Vom Krippenbauen und Krippenschauen
Michael Reinthaler und Peter Bichler aus Bad Endorf bauen Weihnachtskrippen
Eine Geschichte über Männer, für die das ganze Jahr über ein bisschen Weihnachten ist. Michael Reinthaler und Peter Bichler sind Krippenbauer in Bad Endorf. Und sie teilen ihre Leidenschaft für Krippen in einer großen Krippenschau in Bad Endorf bis Heilige Drei Könige in 17 Schaukästen mit Einheimischen und Gästen von nah und fern.
Bad Endorf – Wenn sich im Spätherbst die Blätter bunt färben, wenn der Föhn die letzten warmen Lüfte des Jahres über die Alpen trägt und die Berggipfel in den Chiemgauer Bergen schon manchmal eine kleine weiße Mütze tragen, dann, ja dann beginnt Weihnachten. Jedenfalls für die Bad Endorfer Michael Reinthaler und Peter Bichler. Reinthaler ist Schreinermeister und Bichler eigentlich Elektriker. Letzterer nennt eine große Werkstatt daheim sein Eigen und genau in der grübeln die beiden, welche Krippen sie als Nächstes bauen wollen. Vielleicht eine mit Maueroptik unten und Holzvertäfelung oben, vielleicht eine mit Außentreppe, die hoch zur Scheune führt, und einem Stapel Brennholz darunter oder doch eine orientalische?
Jede Krippe ist ein Unikat
„Keine meiner Krippen gleicht der anderen“, sagt Bichler, „jede ist ein Unikat.“ Einige sehen so aus, als wären sie Abbilder von ganz realen Bauernhäusern irgendwo im Alpenraum, andere wiederum erinnern mit sandfarbenen Tönen, runden Dächern, Bogenfenstern und Palmen an Gebäude im Orient. Maria hat jedenfalls immer ihren angestammten Platz. Ebenso Josef, Ochs und Esel sowie eine kleine Laterne im vorderen Teil, die die Begebenheit im Stall erhellt.
Die beiden Männer gehören zu der kleinen, aber feinen Zunft der Krippenbaumeister in Deutschland. Nach dreijähriger Ausbildung haben sie in Tirol ihre Prüfung abgelegt. Die Ausbildung, die bisher in Bayern nicht möglich ist, führt vom Krippenbau-Helfer stufenweise zum Lehrer und Kursleiter und dann zum Krippenbaumeister. Verliehen wird der Titel einzig und allein vom Verband der Krippenfreunde in Österreich, der rund 11 000 Mitglieder hat.
Seit vielen Jahren „krippeln“ die beiden. Reinthaler lacht: „Ich bin vom Krippe-Virus befallen.“ Auch im Hause Bichler sind sie vom Krippe-Virus infiziert: Barbara Bichler, gelernte Malerin, malt nicht nur die Hintergründe, sondern hat kürzlich ihre erste eigene Krippe gebaut. Auch der siebenjährige Florian steht schon in den Startlöchern.
Die Materialien werden von Hand auf den „Vintage-Look“ getrimmt
An die 400 verschiedene Materialien braucht es für eine Krippe. Was in der Natur vorkommt, taugt am besten. Felsen werden aus Lärchenrinde gestaltet. Wellpappe ist ideales „Ziegelmaterial“. Leim festigt das Krippen-Gehäuse. Mit Leimwasser, Chinakreide und Schleifstaub wird der „Verputz“ hergestellt. Hier und da etwas Wachsöl mit dem Pinsel aufgetragen sorgt dafür, dass das Holz tatsächlich so aussieht, als würde es die Krippe seit Jahr und Tag vor Regen und Schnee schützen.
Die Schindeln „hackt“ Bichler einzeln, die Balken sind Vierkanthölzer, die er mit Messer, Drahtbürste und Holzbeize auf „Vintage-Look“ trimmt. Ein von Eichhörnchen angeknabberter Tannenzapfen eignet sich als Palmen-Stamm. Und aus der grünen Krone einer Baby-Ananas wird schnell eine stilechte Agave.
Kripperlweg in Bad Endorf bis Januar
Die Endorfer Krippenbau-Freunde haben in der Vergangenheit ihr Wissen in zahlreichen Krippenkursen weitergegeben, doch Corona hat sie im vergangenen Jahr ausgebremst. Nicht ganz, denn es gibt ja noch den Endorfer Kripperlweg. Seit 2017 werden auf dem Weg rund um den Kirchplatz in Schaukästen unterschiedlichste Krippen ausgestellt.
Clou der Ausstellung ist die große Freiluft-Krippe, die Bichler, Reinthaler, Peter Rupp und Peter Ott in über 1000 Arbeitsstunden gebaut haben. Auf einem mobilen, zweiachsigen Wagen ist eine sechs Meter lange und dreieinhalb Meter hohe Krippe aus dem Holz eines alten Bad Endorfer Stadels aufgebaut. Innen drin sind die bis zu 1,5 Meter großen und aus Südtirol stammenden handgeschnitzten Krippenfiguren, die die vier mit verschiedensten Gewändern ausgestattet haben. Wenn dann Groß und Klein andächtig vor der großen Krippe stehen bleiben oder die Krippen in den Schaukästen bewundern, dann sei es für sie „die schönste Freud´“. Bethlehem liegt also doch in Endorf.