Weihnachten ist um 2 Uhr nachts zu Ende
Für die Region: Bereitschaftsdienst im Bauhof, Strom- und Wasserwerk an den Feiertagen
25. Dezember, 6 Uhr morgens. Während die meisten Menschen in der Region noch selig schlummern, im Bewusstsein, einen geruhsamen Weihnachtsfeiertag vor sich zu haben, ist einer schon lange wach: Christian Bielmeier. Er ist im Rosenheimer Bauhofbetriebshof zuständig für den Straßenunterhalt.
Landkreis Rosenheim – Egal ob er oder sein Kollege Christian Jaus: Wer von den beiden auch die Winterdienstbereitschaft übernommen hat, ihre Weihnachtsnacht war um 2 Uhr zu Ende. Aufstehen, das Wetter und Straßenverhältnisse prüfen, heißt es dann. Zunächst durch einen Blick durchs Fenster, dann durch eine Kontrollfahrt.
Gründliche Kontrollfahrten für die Sicherheit auf der Straße
Nur wenn die Temperaturen deutlich im Plus liegen, also definitiv nicht glatteisträchtig sind, kann sich der Bereitschaftsdienst wieder hinlegen, ohne raus zu müssen. Ansonsten gilt es durch Augenschein alle Gefahrenstellen in der Stadt zu überprüfen, vor allem die Brücken und alle Steigungsstrecken. Entsprechend den Straßenbedingungen werden dann um 3 Uhr Streu- und Räumdienste in Bewegung gesetzt – auch an Weihnachten oder am Neujahrsmorgen.
Nicht nur in Rosenheim, bei so gut wie allen Bauhöfen in der Region verlaufen die frühen Morgenstunden in der Weihnachtszeit nach diesem Muster. So auch in Prien. Und Richard Zettl, der dortige Bauhofleiter, weiß zu berichten, dass die Kontrollfahrten nicht nur ein schnelles „Drüberschauen“ sind, sondern gründlich durchgeführt werden müssen. „Natürlich kennen wir Bauhofleute unsere Straßen, wissen, wo Glatteis am ehesten auftritt. Trotzdem ist man vor Überraschungen nie sicher“, sagt Richard Zettl. „Das Straßennetz, das wir hier in Prien haben, umfasst schließlich 80 Kilometer“. Und er erzählt von einem Weihnachten, an dem man unten am See noch stramme Minusgrade hatte, in den höheren Gemeindeteilen Priens aber bereits einen Föhnsturm, der dort für halbmeterhohe Schneeverwehungen auf den Straßen sorgte.
„Da muss man wirklich voll konzentriert fahren“
Dabei müssen die Fahrer der Räum- und Streufahrzeuge an den Feiertagen noch mehr aufpassen als sonst. Nicht nur an Silvester, auch an Weihnachten wird gefeiert – zumindest in normalen, in coronafreien Jahren. Und nicht selten finden manche nach der Feier nicht mehr heim, sitzen dann oder liegen gar am Straßenrand. „Da muss man wirklich voll konzentriert fahren“, sagt Christian Bielmeier, „denn wenn einer der da im Dunkeln in einem Schneehaufen hockt, ist er vom Räumschild schnell erwischt“. Und auch Richard Zettl hat bei einer Kontrollfahrt am Neujahrsmorgen schon einmal eine ebenso betrunkene wie hilflose Dame am Straßenrand sitzend entdeckt. Die Polizei brachte sie dann nach Hause.
Auch gänzlich ohne Schnee und Glatteis ist der Neujahrsmorgen für viele Baubetriebshofmitarbeiter aber nichts zum Ausruhen: Ab 7 Uhr morgen ist Saubermachen angesagt. In Prien sind dann 15 Mann gute vier Stunden unterwegs, in der sie in normalen Jahren drei bis vier Kubikmeter „Silvesterrückstände“ einsammeln. Zumindest in dieser Hinsicht brachten die Corona-Einschränkungen für die Bauhofmitarbeiter im letzten Jahr Erleichterung.
In der frostigen Jahreszeit gibt es besonders viele Rohrbrüche
Ansonsten ist die Pandemie gerade in der jetzigen Phase aber auch für sie eine Herausforderung. „Wenn einer sich den Virus zuzöge, in der Folge dann auch Kollegen in Quarantäne müssten, würde das die Dienstpläne komplett über den Haufen schmeißen“, sagt Robert Pypetz, der Werkleiter der Wasserburger Stadtwerke. „Deshalb sind unsere Mitarbeiter jetzt alle besonders vorsichtig, achten auch privat penibelst auf alle Schutzmaßnahmen, auf Maske tragen, Abstand halten und wären bei adventlichen Feiern auch dann äußerst zurückhaltend gewesen, wenn es die noch gegeben hätte“. Diese selbstauferlegte Disziplin muss man einfach einmal lobend erwähnen, meint Robert Pypetz. Und spricht damit zweifellos für alle seine Betriebsleiterkollegen.
Nicht täglich im Einsatz aber gerade im Winter besonders auf „Hab-Acht-Stellung“ sind die Mitarbeiter der Wasserwerke. Denn die frostige Jahreszeit ist günstig für Rohrbrüche. „Jedes Gefrieren, jedes Auftauen bringt den Boden in Bewegung und gerade alte Rohre halten dies nicht gut aus“ erklärt Benjamin Simeth, der Werksleiter des Priener Wasserwerks. „Wenn man Glück hat, liegt Schnee. Das aus dem gebrochenen Rohr austretende Wasser ist wärmer als die Umgebung, so dass die Schneedecke leicht antaut, die Rohrbruchstelle ist dann verhältnismäßig leicht zu identifizieren“.
