Nackt bis auf die Haut bei Echelon-Festival
„Leibesvisitation bis zu den Genitalien“? Welche Polizei-Kontrollen bei Festivals erlaubt sind
Bei Festivals sind sie an der Tagesordnung, ins Licht der Öffentlichkeit rückten sie zuletzt durch Beschwerden von zwei Echelon-Besuchern: Kontrollen durch die Polizei, für die sich die Betreffenden unter Umständen auch mal komplett entkleiden sollen. Warum es manchmal unangenehm intim werden muss.
Bad Aibling – Kein großes Musikfestival ohne entsprechende Polizei- und Security-Präsenz. Veranstalter und Besucher leben ganz gut damit, dient das Aufgebot doch in erster Linie der Sicherheit aller Beteiligten. Dass auch stichprobenartige oder – bei verdächtigen Ansätzen – gezielte Kontrollen dazugehören, ist ebenfalls jedem klar. Dass es dabei zu unangenehmen Situationen kommen kann, verwundert nicht. Gerade, wenn es um die Durchsuchung auf eventuell mitgeführte Drogen geht.
Zweifel an „Verhältnismäßigkeit“?
Inwieweit beispielsweise Kontrollen am Körper „verhältnismäßig“, gerechtfertigt oder begründet sind, lässt beim Durchsuchten in manchen Fällen auch Zweifel aufkommen. So wie es ein Besucher des Echelon-Festivals 2023 gegenüber dem OVB schilderte. Er habe schon als unangenehm empfunden, als er vor Betreten des Festivalgeländes von Polizeibeamten aufgehalten worden sei, von denen einer oberkörperfrei gewesen sei.
Als umso unangenehmer habe er es dann erlebt, dass er sich bei der Untersuchung in einem der bereitstehenden Zelte „vor einem halbnackten Mann komplett entkleiden und anfassen lassen“ habe müssen. „Ich konnte einfach nicht verstehen, wie das rechtens sein kann. Für mich hatte sich das vor allem durch die Tatsache, dass der Polizist halb nackt war, nach einem sexuellen Übergriff angefühlt“, schilderte er auch Wochen später immer noch spürbar aufgewühlt.
„Beamte dürfen ihre Kleidung anpassen“
Bei Festivals dieser Art ist es laut einem Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd allerdings nicht unüblich, dass sich Zivilbeamte den Umständen entsprechend kleiden dürfen. Bei den hohen Temperaturen sowie angesichts der ebenfalls sehr freizügigen Kleidung vieler Festivalbesucher können ihm zufolge auch Polizeibeamte ihre Kleidung anpassen, um nicht allein aufgrund der auffallenden Bekleidung von vornherein aufzufallen.
Was die körperliche Durchsuchung angeht – auch ein Besucher des Echelon 2024 hatte von einer „Leibesvisitation bis auf die Genitalien“ gesprochen – gebe es gesetzliche Grundlagen. Nach diesen könne jeder Besucher nach Betäubungsmitteln durchsucht werden, da es sich bei diesem Festival um einen Ort handle, „bei dem aufgrund polizeilicher Erfahrung deutlich gehäuft Betäubungsmittelkriminalität auftritt“.
Drogen in Intimbereich versteckt
Da Betäubungsmittel in der Regel sehr wenig Platz einnähmen und oftmals verdeckt am Körper aufbewahrt würden, müsse adäquat auf neuerliche „Trends“ des Versteckens reagiert werden. „Betäubungsmittel werden nun überwiegend im Intimbereich versteckt, da durch die Betroffenen zumeist davon ausgegangen wird, dass hier nicht durchsucht werden dürfe“, schildert der Beamte die Erfahrungen. Wäre dies allerdings tatsächlich der Fall, „könnte jede rechtmäßige Durchsuchung nach Betäubungsmitteln allein dadurch vereitelt werden“.
Bereits aus dieser Überlegung folge somit, dass im Falle einer rechtmäßigen Durchsuchung nach Betäubungsmitteln „natürlich auch am Intimbereich abgesucht werden darf“. Für die Durchsuchung bei Festivals wie dem Echelon gebe es blickdichte Zelte, die den gesetzlichen Vorgaben zum Schutz der Intimsphäre der Betroffenen gerecht würden.
Die körperliche Absuche erfolge in der Regel zwischen dem einzelnen Betroffenen und zwei Polizeibeamten. Dass in Deutschland stets zwei Polizeibeamte einer Maßnahme beiwohnen, habe vorwiegend den Gedanken der Eigensicherung, also den Schutz der Beamten zum Grunde. „Angefasst“ werde ein Betroffener nur dann, „wenn es erforderlich, mithin nach den Vorgaben des Polizeiaufgabengesetzes auch verhältnismäßig ist“.
Zum Vorwurf des Besuchers von 2023, ihm sei Gewalt „angeboten“ worden, als er sich nach anderen Optionen bei der Durchsuchung erkundigt habe, erklärt der Präsidiumssprecher, dass es sich hier „bereits nach dem Vortrag des Beschwerdeführers selbst nur aus laienhaftem Verständnis um eine ,Gewaltandrohung‘“ handle. Wenn Polizeibeamte rechtlich zulässige Folgen aufzeigten, sei dies rechtlich betrachtet keine Gewaltandrohung – etwa wenn man die Person darauf hinweise: „Wenn Sie nicht kooperieren, können wir die Maßnahme notfalls auch mit Gewalt durchsetzen. Dabei stellt jede körperliche Widersetzung Ihrerseits eine Straftat des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte dar.“
„Das ist stets das letzte Mittel“
Jedoch stelle besonders die Anwendung von unmittelbarer, körperlicher Gewalt stets das letzte und schärfste Mittel der zwangsweisen Durchsetzung dar, betont das Präsidium. Allerdings stelle man fest, „dass Betroffene von polizeilichen Zwangsmaßnahmen diese subjektiv konnotiert verfälscht vermehrt als ,Polizeigewalt‘ auffassen, was durch die nahezu ausschließlich zugunsten der Bayerischen Polizeibeamten endenden Strafgerichtsverfahren in diesen Fällen zweifelsfrei widerlegt wird“.