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Kolbermoors Bürgermeister Peter Kloo im OVB-Exklusivinterview

Wohnungen und ein Gründerzentrum fürs Handwerk? Das soll in der „Schwaig“ entstehen

In der „Schwaig“ stehen sechs Hektar kommunaler Fläche für die Entwicklung Kolbermoors bereit. Warum es für die richtige Mischung aus Wohnen und Gewerbe eine Denkfabrik braucht, erklärt Bürgermeister Peter Kloo im Interview mit den OVB-Heimatzeitungen.
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In der „Schwaig“ stehen sechs Hektar kommunaler Fläche für die Entwicklung Kolbermoors bereit. Warum es für die richtige Mischung aus Wohnen und Gewerbe eine Denkfabrik braucht, erklärt Bürgermeister Peter Kloo im Interview mit den OVB-Heimatzeitungen.

Seit vier Jahren liegen in der „Schwaig“ sechs Hektar kommunaler Fläche brach. Warum entstehen dort nicht kurzfristig Wohnungen oder Gewerbeflächen? Und warum geht die zeitaufwendige Bauleitplanung jetzt in die nächste Runde? Im Interview mit den OVB-Heimatzeitungen erklärt Bürgermeister Peter Kloo, welche Bedeutung diese letzte überplanbare Fläche für Kolbermoor hat.

In Kolbermoor stehen mehr als 400 Menschen auf der Warteliste für kommunalen Wohnraum. Warum baut die Stadt nicht einfach Wohnungen in der „Schwaig“ ?

Peter Kloo: Die „Schwaig“ ist eine der letzten Flächen, die wir als Stadt noch überplanen können. Es wäre schade, sie allein für Wohnungsbau zu nutzen. Denn wo sollen dann unsere Handwerker hin, die dringend Fläche brauchen und dort ideal an die B 15 angebunden wären. Im Wohnungsbau ist an der Conradty-Straße extrem viel gewachsen. Zudem setzen wir auf Nachverdichtung. Wir haben in unseren Siedlungsgebieten noch freie Parzellen. Würden wir hier optimal nachverdichten, könnten wir Wohnraum für insgesamt etwa 24.000 Einwohner schaffen. Dabei stellt sich natürlich grundsätzlich die Frage, wie weit Kolbermoor wachsen will und welchen Zuzug die Nachbargemeinden aufnehmen können. Das ist ein sehr komplexes Thema.

Sechs Hektar groß ist das Gebiet in der „Schwaig“, das der Stadt Kolbermoor zur Verfügung steht. Es reicht von der Wohnbebauung im Westen bis zum Mitterbacher Graben im Osten, und ist das letzte Gebiet, das die Stadt überplanen kann.

Die „Schwaig“ war für Wohnraum und Gewerbe gedacht. Warum dauert es von der Idee über den Kauf des Areals im Jahr 2018 bis zur Umsetzung so lange?

Kloo: Es gibt in diesem etwa sechs Hektar großen Gebiet drei wesentliche Herausforderungen. Die größte ist das Wasser – also das Hochwasser der Mangfall, das Grundwasser und das Niederschlagswasser. Die „Schwaig“ war immer ein wichtiges Retentionsgebiet für die Mangfall. Wer das Hochwasser 2013 miterlebt hat, kann sich daran erinnern, dass die Fluten der Mangfall dort abgeflossen sind. Inzwischen wurden zahlreiche Hochwasserschutzmaßnahmen an der Mangfall umgesetzt. In Kolbermoor sind sie abgeschlossen. Und damit sind wir auch jetzt erst in der Lage, das Gebiet in der Schwaig zu entwickeln. Wir haben inzwischen auch Antworten auf die Frage, wie wir das etwa sechs Hektar große Gebiet so bebauen können, dass das Oberflächenwasser dort zurückgehalten wird, wo es entsteht. Eine weitere Herausforderung ist die verkehrstechnische Erschließung des neuen Gebietes von der Staatsstraße aus. Zudem brauchen wir eine gute Lösung für das gesunde Miteinander von Gewerbe und Wohnen.

Wird deshalb jetzt noch einmal alles „auf Anfang“ gestellt?

Kloo: Nicht auf Anfang. Wir bauen auf den bisherigen Planungen auf, führen jetzt aber die Bebauungspläne „Wendelstein Ost“ und „Rasco“ zu einem Bebauungsplan „Gewerbegebiet am Rothbachlgraben“ (Nr. 91) zusammen. Ziel ist es, das bestehende Gewerbegebiet mit der Bayernwerk Netz GmbH, der Rofa Industrial Automation AG, der Cohu GmbH sowie dem Bauhof und Wertstoffhof der Stadt Kolbermoor als Einheit im Bebauungsplan „Gewerbegebiet am Rothbachlgraben“ parallel zum neuen Gelände im Planungsgebiet des Bebauungsplanes Nr. 90 „Schwaig“ zu entwickeln. Der Bauausschuss hat das einstimmig befürwortet.