Der Strom fällt an Weihnachten selten aus
Schlechter ist es, wenn die ersten Zentimeter des Bodens gefroren sind. Dann geht das Wasser nach unten weg und den Rohrbruch zu finden wird dann zu einem echten Detektivspiel. Nicht immer ist es nämlich so einfach wie in Wasserburg vor vier Jahren. Da wurde, erinnert sich Wassermeister Josef Mayer, am 31. Dezember ein Rohrbruch festgestellt, damit kam das komplette Programm zum Einsatz: Asphalt aufschneiden, Erdreich ausheben, Rohr erneuern. Es war dann 19 Uhr, als die Truppe von der Baustelle wieder abrücken konnte, eigentlich noch rechtzeitig zur Silvesterfeier. Wenn nicht genau in diesem Moment wenige Meter weiter ein erneuter Rohrbruch aufgetreten wäre. Der war, da alle Gerätschaften noch am Ort waren, schnell behoben, doch damit war Silvester noch lange nicht gerettet: Um halb zwölf gab es nahtlos den nächsten Einsatz, ein Wasserzähler war infolge Frosts gebrochen.
Seltener als die Wasserwerksmannschaften beansprucht sind die Männer, die sich um die Stromversorgung kümmern. „Die Netze sind in der Region ziemlich stabil, wenn es Probleme gibt, sind es meist lokal begrenzte, wie etwa der Ausfall einer Hausanschlusssicherung“ sagt der Wasserburger Werksleiter. Für die betroffenen Familien könne das aber durchaus ein größeres Malheur bedeuten, meint er, vor allem dann, wenn gerade der Weihnachtsbraten ins Rohr geschoben wurde. „Beim letzten derartigen Fall war der Bereitschaftsdienst aber binnen 20 Minuten vor Ort, konnte den Schaden beheben und damit den Weihnachtsfrieden retten“, erinnert sich E-Werkleiter Fritz Neuner.
Die Elektriker am Wendelstein sind an Weihnachten in Bereitschaft
Zu einem richtigen Weihnachtsengel wurde einmal der Strom-Bereitschaftsdienst in Brannenburg. Einem Hausbesitzer war die Wärmepumpe ausgefallen, ein Elektriker war am Nachmittag des Heiligabends nicht zu kriegen, so rief er in seiner Not beim Netzbetrieb der Wendelsteinbahn an. „Stromprobleme innerhalb des Hauses gehören nun eigentlich wirklich nicht zu unserer Aufgabe“, sagt Bernhard Pichler, der Leiter des Netzbetriebs, „in dem speziellen Fall haben wir aber doch vorbeigeschaut und konnten helfen“.
Das was den Dienst der Elektriker des Wendelsteinbahnverteilnetzes über Weihnachten anspruchsvoll mache, seien weniger die Alarmierungen selbst, erklärt Pichler weiter. „Es ist die Tatsache, dass man beim Feiertagsbereitschaftsdienst wirklich ständig erreichbar sein muss, 24 Stunden am Tag. Schließlich hängen von uns gut 5000 Haushalte ab, nicht zu vergessen die Sendeanlage des Bayerischen Rundfunks auf dem Wendelstein, die fast ganz Oberbayern mit Fernsehen und Radio versorgt.“
Also gilt es darauf zu achten, dass man das Handy stets voll geladen bei sich trägt und sich von allen Orten fernhält, an denen es keinen Empfang gibt. Weiter wegfahren geht sowieso so nicht, wobei im Fall von Brannenburg unter „weiter“ bereits Oberaudorf oder Rosenheim zu verstehen wäre: Während der Bereitschaft muss man im Ortsbereich bleiben, um im Falle eines Falles wirklich binnen Minuten reagieren zu können.
„Wir haben hier ein wirklich ein Spitzen-Team“
Die Stromerzeugung in den Kraftwerken macht dabei die wenigsten Probleme, denn dort schaut der Bereitschaftsdienst sowieso zwei- oder dreimal pro Tag vorbei, ob alles „rund“ läuft. Meist tut es das, nur wenn es vorher stark geregnet, oder bei einer bereits vorhandenen Schneedecke infolge eines Föhneinbruchs massives Tauwetter einsetzt, gilt es die Stauhaltung am Tatzelwurm genau im Blick zu haben.
Wobei im Ernstfall der Diensthabende nicht allein wäre: „Wir haben hier ein wirklich ein Spitzen-Team“ sagt Bernhard Pichler, „wenn tatsächlich einmal in einem Ortsbereich der Strom ausfiele, würden sich das unter unseren Elektriker in Windeseile rumsprechen, sie wären dann im Nu zur Stelle, und zwar alle, ob sie jetzt Bereitschaftsdienst haben oder nicht“.
Ein Gemeinschaftsgeist, der auch die Belegschaften der Bauhöfe auszeichnet. Womit auch geklärt wäre, wer schuld ist an der Tatsache, dass es um Weihnachten und die Jahreswende herum bei uns oft Tauwetter gibt: Es sind vermutlich die Bauhofmitarbeiter aus der ganzen Region, die bereits im Advent gemeinsam Stoßgebete zum Himmel schicken, dass es zwischen Weihnachten und Neujahr weder schneien noch frieren möge.

