Jubilar begeisterte in Texas und Istanbul mit Zitherklängen
„Ein echtes Wirtshauskind“: Schriftsetzer-Meister Ludwig Englmeier aus Bad Aibling wird 85
Sein Beruf als Schriftsetzermeister und die Liebe zum Zitherspiel führten ihn in viele Länder dieser Welt. Den 85. Geburtstag am Dienstag, 23. Mai, will Ludwig Englmeier aber heimatnah im Kreise von Familie und Freunden in seiner Geburtsstadt Bad Aibling feiern. Ein exklusiver Einblick in sein bewegtes Leben.
Bad Aibling - Viele Urkunden und Fotos zieren gleichsam als Zeitzeugen seiner Biografie das Haus des recht rüstigen Jubilars in Mietraching. Dazu gehören auch Teile seiner einstigen Druckerwerkstatt, die das Geburtstagskind noch heute in der Garage des Anwesens aufbewahrt.
In der Färbergasse geboren
Zur Welt kam es 1938 als Sohn von Ludwig und Monika Englmeier im Elternhaus in der Färbergasse, dem früheren Kloowirt in Bad Aibling. Seine Mutter hatte das Gasthaus seit 1929 zusammen mit ihrem ersten Mann geführt. Nach dessen frühen Tod betrieb sie es einige Jahre alleine weiter und benannte es nach der Heirat mit Ludwigs Vater in Gasthaus Englmeier um. Das Ehepaar zog noch zwei weitere Kinder groß - Englmeiers eineinhalb Jahre jüngere Schwester Lieselotte und seinen Stiefbruder Herbert aus der ersten Ehe der Frau. Beide leben nicht mehr.
Ich bin ein echtes Wirtshauskind
„Ich bin ein echtes Wirtshauskind“, sagt der „Wiggerl“, wie er von seinen Freunden und Bekannten liebevoll genannt wird. Sein Vater arbeitete in Englmeiers Geburtsjahr in der Wolldeckenfabrik in Heufeldmühle, unterstützte die Mutter in seinen Freischichten aber auch tatkräftig bei der Arbeit in der Gaststätte. Die Eltern waren enorm fleißig. Einen Ruhetag gab es in dem Wirtshaus nicht, das etwa 70 Personen Platz bot.
1964 die Meisterprüfung bestanden
Großer Fleiß ist neben steter Wissbegierde auch eine Tugend, die sich durch das Leben des Jubilars wie ein roter Faden zieht. Nach dem Besuch der Volksschule machte er von 1952 bis 1955 eine Schriftsetzerlehre in der ehemaligen Buchdruckerei Graf in der Münchner Straße in Bad Aibling. Die Wendelstein-Druckerei in Rosenheim, die Ringier AG in Zofingen im Schweizer Kanton Aargau, die Firma Lindström in Stockholm, der Delmenhorster Anzeiger, ein berufliches Engagement in Afrika in der ehemaligen nigerianischen Hauptstadt Lagos sowie eine Tätigkeit bei Siemens in München von 1965 bis 1972 waren wesentliche Säulen seines Werdegangs, der als einen Höhepunkt das erfolgreiche Absolvieren der Meisterprüfung im Jahr 1964 auflistet.
Übernahme der Druckerei Graf nach Rückkehr in die Kurstadt
1972 zog es Ludwig Englmeier zurück in die Kurstadt. Damals übernahm er die Druckerei Graf. Nach dem Abriss des Gebäudes baute er sich ein Geschäft in der Münchner Straße in Bad Aibling auf, das er bis zum Ruhestand führte. „Wir haben alles gemacht, vom Plakat und Festschriften über Sterbebilder bis hin zu Visitenkarten“, erinnert sich der Bad Aiblinger. Den ersten Schritt in die Selbstständigkeit hatte Englmeier bereits im Jahr 1965 gewagt, als er parallel zu seiner damaligen Tätigkeit bei Siemens im Angestelltenverhältnis auch drei Tage in der Woche eine eigene Druckerei in Glonn im Landkreis Ebersberg führte.
Als Ausbilder gab er seine Kenntnisse an rund ein halbes Dutzend Lehrlinge erfolgreich weiter. „Mit Herbert Fuchs hatte ich einen, der sogar Landessieger wurde. Da bin ich schon stolz drauf“, erzählt das Geburtstagskind im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen.
Demenzkranke Ehefrau viele Jahre liebevoll gepflegt
Im Januar 1966 lernte er seine Ehefrau Karla kennen, die er im Juni 1967 heiratete. Aus der Ehe gingen ein Sohn und eine Tochter hervor, heute ist das Geburtstagskind auch stolzer Opa von fünf Enkelkindern. Als seine Frau 2010 an Demenz erkrankte, kümmerte er sich liebevoll acht Jahre bis zu ihrem Tod im Alter von 74 Jahren um sie. Auch als wegen des Fortschreitens der Krankheit eine Pflege zu Hause nicht mehr möglich war und sie ihre letzten Monate im Altenheim verbringen musste, wich er nicht von ihrer Seite, bis sie im Alter von 74 Jahren für immer ihre Augen schloss.
