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Schwester fiel beim Besuch in Kolbermoor aus allen Wolken

„Skandal“? Warum Angehörige nichts über die Verlegung eines Pflegebedürftigen wussten

Wer muss informiert werden, wenn eine Person von einem Pflegeheim in eine andere Einrichtung verlegt wird? (Symbolbild).
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Wer muss informiert werden, wenn eine Person von einem Pflegeheim in eine andere Einrichtung verlegt wird? (Symbolbild).

Als sie ihren Bruder in einem Kolbermoorer Seniorenheim besuchen wollte, war er gar nicht mehr da. Als Angehörige wurde die Schwester über die Verlegung nicht informiert. Warum das sein kann, und wieso die gesetzliche Betreuung zum Streitfall wurde.

Bruckmühl/Kolbermoor – Es klingt wie ein schlechter Film. Als Hannelore Bauer aus Bruckmühl ihren Bruder Günter im „Haus der Betreuung und Pflege am Wendelstein Kolbermoor“ im Herbst vergangenen Jahres besuchen wollte, fiel sie aus allen Wolken. Denn dort erklärte man ihr, dass eine Station geschlossen wurde, ihr Bruder deshalb gar nicht mehr vor Ort sei. „Sie haben ihn nach München verlegt, ohne uns zu informieren“, spricht Heinz Bauer nun aufgebracht gegenüber den OVB-Heimatzeitungen über seinen Schwager.

Bauer nennt die Situation einen „Skandal“. Der 78-Jährige – „er hat Pflegebedarf“ – fühle sich zudem im neuen Umfeld überhaupt nicht wohl und würde gerne wieder in die Heimat zurückkehren. Dies habe er erzählt, als Hannelore Bauer ihn im Münchner Pflegeheim besuchte. Dass man Angehörige, die sich um den Mann kümmern würden, einfach vergisst und sie über eine solche Verlegung nicht informiert, können Bauer und seine Frau, beide 75 Jahre alt, ganz und gar nicht verstehen.

Betreuer: Vorwürfe entsprechen nicht der Wahrheit

Ein großes Problem sieht Heinz Bauer in der rechtlichen Betreuung. Der gesetzliche Betreuer würde sich nicht kümmern und hätte gar kein Interesse daran, die schlechte Situation des Pflegebedürftigen zu ändern. Doch was steckt dahinter und wie kann es sein, dass Angehörige nicht informiert werden, wenn ein Bewohner verlegt wird?

Auf OVB-Nachfrage teilt der gesetzliche Betreuer (er will namentlich nicht genannt werden) mit, dass die Anschuldigungen nicht der Wahrheit entsprächen. Er betreue den 78-Jährigen schon seit über sechs Jahren und er selbst wurde von der Einrichtung über die Verlegung ordnungsgemäß informiert. Angehörige, die in einem entsprechenden Verhältnis stehen und sich kümmern, würden natürlich auch über eine Verlegung informiert.

„Die Geeignetheit eines Betreuers ergibt sich aus verschiedenen Sachverhalten.“

Michael Schwägerl, Betreuungsstelle Landratsamt Rosenheim

Er selbst aber habe den Schwager seines Klienten nach all den Jahren jetzt erst kennengelernt. Er habe sich zuvor nicht um den Pflegebedürftigen gekümmert, so der gerichtlich bestellte Betreuer. Im Übrigen sehe er keinen Anlass zu Veränderung, dem Pflegebedürftigen gehe es sehr gut.

Angehörige: „Wir haben uns immer gekümmert“

Angesprochen darauf betont Heinz Bauer entrüstet, dass die letzten Corona-Jahre sowie gesundheitliche Beschwerden seiner Frau die Fürsorge für den 78-Jährigen erschwert hätten. Dies würde ihnen nun seitens des Betreuers so ausgelegt, als hätten sie sich um nichts gekümmert. Doch das sei falsch: „Wir haben uns immer gekümmert, haben ihn zum Beispiel 25 Jahre lang an Weihnachten und Silvester zu uns geholt.“

Man habe überhaupt erst Pflege beantragt, da er sich nicht selber helfen könne. Menschen wie sein Schwager, die ihre Meinung nur schwer selbst äußern könnten, würden vom System beziehungsweise von Betreuern ausgenutzt. Auch die angebotene Hilfe – man habe extra einen Pflegeplatz in Feldkirchen-Westerham für ihn organisiert, damit er wieder in der Gegend leben kann – sei unbeachtet geblieben, so Bauer verzweifelt.

