Ein „Seelenprojekt“ für Vierbeiner:
Neues Konzept: Wie der Tierschutzverein Rosenheim Hunde auf ihr neues Leben vorbereitet
Nicht alle Hunde haben das Glück in einer behüteten Familie aufzuwachsen. Im Tierheim abgegeben, verlieren sie das Vertrauen in die Menschen. Um die haarigen Freunde wieder vermitteln zu können, hat der Tierschutzverein Rosenheim ein neues Konzept entwickelt.
Rosenheim – Es heißt, sie seien die besten Freunde des Menschen: Hunde. Doch nicht alle von ihnen haben die Chance, in einer behüteten Familie aufzuwachsen. Oft werden die Vierbeiner abgegeben, weil ihre Besitzer überfordert sind oder sie bereits auffälliges Verhalten zeigten. Dass hinter diesem Verhalten meist mehr als nur eine einfache Laune steckt, möchte Regina Ditz mit ihrem neuen Konzept zeigen. „Es ist mein Seelenprojekt“, sagt die Hundeverhaltenstherapeutin.
Mit dem Verlust ihres Zuhauses verlieren die Hunde auch das Vertrauen zu den Menschen. Und damit könne sich die Vermittlung meist aussichtslos gestalten. Ditz weiß: Die „Langzeitinsassen“ werden „abgelehnt, da sie zu viele Macken haben.“ Und an diesem Punkt setzt sie mit ihrem Programm an. Gemeinsam mit den Hundepaten versucht sie, das Vertrauen der Hunde wiederzubekommen.
Die Frage nach dem „Warum?“
Die Hundepaten sind ehemalige Stammgassigeher. Der Tierschutzverein Rosenheim habe schon immer versucht, den Hunden eine Bezugsperson zuzuteilen. Sie lernen ihre Hunde intensiv kennen und seien mit ihren Macken vertraut. Fünf bis sechsmal die Woche arbeiten die Paten mit ihren Schützlingen zusammen. Zusätzlich findet einmal die Woche eine Einzelstunde mit Regina Ditz statt.
Vor einem Jahr setzte die Expertin das „Trainingspaten Modell“ in die Tat um. „Ich arbeite nur mit Hunden, die ein Problem haben“, sagt sie. Laut Ditz gehe es bei der Arbeit mit den Vierbeinern vor allem um die Fragen: „Warum hat sich mein Hund in dieser Situation genauso verhalten?“ Die Expertin erklärt, dass das Verhalten eines Hundes immer etwas zu bedeuten habe. Man müsse nur richtig zuhören. „Es geht darum, was ich verändern kann, damit mein Hund über sein Verhalten nachdenkt“, erklärt Ditz.
Das Trainingsprogramm
Aktuell sind zehn Hunde in dem Programm. Jedem Hund ist ein Pate zugeteilt. Meist müsse das Duo mit der Ansprechbarkeit der Vierbeiner beginnen. „Oft können sie nicht einmal die einfachsten Kommandos“, erklärt Ditz. Für das weitere Training sei dies aber die Grundlage. „Der Hund muss bereit sein, mir zuzuhören“, so die Expertin.
Wichtige Bestandteile des Programms seien positive Verstärkung, Beschäftigungs- und Entspannungsübungen. Letzteres soll das Ruheverhalten der Hunde fördern. Dabei handelt es sich um ergotherapeutische Ansätze, wie zum Beispiel Massagen. „Die Hunde sollen lernen, einfach mal durchzuatmen“, sagt Ditz. Gleichzeitig gewöhnen sie sich wieder an den Körperkontakt zu Menschen.
Zu den Beschäftigungsformen zählt zum einen das „Enrichment Konzept“. Die Expertin erklärt: „Das ist die Förderung von natürlichen Verhaltensweisen.“ Spielerisch erhält der Hunde eine Wahl und entscheidet nach seinen eigenen Bedürfnissen. Es erscheint meist banal. „Doch die Tatsache, dass der Hund etwas selbst bestimmen darf, gibt ihm viel Zufriedenheit“, erklärt Ditz.
Ein Leben für die Hunde
Seit zehn Jahren arbeitet Regina Ditz nun schon als Hundeverhaltenstherapeutin. Mit den Vierbeinern zu arbeiten, sei für sie etwas Besonderes. „Ich mag die Klarheit von Hunden“, sagt Ditz. Das Tier zeige immer das, was es denkt und braucht. Seit Beginn ihrer Tätigkeit, sei ihr eines klar gewesen: „Ich will nur mit Hunden arbeiten, die so verzweifelt sind, dass sie sich nicht anders zu helfen wissen, als ungemütlich zu werden.“
Patin mit Leib und Seele
Dass dieses Programm funktionieren kann, zeigte Chiara Thiele mit der Hündin Bambam. Seit Kurzem lebt der Vierbeiner bei seiner neuen Familie. Etwas, was sich Thiele auch für ihren neuen Schützling wünscht. „Das Training mit Jaro steckt noch in den Kinderschuhen“, sagt sie. Verliebt habe sich die junge Frau aber sofort in den zweijährigen Rüden. „Er gibt viel Liebe zurück und ist immer bereit zu trainieren.“
Gegenüber anderen Hunden, zeige Jaro meist aggressives Verhalten. Nicht aber den Menschen gegenüber. Für die 18-Jährige sei gerade das das Besondere an ihrem Schützling. „Er hat große Probleme, aber dennoch sucht er die Nähe zu den Menschen.“ Vor zwei Jahren habe die 18-Jährige mit dem Gassigehen angefangen. Vor ein paar Monaten nahm Regina Ditz sie in das Programm auf. „Jaro und ich passen gut zusammen“, sagt Thiele. Dass die Chemie zwischen Mensch und Hund stimmt, sei die Grundlage für eine gute Zusammenarbeit.
Nicht nur über die Bereitschaft der Hunde zum Mitmachen, freue sich Ditz. Auch das große ehrenamtliche Engagement der Hundepaten, mache sie stolz. Ab August werde sie verstärkt den Vierbeinern im Tierheim helfen. Es sei ihre Herzensangelegenheit, „die Hunde auf den Umzug in ihr neues Leben“ vorzubereiten.