Warum ist das wichtig?

Kloo: Weil die Entwicklung beider Gebiete zusammenhängt und sich gegenseitig bedingt. Die Schwaig kann verkehrstechnisch nur über die Geigelsteinstraße erschlossen werden, an der die genannten Gewerbebetriebe angesiedelt sind. Der Wertstoffhof braucht perspektivisch doppelt so viel Platz wie bisher. Für ihn brauchen wir Flächen in der Schwaig. Dann könnte sich auch unser Bauhof vergrößern und das bisherige Gelände des Wertstoffhofes mit nutzen. Gewerbeerweiterungen und -neuansiedlungen sowie das Wohnen in den Siedlungsgebieten im Westen müssen gut aufeinander abgestimmt sein. Die Entwicklung der beiden Planungsgebiete hängt also unmittelbar miteinander zusammen.

Gewerbeerweiterungen und Wohnen in den Siedlungsgebieten im Westen der Schwaig sollen harmonisch aufeinander abgestimmt werden. Deshalb werden die Bebauungspläne des bestehenden Gewerbegebietes am Rothbachlgraben und des neu geplanten Gebietes an der Schwaig jetzt parallel entwickelt.

Was genau soll denn nun in der Schwaig entstehen?

Kloo: Drei Dinge stehen fest. Wir brauchen einen neuen Wertstoffhof, damit eine Erweiterung unseres Bauhofes möglich wird. Wir wollen geförderten Wohnungsbau. Und wir wollen im Gewerbegebiet Platz für die Ansiedlung von Handwerksbetrieben schaffen. Da gibt es bereits sehr viele Anfragen. Doch an diese Stelle kommen wir zu einer strukturellen Frage, nämlich ob wir Gewerbegrund verkaufen oder einen Handwerkerhof gründen wollen.

Warum ist diese Frage so grundlegend?

Kloo: Weil sich unsere Gesellschaft verändert hat. Vor zehn Jahren haben unsere Unternehmen händeringend darum gekämpft, Arbeitsplätze zu schaffen. Heute suchen die Unternehmen verzweifelt nach Fachkräften. Stellt sich also die Frage, ob Handwerker perspektivisch noch eigene Grundstücke brauchen und finanzieren können oder ob wir in ein kommunales Gründerzentrum investieren, in dem es eine zentrale Verwaltung für alle gibt, und die Handwerker selbst nur kleine, ihrem wirklichen Lager- und Werkstattbedarf entsprechende Flächen mieten. Ein solches Projekt schauen wir uns jetzt an, um dann in unserer Kolbermoorer Denkfabrik – das ist der Projektausschuss des Stadtrates, dem die Fraktionssprecher und Fachleute aus der Wirtschaft angehören – darüber zu diskutieren, wie die Schwaig entwickelt werden soll. Wir wollen neuen Gedanken Raum geben. Es gibt 1000 Fragen. Und das Ergebnis ist völlig offen, wird aber zu gegebener Zeit natürlich im Stadtrat öffentlich diskutiert werden.

Das kann dauern...

Kloo: Stadtentwicklung dauert, Aber wie gesagt. Es ist das letzte Grundstück, das wir überplanen können. Deshalb sollten unsere Ideen Zukunftspotenzial haben.

Mehr als 16 Millionen Euro für Hochwasserschutz in Kolbermoor

Am Hochwasserschutz für das Gemeindegebiet von Kolbermoor wird seit 13 Jahren intensiv gearbeitet. Die Maßnahmen waren in sechs Bauabschnitte unterteilt. Nach Informationen des Wasserwirtschaftsamtes Rosenheim wurden seit 2011 folgende Bauabschnitte realisiert:

Im Bauabschnitt 01 wurde der bestehende Deiches vom Spinnereiwehr bis zur Zugspitzstraße erhöht und eine Binnenentwässerungsleitung gebaut. Die Kosten beliefen sich auf etwa 720.000 Euro.

Im Bauabschnitt 02 wurde südlich der Mangfall eine Deichrückverlegung bis zur Staatsstraße zur Erhaltung des Retentionsraumes und eine Verlegung der Kaltenbrunnbachmündung in Richtung Osten durchgeführt. Der neue Hochwasserschutzdeiches ist etwa einen Kilometer lang. Der Mangfall stehen dadurch etwa 120.000 Kubikkmeter zusätzlicher Rückhalteraum zur Verfügung. Die Einmündung des Kaltenbrunnbaches wurde circa 950 Meter flussabwärts verlegt. Die Rückstaugefahr bei Hochwasser aus der Mangfall wird somit entschärft. Ebenso wurde eine zusätzliche ökologisch wertwolle Auwaldfläche in der Größe von circa 20 Fussballfeldern im Stadtgebiet reaktiviert. Die Erholungsfunktion konnte erheblich verbessert werden.
Die Kosten für den zweiten Bauabschnitt beliefen sich auf 2,1 Millionen Euro. Die Stadt Kolbermoor beteiligte sich mit 550.000 Euro an dem Projekt, das aus Mitteln der Europäischen Union kofinanziert wurde. Der Bauabschnitt 02 schützt im Stadtgebiet von Kolbermoor etwa 1.500 Gebäude und 5.000 Einwohner auf einer Größe von rund 260 Fussballfeldern vor einem so genannten Jahrhunderthochwasser (HQ 100).

