Schwein gehabt!
Lebenstraum Schweinezucht: So trotzt Viktoria Tauschke (37) aus Soyen dem Höfe-Sterben
Viktoria Tauschke verwirklicht in Soyen ihren Traum von der Schweine-Zucht: Weshalb sich die 37-Jährige dazu entschieden hat, warum es ihrer Vorstellung entspricht und woraus sie im stressigen Alltag ihre Kraft schöpft.
Soyen – Wenn Viktoria Tauschke sich dem Stall nähert, fangen ihre Schweine sofort an zu grunzen. Denn sie wissen: Jetzt gibt es Futter. Seit gut drei Jahren bewirtschaftet die 37-Jährige einen Bauernhof in Halmberg bei Soyen. Zu ihren Nachbarn muss sie etwa 100 Meter über eine Feldstraße mit Schlaglöchern fahren. Umgeben von Wiesen und Wäldern ist das alte „Grill“-Anwesen für die gebürtige Niedersächsin wie „ein Paradies“. Zuletzt hatte Tauschke in München gewohnt, bevor sie sich im tiefsten Oberbayern ihren Kindheitstraum erfüllte und nun ihr Leben als Landwirtin genießt.
Landwirtschaft: Schweine züchten statt Kühe melken
Mit ihrem Konzept unterscheidet sich die 37-Jährige jedoch von den sonst üblichen Milchvieh-Betrieben in der Region. Tauschke züchtet Bio-Schweine, kreuzt dafür laut eigenen Angaben Gourmet-Schweinerassen mit vom Aussterben bedrohten Nutzrassen. Damit will sie eine regionale Alternative für Fleisch aus Massentierhaltung anbieten. „Schließlich ist die Speisekarte in bayerischen Wirtshäusern voll von Schweinefleisch-Gerichten“, sagt Tauschke. Besonders in Oberbayern gebe es dafür wenige Züchter.
Ihren Eber, die fünf Sauen und 14 Ferkel hält die Soyenerin in Gruppen im Stall mit maximal acht Schweinen. Nur so würden die Tiere harmonisch und ausgeglichen miteinander leben, sagt Tauschke, die neben Landwirtschaft auch Tiermedizin studierte. Als Futter bekämen die Tiere Hafer und Weizen aus eigenem Anbau sowie gedämpfte Kartoffeln, Obst oder Eicheln. „Sojaschrot und weitere Ölsaaten sind absolut Tabu“, so die 37-Jährige.
Arbeitete selbst auf großem Schlachtbetrieb
Tauschke wuchs im Bereich des sogenannten „Schweinegürtels“ rund um Vechta und Cloppenburg in Niedersachsen auf. „Dort habe ich auch einmal auf einem großen Schlachtbetrieb gearbeitet. Das war wie am Fließband“, erinnert sich Tauschke. Diese Verhältnisse würden den Tieren nicht gerecht werden. „Schweine werden oft unterschätzt. Dabei sind sie schlau und sehr lieb“, sagt die Landwirtin.
Auf ihrem Hof versucht sie es deswegen besser zu machen. Die Tiere würden langsam wachsen können und werden im Alter von eineinhalb bis zwei Jahren geschlachtet. Dafür hat Tauschke auch ein festes Ritual. „Die letzte Nacht verbringt das Schwein alleine und in Ruhe in einem Anhänger und bekommt noch ein leckeres Essen, sozusagen eine Henkersmahlzeit“, erklärt sie. Auch wenn das für die 37-Jährige jedes Mal kein leichter Schritt sei und sie Mitleid mit dem Tier empfinde, habe sie mit dem Schlachten an sich kein Problem. „Schließlich esse ich selbst auch Fleisch“, erläutert Tauschke.
„Liebe Tiere schon seit meiner Kindheit“
Neben den Schweinen besitzt die 37-Jährige außerdem sieben Kühe, 15 Hühnern und eine Katze. Zudem hat sie fünf Dackel, die sie bei ihren Arbeiten auf dem Hof begleiten und um sie herumwuseln. „Ich liebe Tiere schon seit meiner Kindheit und wollte immer einmal selbst welche halten“, erinnert sich die 37-Jährige, die mit ihrem Sohn in Soyen wohnt.
Die meisten Arbeiten erledigt Tauschke alleine. An manchen Tagen werde sie von ihrem ehemaligen Partner oder den Nachbarn unterstützt, berichtet sie. Dennoch verlangt das Leben als Landwirtin viel ab. Denn es ist immer etwas zu tun. Tauschke repariert Zäune, füttert die Tiere, verlegt die Kabel der Stallheizung und erledigt die Büroarbeiten. „Viel Schlaf bekomme ich derzeit nicht“, sagt sie.
Leben von der Landwirtschaft könne sie nicht. Auch wenn der Hof staatlich bezuschusst werde, reiche das nur als Nebeneinkunft. Hauptberuflich ist die 37-Jährige als Tiermedizinerin tätig, hält Vorträge über Tier-Ernährung und berät Halter.
Leben auf dem Hof nie angezweifelt
Ob sie Angst hat, dass ihr das alles zu viel wird? „Ich habe halt Spaß daran und verwirkliche mir hier meinen Traum.“ Bisher habe sie ihr derzeitiges Leben auf dem Hof nie angezweifelt. Landwirte hätten zudem oft den Druck, einen Familienbetrieb weiterführen zu müssen. Diese Bürde muss Tauschke, die den Hof in Almberg gepachtet hat, nicht tragen. „Ich baue mir hier erst eine Landwirtschaft auf. Das hier ist meine Leidenschaft und ich liebe meine Tiere. Daraus schöpfe ich Kraft“, sagt sie.
Um das alles zu schaffen, brauche man zudem auch Mut, ist die Wahl-Soyenerin überzeugt. „Ich bin ein Mensch, der Dinge einfach anpackt und dann macht.“ Auch wenn sie vieles mit „Learning by doing“ regle, gehöre zum Leben auf dem Bauernhof auch Wissen über Landwirtschaft dazu – und darüber, wo es welche staatlichen Zuschüsse gebe, sagt die 37-Jährige.
Wer sich ein Bild von Tauschkes Leben auf dem Schweinehof machen möchte, kann die Landwirtin nicht nur in der Serie „Raus aufs Land“ von ARD und BR verfolgen, sondern auch auf Social Media. Unter „teckelteam.de“ postet die 37-Jährige fast täglich auf Instagram, klärt dabei über Tiergesundheit auf und zeigt, was auf dem Betrieb gerade passiert – und das möglichst authentisch. Auch die unschönen Dinge spart sie nicht aus. So teilte sie erst kürzlich, dass ein Ferkel von den anderen Tieren gefressen wurde. „Schweine können nämlich zu Kannibalen werden, weswegen sie in möglichst kleinen Gruppen gehalten werden sollen“, erklärt sie. Hier sei wohl ein Ferkel versehentlich in den Bereich der anderen Schweine gekommen, so Tauschke.
Insgesamt seien Schweine jedoch friedvolle, freundliche und schlaue Tiere. Und würden gerne gestreichelt werden. In Zukunft will die 37-Jährige zwei Tiere zu Therapie-Schweinen ausbilden und ihren Hof mit Mini-Schweinen erweitern.





