweise harmlosen Unfällen, wie dem im morgendlichen Berufsverkehr zwischen Rohrdorf und Neubeuern mit zwei Leichtverletzten und jeder Menge Blechschaden, ist das Hinterherräumen aufwendig. Andreas Heibl, Kommandant der Feuerwehr Neubeuern, spricht von sechs Fahrzeugen der Wehren Neubeuern und Rohrdorf, insgesamt rund drei Dutzend Feuerwehrleuten. Dazu mindestens zwei Rettungs- und zwei Notarztwagen sowie die Polizei. Macht nochmal etwa ein Dutzend Einsatzkräfte.
Zu tun war am Dienstagvormittag nicht allzu viel, findet Heibl, „das Übliche: Absperren, absichern, reinigen“. Nach einer halben Stunde war die Staatsstraße wieder frei. Am Tag zuvor waren die Einsatzkräfte bei Zaisering rund fünf Stunden zugange.