Die Maßnahme umfasste den Abbruch der bestehenden Wehranlage (Spinnereiwehr) und den Neubau von zwei naturnahen aufgelösten Rampen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes und Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit.

Der Bauabschnitt 03 umfasste den Abbruch der bestehenden Wehranlage (Spinnereiwehr) und den Neubau von zwei naturnahen aufgelösten Rampen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes und Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit. Kosten: etwa 1.2 Millionen Euro.

Der Bauabschnitt 04 erstreckt sich im Innenstadtbereich von Kolbermoor beidseitig der Mangfall vom Spinnereiwehr bis zur Stadtgrenze zu Rosenheim. Nach dem Hochwasser 2013 wurden zum sofortigen Schutz der Bürger Spundwände eingebracht. Aus statischen Gründen wurden im Teilabschnitt an der Brückenstraße Betonwände auf Bohrpfählen errichtet. 2015 wurde über die Gestaltung der Spundwände eine Bürgerbeteiligung durchgeführt. Wesentliche Ergebnisse waren die Abdeckung der Spundwände mit Betonfertigteilen, die Zugänglichkeit der Mangfall über Treppen und Öffnungen in der Hochwasserschutzwand sowie die Gestaltung beliebter Plätze am Mangfallufer hinter der Mauer. Die Bäume in den sogenannten Bastionen sollten den ursprünglichen Alleecharakter wieder herstellen. Im Bereich des Friedhofs wurde 2017 und 2018 die noch verbliebene Lücke im Hochwasserschutz im Innenstadtbereich geschlossen. Dazu wurde auf der Wasserseite des Weges eine auf Bohrpfählen gegründete Betonmauer errichtet. Außerdem wurden am Friedhofsvorplatz Sitzstufen zur Mangfall gebaut. Dieser Bereich wird im Hochwasserfall mit mobilen Elementen geschlossen. Bis Herbst 2020 wurde die Abdeckung der Spundwände im gesamten Stadtbereich mit Betonfertigteilen und einer Stahlabdeckung in Teilbereichen erneuert. Die Gesamtkosten belaufen sich auf etwa 9.15 Millionen Euro.

Der Bauabschnitt 05 erstreckt sich nördlich der Mangfall den Bereich der Spinnereiinsel, vom Walzenwehr bis zum umgebauten Spinnereiwehr. Die Deiche wurden an den Mangfallkanal zurückverlegt und auf ein HW100 + 1m Freibord ausgebaut. Der rechtsseitige Deich wurde im Bereich von der Aiblinger Brücke bis zur ehemaligen Mündung Kaltenbrunnbach ebenfalls mit einer Innendichtung sowie einer Binnenentwässerung versehen. Die Maßnahme wurde 2012 fertig gestellt und hat sich bereits beim Hochwasser 2013 bewährt. Die Kosten beliefen sich auf etwa 3,8 Millionen Euro. Die Maßnahme wurde mit Mitteln der Europäischen Union kofinanziert.

Der Bauabschnitt 06 in der Willinger Au ist noch in Arbeit. Geplant wurde eine Deichrückverlegung im Bereich des Auwaldes zwischen Aiblinger Brücke und Mündung des Willinger Mühlbaches. In den Jahren 2019 und 2020 wurden vorbereitende Maßnahmen wie Rodung der Flächen und Baugrunderkundungen für den Hochwasserschutz ausgeführt. 2020 und 2021 erfolgte zudem der erste Teilabschnitt mit dem Bau eines Deiches zwischen der Mangfall und der Staatstraße St2078 hinter der Bebauung. In den neu aufgeschütteten Deich wurde eine Innendichtung (Erdbetonwand) eingebracht und mit Stahlträgern verstärkt. 2022 und 2023 werden in einem zweiten Teilabschnitt die Spundwände entlang der Staatsstraße gerammt und ein Sielbauwerk für die Steuerung des Gererbach errichtet. Anschließend wird die bereits erfolgte Verlegung des Willinger Mühlbachs mit neuem Mündungsbereich aktiviert.

Der entscheidende Hochwasserschutz für das Mangfalltal wird durch das Hochwasserrückhaltebecken Feldolling geschaffen. Es befindet sich auf der Südseite der Mangfall auf Höhe des Ortsteils Feldolling der Gemeinde Feldkirchen Westerham und kann insgesamt 6,62 Millionen Kubikmeter Wasser zurückhalten. Mit dem Becken können extreme Hochwasserereignisse zum Wohl der Menschen im unteren Mangfalltal entschärft werden.

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