Fußballspieler beim TuS Bad Aibling
Zu Englmeiers bevorzugten Hobbys gehörten von Kindheit an das Fußballspielen und das Spiel auf der Zither. Beim TuS Bad Aibling spielte er in der Schüler- und Jugendmannschaft und ab dem 17. Lebensjahr auch in der „Ersten“. Das Mittelfeld war sein bevorzugter Platz im Mannschaftsgefüge. Mit dem Team der Firma Zofinger wurde er 1958 Betriebsmeister in der Schweiz. „Ich bin praktisch mit dem Fußball aufgewachsen und schaue mir noch heute gerne Spiele im Fernsehen an“, sagt er.
Auftritt im Belgrader Dom
Bei Anna Zatnik, einer aus München stammenden Zitherlehrerin, die damals im Haus der Schmiedefamilie Damböck in Bad Aibling wohnte, machte er im Alter von zehn Jahren erste Bekanntschaft mit dem Saiteninstrument. Es entwickelte sich bei ihm rasch eine Faszination für die Zither, die bis zum heutigen Tag anhält. Zu den Höhepunkten seines Musikerlebens zählte unter anderem 1987 ein Strauß-Konzert mit den Belgrader Symphonikern im Dom zu Belgrad unter dem Dirigat von Sandro Weniger.
Den gebürtigen Ungarn, der in Feldolling lebt und dort ein Tonstudio hatte, lernte er kennen, als er die „Lohholzer Buam“ bei Aufnahmen mit seinem Instrument begleitete. Weniger suchte damals für das geplante Konzert in Belgrad noch einen Zitherspieler, war von Englmeiers Können sofort total begeistert und bot ihm spontan die Mitwirkung an. „Da habe ich gleich zugesagt“, erinnert sich der 85-Jährige noch heute voller Freude daran.
Die Amerikaner waren total fasziniert von den bayerischen Melodien und den Jodlern
Kontakte, die er als Mietrachinger zur Führung der ehemaligen US-Kaserne in diesem Aiblinger Ortsteil knüpfte, bescherten ihm 1984 die Möglichkeit zu Privatauftritten in Amerika. Englmeier packte seine Zither unter anderem in Austin in Texas und ins Los Angeles aus. „Ich bin mit der ganzen Familie in die Staaten geflogen. Die Amerikaner waren total fasziniert von den bayerischen Melodien und den Jodlern“, erinnert er sich.
Geburtstagsfeier in Istanbul umrahmt
Begeisterung rief er auch hervor, als er auf Einladung eines Mannesmann-Managers ebenfalls in den 80er-Jahren dessen private Geburtstagsfeier in Istanbul in der Türkei umrahmte. Weite Reisen ins Ausland stehen heute nicht mehr auf Englmeiers Programm. Begeisterung löst er mit seinem Zitherspiel allerdings immer noch aus. So umrahmt das langjährige engagierte Kolpingmitglied gerne Veranstaltungen des Vereins musikalisch, auch bei der Aiblinger Weihnachtsstube am Heiligen Abend stimmt er alle Jahre traditionell „Stille Nacht, heilige Nacht“ an.
Elf Zitherseminare organisiert
Unvergessen sind die elf Zitherseminare, die der Jubilar zwischen 1990 und 2004 in der Bad Aiblinger Luitpoldschule abhielt. Knapp 500 Schüler erlernten hier die Grundbegriffe des Zitherspiels. Zum Abschluss seiner Seminartätigkeit organisierte er 2004 die Bad Aiblinger Zithertage, über die damals auch das Fernsehen berichtete. Zitherspieler aus Deutschland und Österreich gaben in deren Rahmen rund ein Dutzend Konzerte, im Heimathaus in der Irlachstraße fand parallel dazu eine Instrumentenausstellung statt.
Auch am Geburtstag wird das Instrument ausgepackt
Wenn er heute seinen Ehrentag in fröhlicher Runde feiert, dann lässt es sich der Wiggerl nicht nehmen, seinem Instrument etliche Melodien zur Freude der Gäste zu entlocken. Das Zitherspiel steht auch auf seiner Wunschliste für die ihm verbleibenden Jahre weit oben. „Ich hoffe, dass mir der Herrgott noch eine Zeitlang Gesundheit schenkt und ich auch weiterhin Musik machen kann“, sagt der weit über die Grenzen der Kurstadt hinaus bekannte Aiblinger.
