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Bahn-Streik nach langem Stillstand

Verständnis für Lokführer-Streik? OVB-Reporter und ihre Erfahrungen mit der Bahn

OVB-Reporter berichten von ihren Erlebnissen mit der Bahn.
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OVB-Reporter berichten von ihren Erlebnissen mit der Bahn.

Zuerst tagelanger Stillstand – dann Streik bei der Bahn: Fahrgästen und Zug-Pendlern in der Region wird derzeit viel abverlangt. Dabei braucht es gar keinen Schnee, damit es bei der Bahn zu Zugausfällen kommt. Hier berichten OVB-Reporter über ihre eigenen Erfahrungen.

Rosenheim - In der Nacht vom 1. auf 2. Dezember hat die Bahn den Zugverkehr in Südbayern bekanntlich komplett eingestellt. Fast vier Tage lang fuhren in der Region so gut wie keine Züge mehr. Selbst am 6. Dezember waren noch nicht alle Strecken freigegeben. Und dann – direkt im Anschluss – ruft die GDL (Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer) für den 7. und 8. Dezember zum bundesweiten Warnstreik auf.

Ungünstiger Zeitpunkt für einen Streik

Sicher ein etwas ungünstiger Zeitpunkt zum Streiken – jedenfalls, wenn man Wert legt auf die Akzeptanz und das Verständnis der betroffenen Fahrgäste in der Region. Außerdem häuften sich zuletzt die Berichte über die hausgemachten Probleme der Bahn, über zahlreiche Abstimmungs-Schwierigkeiten und das Management-Versagen. Auffällig war auch, dass sowohl in Österreich als auch in der Schweiz – die ebenso von den massiven Schneefällen betroffen waren – der Zugverkehr nicht komplett lahmgelegt war. Der Grund liegt unter anderem in der völlig vernachlässigten Infrastruktur hierzulande.

Deshalb braucht es überhaupt keinen Schnee, damit es bei der Deutschen Bahn zu Sperrungen und Zugausfällen kommt. Daran haben sich die Fahrgäste schon seit vielen Jahren gewöhnt – oder eben auch nicht, weil man ja jedes Mal doch wieder neu hadert mit der Situation, irgendwo festzusitzen oder gar nicht erst von zu Hause wegzukommen.

Wie geht es eigentlich den OVB-Reportern, die regelmäßig oder ab und zu mit der Bahn zur Arbeit in die Redaktion fahren? Was sind ihre Erfahrungen? Hier berichten sie darüber.

Michael Weiser (OVB-Reporter Rosenheim)

Michael Weiser

„Es ist nicht die bloße Tatsache des Scheiterns allein, die eine Fahrt mit der Deutschen Bahn zu einem niederschmetternden Erlebnis macht. Es ist die Dramaturgie, das Hin und Her, die Hoffnung und die Verzweiflung, die daraus eine Tragikomödie macht, über die man als Protagonist nicht lachen kann. Nicht sofort jedenfalls. Im Abstand von einigen Tagen ändert sich das. Und so werde ich irgendwann lustige Geschichten vom Reisen erzählen. Von Nichtwegkommen und Nichtankommen.

So wie jüngst beim Schneechaos. Ich gelangte hoffnungsfroh an den Münchner Hauptbahnhof, schließlich hatte ich mich online informiert. Der Zug um 6.55 Uhr in Richtung Salzburg würde fahren, nicht pünktlich vielleicht, aber er würde. Ich ging schnell, denn ich war spät dran. Ich kam erwärmt am Holzkirchener Bahnhof an. Kein Zug an Gleis 10, dafür dies auf der Infotafel: Zug fährt von Gleis 13 aus. Für Nichteingeweihte: Das ist nicht am Holzkirchener, sondern im Hauptbahnhof selbst zu finden. Also weit weg. Ich lief also, denn es blieben nur Minuten. Schwitzend erblickte ich einen Zug. Aber der öffnete nicht. Schließlich ließ der Lokführer durchblicken, dass der Zug weder öffnen noch fahren werde. Niemals. Ich informierte mich bei einem freundlichen Menschen in DB-Uniform, der mir mitteilte, an Gleis 9 werde ein Zug erscheinen und dann auch fahren. Also zurück in den Holzkirchener Bahnhof. Ich passierte einen österreichischen Zug und fragte. „Naa, die Verbindung ist unterbrochen“, sagten die Nachbarn. Doch die nächste deutsche Stelle sagte abermals: „Läuft!“ Also ran an Gleis 9. 20 Minuten nach versprochener Abfahrtszeit war noch immer nichts passiert. Die Zweifel wuchsen. Ich näherte mich einer Frau in DB-Uniform. „Woher soll ich das wissen“, blaffte sie. Sie sei vom Service, diese Verbindungen aber seien Werk der DB Netz. Irgendwann dann die Durchsage – Absage. Alle Verbindungen gestrichen.

