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Blitze zucken, Regen prasselt, Bäume stürzen: Der Chiemgau versinkt am Donnerstagnachmittag (20. Juni) im Unwetter. Binnen Minuten entstand ein Bild der Verwüstung – und ebenso schnell war der Spuk vorbei. Was das Unwetter anrichtete und welche Ursachen es haben könnte.
Chiemgau – Der Tag wurde zur Nacht: Im Chiemgau wird es am Donnerstag Nachmittag (20. Juni) gegen 17 Uhr erschreckend schnell finster. Gleich darauf rollt ein Unwetter über die Region, entwurzelt Bäume, flutet Straßen und Keller. Nach wenigen Minuten ist es vorbei, der Himmel wird wieder freundlicher und das Licht kehrt zurück. Aber im Schatten der Sturmwolken haben Regen, Wind und Hagel gewütet.
Kurz aber heftig
„Zehn bis 15 Minuten“ habe das Unwetter angedauert, sagt der Priener Feuerwehrkommandant Samuel Witt. Die Einsätze dauerten bis in die späte Nacht. „Diesen Effekt, den stellen wir tatsächlich öfter fest oder auch in der jüngeren Vergangenheit, dass es sich oftmals auf ein sehr kleines Gebiet konzentriert oder eine kleine Schneise,“ berichtet Josef Gschwendner, Geschäftsführer von der integrierten Leitstelle (ILS) Traunstein, „aber dafür umso heftiger.“
17.000 Blitze allein über dem Chiemgau
„Im Chiemgau war die Unwetter- beziehungsweise Superzelle am stärksten ausgeprägt“, sagt Lothar Bock vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Es konnten vom DWD sehr starke oder extreme und hochreichende Intensitäten im Wetterradar festgestellt und eine hohe Blitzaktivität werden, berichtet der Wetterexperte. Mehr als 17.000 Blitze seien allein über dem Chiemgau dabei registriert worden.
Schweres Unwetter wütet am Donnerstag (20. Juni) über dem Chiemgau
Das Unwetter wirkte sehr lokal. Bei der ILS Traunstein seien um die 30 Unwettereinsätze von der Leitstelle aufgenommen worden, sagt Gschwendner, „schwerpunktmäßig in Übersee.“ Dort wurden mehrere Bäume entwurzelt. Einer fiel auf ein geparktes Auto, in dem zwei Menschen saßen. Die Insassen kamen mit dem Schock davon und wurden nicht verletzt. Der Sturm habe im Landkreis Traunstein in der Schneise „Übersee, Feldwies, Siegsdorf relativ kurz, aber in diesem Bereich umso heftiger“ getobt, führt Gschwendner aus.
„Von Rottau über Übersee und Siegsdorf bis Vogling hatten die Wehren rund 80 Einsatzstellen abzuarbeiten”, heißt es seitens des Kreisfeuerwehrverbands Traunstein. Bäume stürzten um und blockierten Straßen, Bäche traten über die Ufer, Keller wurden überflutet. In Siegsdorf sei ein Kind von einem kleineren entwurzelten Baum getroffen worden, berichtet Manfred Steiner, Kommandant der Siegsdorfer Wehr. Allerdings sei der Vorfall glimpflich ausgegangen, da sich das Kind lediglich Schürfwunden zuzog.
Zusätzlich kam es zu Einschränkungen im Bahnverkehr. “Wir haben weiterhin Beeinträchtigungen zwischen München und Salzburg aufgrund der Folgen des gestrigen Sturmes”, sagt eine Sprecherin der Bahn (Anm. d. Red.: Stand 21. Juni, 12 Uhr). Grund dafür sei ein Oberleitungsschaden, der repariert werden müsse. “Der Streckenabschnitt ist aktuell nur eingleisig befahrbar. In der Folge kommt es zu Verspätungen im Fernverkehr”, führt die Sprecherin aus.
Baum hebt Fahrzeug in die Luft
„Ein Großteil ist in Prien wirklich glimpflich davon gekommen”, sagt Johannes Herzinger, stellvertretender Kommandant der Priener Feuerwehr. Auch Herzinger berichtet von einer sehr lokalen Ausprägung des Gewitters. “Das war wirklich bei uns punktuell auf die Harrasser Straße bezogen. Bei dem dortigen Campingplatz wurden mehrere Bäume entwurzelt. Durch einen wurde ein Fahrzeug einseitig in die Luft gehoben,” berichtet der Kommandant. Am Campingplatz kam niemand zu Schaden.
„Unsere Messstationen meldeten im Chiemgau im Zusammenhang mit der Unwetterzelle Windspitzen zwischen 60 und 80 km/h, vereinzelt bis um 100 km/h“, sagt Lothar Bock vom DWD. Im Bereich der Unwetterzelle fielen innerhalb etwa einer Stunde maximal bis zu 40 Liter pro Quadratmeter Niederschlag. Hinzu erhielt der DWD laut Bock Nachrichten über kleinkörnigen Hagel zwischen 1 und 2 cm sowie einige Meldungen über stärkeren Wind und Regen.
Bernau kam weniger glimpflich davon. „Wir sind 17 Mal ausgerückt“, sagt Feuerwehrkommandant Stefan Huber und berichtet vor allem von Einsätzen mit umgestürzten Bäumen. „Insgesamt waren es 33 Mann mit 5 Fahrzeugen und weitere Einsatzkräfte von Rottau, Umratshausen und Hüttenkirchen haben uns unterstützt.“ Am Bahnhof wurden auch zwei Autos unter einem Baum begraben. „Ich war gestern echt fassungslos, weil uns wirklich eine totale Schneise erwischt hat“, sagt Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber. Besonders stark habe der Sturm am See gewütet.
Alte Eiche gefällt
Dort ist eine neben vielen weiteren Bäumen eine rund 120 Jahre alte Eiche „umgeflogen wie ein Zahnstocher“, erzählt die Bürgermeisterin, „Brutal, also wirklich brutal.“ Für die gefallenen Bäume möchte sie Neupflanzungen vornehmen lassen. Derzeit laufen die Aufräumarbeiten. Frustrierend sei für Biebl-Daiber, dass es nach den Hochwasserschäden jetzt einfach weitergehe. Der Bauhof sei im Dauereinsatz, aber alle helfen zusammen in der Gemeinde, sagt Biebl-Daiber.
Mehr Energie in der Atmosphäre
„Gewitter- beziehungsweise Unwetterereignisse können bei uns intensiver werden, aber nicht unbedingt häufiger“, sagt der Wetterexperte Lothar Bock. Die bisherige Datenlage sei allerdings nicht aussagekräftig dahingehend. Im Zuge des bisher beobachteten und weiter zunehmenden Temperaturanstiegs gehe man davon aus, dass mehr Energie in Form von Wasserdampf in der Atmosphäre zur Verfügung stehe, erklärt Bock, „gleichzeitig kann es aber gerade im Hinblick auf konvektive, also gewitterbildende Ereignisse, auch hemmende Faktoren geben.“