Warten nimmt kein Ende
Frust pur: Kolbermoorer speist seit einem Jahr Strom ins Netz – sieht aber keinen einzigen Cent
Seit über einem Jahr speist Bernd König Strom von seiner Solaranlage in das Netz von Bayernwerk ein. Gesehen hat er bislang keinen Cent dafür. Auch klärende Antworten bekommt der Kolbermoorer nicht von seinem Netzbetreiber – trotz unzähliger Versuche. Wie kann das sein?
Kolbermoor – Über die Schlagzeile „Weniger Geld für Solarstrom vom Dach“ kann Bernd König aus Kolbermoor nur müde lächeln. Denn er bekommt überhaupt kein Geld für den Strom, den er über seine Solaranlage gewinnt und seit August des vergangenen Jahres offiziell in das Netz von Bayernwerk einspeist.
Im März 2023 nimmt Bernd König seine Anlage auf dem Dach seines Hauses in Betrieb, meldet sie im Mai desselben Jahres bei der Bundesnetzagentur an. Was noch fehlt, ist der richtige Zähler. Einer, der zum einen die Menge Strom anzeigt, die er aus dem Netz entnimmt und zum anderen die Menge an eigenem Strom, die er einspeist.
Monate auf Zählertausch gewartet
Die gesetzliche Frist für den Zählertausch liegt laut Bayernwerk Netz bei acht Wochen, wobei es in Einzelfällen aufgrund aktueller Kapazitäten jedoch länger dauern könne. Bei Bernd König war das, wie er schildert, tatsächlich erst im August 2023 der Fall. „Weil die Eichfrist des bisherigen Zählers abgelaufen sei, hieß es. Sonst würde ich wahrscheinlich heute noch warten“, vermutet der Kolbermoorer.
Die Technik funktioniert seinen Worten zufolge einwandfrei. 5500 Kilowatt pro Stunde habe er seither eingespeist, liest er von seinem Zähler ab. Pro Kilowattstunde stünden ihm gemäß Förderung im Zuge des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 8,02 Cent als Vergütung zu. Doch das Geld habe er bislang ebenso wenig bekommen wie Antworten und seinen Einspeisevertrag.
Zahlreiche Anrufe, schier endlose Warteschleifen
„Zahlreiche Anrufe mit schier endlosen Warteschleifen haben daran nichts geändert. Immer landet man bei Service-Mitarbeitern, die das Anliegen bereitwillig und freundlich an die Fachabteilung weiterleiten wollen, welche natürlich nie direkt erreichbar ist“, schildert König seine Bemühungen. Briefe oder E-Mails würden nach Monaten beantwortet mit der Aussage „Bitte haben Sie Geduld und fragen Sie nicht noch einmal für dasselbe Anliegen nach, was unser System nur unnötig belastet“.
Mit im gleichen Boot sitze auch sein Nachbar, der auf dem Dach seiner eigenen Doppelhaushälfte zur gleichen Zeit ebenfalls eine Photovoltaikanlage installieren ließ. „Bei ihm ist jetzt noch dazu der neue Zweirichtungszähler kaputtgegangen. Seine Bemühungen, einen Ersatz zu erhalten, sind bisher ebenfalls gescheitert“, schildert Bernd König. So könne er nicht einmal mehr nachweisen, wie viel Strom er entnimmt und einspeist. Man komme beim Netzbetreiber einfach nicht weiter.
Auf OVB-Anfrage äußert das Unternehmen zwar zunächst sein Bedauern über diesen Vorfall und erklärt, dass die Anmeldung von Königs Photovoltaikanlage „leider nicht korrekt in unserem System gespeichert“ worden sei. Dies habe man inzwischen behoben. Als nächsten Schritt teilt Bayernwerk Netz aber dann mit, man werde nun „umgehend einen Termin zur Zählerinstallation mit dem Kunden festlegen“. Dabei werde man sich bemühen, dass dies „deutlich schneller“ geschehe als sonst. Bernd König ist perplex: Den Zähler hat er bereits seit über einem Jahr. Auf konkrete Antworten und eine Lösung in Sachen Abrechnung wartet er hingegen weiterhin vergebens.
Bayernwerk nennt Gründe für die längeren Wartezeiten
Gegenüber dem OVB teilt Bayernwerk Netz weiter lediglich mit: „Die aktuell längeren Wartezeiten bei der Bearbeitung von Anmeldungen resultieren aus zwei Effekten: Seit 2021 ist die Bayernwerk Netz mit einer stark steigenden Anzahl an Anfragen sowohl bei Erzeugungs- als auch Bezugsanlagen wie etwa Lade-Infrastruktur für Elektromobilität konfrontiert. Die steigende Anzahl an Anfragen führt wiederum zu mehr Leistungsreservierungen im Netz. Durch die zunehmenden Leistungsreservierungen nehmen die freien Kapazitäten im Netz ab und die Ermittlung gesamtwirtschaftlich optimaler Netzverknüpfungspunkte wird zunehmend aufwendiger.“
Die Bearbeitung der Anmeldungen erfolge aus Gründen der Diskriminierungsfreiheit nach dem Prinzip „First In – First Out“, spricht, wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Schließlich müssten „sämtliche Anschlussanfragen für eine verlässliche Zusage einzeln und gewissenhaft geprüft werden“. Man habe zwischenzeitlich eine Reihe von Lösungen und Maßnahmen umgesetzt, um die Bearbeitungsdauer für alle Kunden zu verringern, versichert das Unternehmen.
Was das für Bernd König und seinen Nachbarn heißt, beziehungsweise bis wann sie nun mit der ihnen zustehenden Vergütung rechnen können – die Frage bleibt offen. „Meine Lösung: ich kaufe mir jetzt ein E-Auto. Das ist ohnehin lukrativer als einzuspeisen – 30 Cent pro Kilowattstunde Ersparnis beim Laden statt acht Cent Einspeisevergütung...“, sagt der Kolbermoorer.