Zwei Tage später dann dies. Der Zug fuhr verspätet los, wegen vorangegangener Verspätung. Dann hielt er auf offener Strecke - „der Abschnitt vor uns ist blockiert“. Dann hielt er in Rosenheim gleich für zehn Minuten: Wer muss, der solle. Nämlich im Keller des Rosenheimer Bahnhofs die Toiletten aufsuchen. So lautete die Durchsage. Die Toiletten an Bord des Zuges: Sie seien, leider, sämtlich außer Betrieb. Diese Pinkelpause, zumindest das, ist herausragend. Als Edelpanne, als Kleinod im grauen Bahn-Alltag mit seinen endlos öden Dutzend-Fehlern.“

Helena Gennutt (OVB-Reporterin Waldkraiburg)

Helena Gennutt

„Ich fahre gerne und viel mit der Bahn. Aber mein derzeitiger Arbeitsweg von Hörlkofen nach Waldkraiburg ist meist eher langwierig. Da ein Teil der Strecke nur eingleisig ausgebaut ist, wartet man sehr häufig auf den Gegenzug, um los- oder weiterfahren zu können. Umstiegszeiten von unter zehn Minuten sind dadurch herausfordernd. Schon mehrmals musste ich eine Stunde auf den nächsten Zug warten. Als durch den Wintereinbruch gar nichts mehr gefahren ist, saß ich mehr oder weniger fest. Nun lege ich mir ein eigenes Auto zu, um flexibel zu sein und zukünftig jeden Ort jederzeit erreichen zu können. Trotzdem wünsche ich mir, dass der öffentliche Personennahverkehr ausgebaut wird und werde weiterhin mit der Bahn verreisen.“

Harald Schwarz (OVB-Reporter Mühldorf)

Harald Schwarz

„Meine Erlebnisse mit der Bahn in der AKTUELLEN Situation beschränken sich darauf, dass ich NICHT mit der Bahn fahre. Dank des Schneefalls hat die Bahn es ja nicht geschafft, ihren Fahrplan aufrechtzuerhalten. Hier zeigt sich aus meiner Sicht die Wertigkeit, die der Bahnkonzern den Nebenstrecken einräumt. Unsere Nachbarländer Österreich und Schweiz zeigen, dass es auch anders gehen kann. Und kaum würden die Züge wieder fahren, wird mit dem Streik gleich noch eines draufgesetzt. Das alles trägt nicht wirklich dazu bei, die Attraktivität der Bahn als Reisemöglichkeit zu steigern.“

Markus Weber (Online-Redakteur Rosenheim)

Markus Weber

„Mich überrascht bei der Bahn im Grunde gar nichts mehr. Denn ich habe als Pendler wirklich schon alles erlebt: Von der eiskalten November-Nacht - stundenlang ohne Ersatzbusse - am Bahnhof Ostermünchen bis hin zum Schienenersatz-Verkehr im stundenlangen Ferienstau auf der A8. Ich bin 20 Jahre lang täglich mit dem Zug gependelt, nutze jetzt aber immer häufiger das Auto. Und: Seit Corona gibt es ja Gott sei Dank die Möglichkeit zum Homeoffice.“

Eva-Maria Gruber (Chefin vom Dienst)

Eva-Maria Gruber

„Glücklicherweise habe ich eine Zuggemeinschaft- vier Freundinnen, die sich seit Jahren am Bahnsteig in Oberaudorf treffen und gemeinsam zur Arbeit fahren. Unter ihnen ist auch Tina. An diesen schweren Tagen für Bahnfahrer ist sie immer noch ein Ausbund von Fröhlichkeit. Warum? Sie habe viele Jahre in Spanien gelebt und profitiere davon, denn dort sei man an Warten gewöhnt. Vieles funktioniere eben nicht reibungslos. Man sei dort einfach tiefenentspannt und nehme das Geschehen - und sei es noch so verwegen - gelassen hin. ‚Lassen wir los von deutschen Tugenden wie Pünktlichkeit oder Perfektion‘, beschlossen sie und ich - vor Kälte zitternd am Bahnhof. Tina strahlte trotzdem - wie üblich - und packte mich in ihr Auto, mit dem sie vorsichtshalber zum Bahnhof gefahren war, sollte der Zug ausfallen. Wir sanken in die Sitze und machten uns auf nach Rosenheim. Beim Nachdenken über den Abschied von deutschen Tugenden und über Tinas bewundernswerte Gelassenheit kam mir Karl Valentins Ausspruch in den Sinn: ‚Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.‘“

Eva Lagler (OVB-Reporterin Bad Aibling)

Eva Lagler

„Das 9-Euro-Ticket hatte mich dazu gebracht, öfter mal auf die Bahn umzusteigen. Eine prima Sache, wenn man den Bahnhof direkt vor der Haustür hat. Auch das Deutschland-Ticket ist eigentlich ganz cool: Die 49 Euro rechnen sich locker, wenn man zum Beispiel bloß einmal von Flintsbach nach Rosenheim und zurück (sonst 11,60 Euro) und einmal nach München und retour (40,80 Euro) fährt. Bis heute hat mir allerdings niemand plausibel erklärt, warum man das 9-Euro-Ticket im ersten Jahr einfach mit einem Tastendruck am Automaten erwerben konnte, während man sich nun durch Internetseiten, Apps, Anmeldeformulare etc. klicken muss und ein Abo abschließen muss. Das ärgert mich fast noch mehr als die Verspätungen, die an der Tagesordnung sind. Letztere sind der Hauptgrund, weshalb ich dieses Verkehrsmittel angesichts meines Jobs, in dem Pünktlichkeit bei Terminen oft die eine entscheidende Rolle spielt, zum Pendeln nach Bad Aibling nicht nutzen kann. Wenn man dann aber pünktlich auf seinem einsamen Bahnhof auf dem Land im eisigen Wind steht und auf den Zug, der laut Durchsage mit 10 Minuten Verspätung kommen soll (was ja häufig der Fall ist), wartet, dieser dann 25 Minuten später in Sichtweite kommt, das Tempo verringert, dann jedoch einfach ohne anzuhalten weiterfährt, ohne dass man eine Erklärung dafür bekommt, ist das schon ein starkes Stück.“

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