Pflegeheim kam seiner Verpflichtung nach

Doch warum hat das Kolbermoorer Pflegeheim seine Schwester und Schwager, in diesem Fall die nächsten Angehörigen des verlegten Bewohners, nicht über den Umzug informiert? Eine Sprecherin der Unternehmensgruppe „Korian“, zu der auch die Kolbermoorer Pflegeeinrichtungen gehört, teilt auf Nachfrage mit, dass man „bei wichtigen Veränderungen qua Gesetz dazu verpflichtet“ sei, diejenigen Angehörigen und Vertreter der Bewohner zu informieren, die als deren gesetzliche Vertreter fungieren. Dieser Verpflichtung ist die Einrichtung nachgekommen.

Wenn ein gesetzlicher Betreuer eingesetzt werde, dann sei dieser auch Ansprechpartner für die Einrichtung. „Seine Aufgabe ist es wiederum, Familie und Angehörige über Veränderungen in Kenntnis zu setzen. Dass Familienangehörige vom gesetzlichen Betreuer über Veränderungen informiert werden, ist die vorgesehene Vorgehensweise“, so die Sprecherin.

Warum musste die Station geschlossen werden?

Hinsichtlich der geschlossenen Station verweist „Korian“ auf den „gravierenden Fachkräftemangel“, unter dem die gesamte Pflege- und Gesundheitsbranche leide. Dies habe in der Kolbermoorer Einrichtung dazu geführt, dass zeitweise nicht genügend Personal für alle drei Wohnbereiche des Hauses zur Verfügung stand. Um die notwendige Versorgung der Bewohner zu gewährleisten, habe man intern umstrukturiert und einen Wohnbereich vorübergehend geschlossen, was zunächst zur Verlegung von Bewohnern in andere Zimmer führte.

Einige seien schließlich in umliegenden Einrichtungen untergebracht worden. „Das Vorgehen hatten wir vorab ausführlich und transparent mit der Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA, vormals Heimaufsicht) abgestimmt, die unser Vorgehen befürwortet und begleitet hat“, erklärt die Pressestelle von „Korian“. Mittlerweile habe sich die Personalsituation im Haus entspannt. „Wir haben unsere ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohner kontaktiert und nehmen sie bevorzugt wieder in unser Haus auf“, so die Sprecherin.

Wechsel des Betreuers grundsätzlich möglich

Unabhängig von der Frage, wer wen hätte informieren müssen, ist klar: Die Fronten zwischen den Angehörigen und dem gesetzlichen Betreuer sind verhärtet. Hier steht Aussage gegen Aussage. Doch wie ist die Betreuungssituation grundsätzlich geregelt? Kann man als Angehöriger die Betreuung übernehmen, obwohl bereits ein gesetzlicher Betreuer existiert?

Eine Nachfrage bei der Betreuungsstelle des Landratsamtes Rosenheim liefert Antworten. „Ein gesetzlicher Betreuer wird im Rahmen eines Beschlusses des zuständigen Amtsgerichts (Betreuungsgerichts) eingesetzt“, sagt Michael Schwägerl von der Betreuungsstelle. Grundsätzlich kann bei diesem Gericht auch jederzeit ein Antrag auf einen Wechsel der Betreuung gestellt werden. Dieser, so Schwägerl, würde seitens des Gerichts geprüft.

Wann ist ein Betreuer „geeignet“?

„Die Geeignetheit eines Betreuers ergibt sich aus verschiedenen Sachverhalten, die nicht eigenständig aufgelistet werden können“, erklärt Schwägerl. Grundsätzlich würde bei der Entscheidung, wer Betreuer sein soll, aber immer das Wohl des Betreuten im Vordergrund stehen.

Laut Angaben des Landratsamtes bestellt das Betreuungsgericht grundsätzlich auf Antrag des zu Betreuenden selbst oder von Amts wegen einen Betreuer, wenn ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht selbst besorgen kann. Der Betreuer wird in den Angelegenheiten, die der Betroffene nicht mehr selbst besorgen kann, als dessen Vertreter tätig.

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