Förderverein auf der Suche nach historischen Schätzen
Das Gedächtnis der Stadt: Wer seit 25 Jahren die Geschichte Kolbermoors hütet
Seit 25 Jahren hat Kolbermoor ein Heimat- und Industriemuseum. Seitdem hütet der Förderverein hier die Geschichte der Stadt und sorgt dafür, dass neben historischen Schätzen auch Leben in die Alte Post kommt.
Kolbermoor – Wer Informationen über die Kolbermoorer Geschichte sucht, der weiß genau, an wen er sich wenden muss – an Stefan Reischl, den Leiter des Heimat- und Industriemuseums. Gemeinsam mit 100 Mitgliedern des Fördervereins und einem aktiven Kern von etwa 15 ehrenamtlichen Heimatforschern bewahrt er die Geschichte der Stadt. Was der Verein wirklich leistet, bleibt der Öffentlichkeit meist verborgen und kommt nur einmal im Jahr zu Sprache, dann nämlich, wenn zur Jahreshauptversammlung gerufen wird.
Besucherzahlen erholen sich langsam wieder
156 Erwachsene und 207 Kinder sowie weitere 36 Besucher während der Sonderöffnungszeiten zur Schmiede-Biennale konnten im vergangenen Jahr wieder im Museum begrüßt werden. Damit wurde zwar noch nicht wieder das Vor-Corona-Ergebnis von 2019 mit 695 Besuchern – darunter 484 Erwachsene und 211 Kinder – sowie sieben Schulklassen erreicht. „Aber eine leichte Erholung können wir immerhin beobachten“, sagt Museums-Leiter Reischl.
Die Mitglieder des Fördervereins ermöglichen es interessierten Besuchern an jedem Wochenende außerhalb der Ferien – immer samstags und sonntags, von 14 bis 17 Uhr, in die Geschichte ihrer Stadt einzutauchen. Für Gruppen werden zudem Sonderführungen angeboten. So besuchten auch im vergangenen Jahr neun Schulklassen das Museum. Hinzu kommt das Ferienprogramm, das 2022 ins E-Werk der Spinnerei und in die Nicklheimer Filze führte.
Was hinter den Kulissen passiert
Was keiner sieht, ist die Arbeit hinter den Kulissen: So wird der Keller seit der Umstellung der Heizung Schritt für Schritt renoviert und zum Archiv umgebaut. Sonderausstellungen zur 150-jährigen Geschichte der Schulen in einer 160-jährigen Gemeinde oder zum 100-jährigen Bestehen des Bahnhofsgebäudes gehören ebenfalls dazu.
Wie bescheiden der Verein haushaltet, war am Kassenbericht zu erkennen. Die größten Einnahmen stammen mit 2200 Euro aus den Mitgliedsbeiträgen. Zudem gingen 648 Euro an Spenden ein. Eintrittsgelder von 260 Euro wurden verbucht, denn Kinder bezahlen nun einen, Erwachsene zwei Euro Eintritt. Für die Erweiterung der Ausstellung wurden knapp 1100 Euro ausgegeben, für neue Stühle für Arbeitsplätze im Archivkeller 500 Euro.
Ehrung für 25 Jahre Vereinszugehörigkeit
Mit dem Ende der Post im historischen Gebäude am Bahnhofsvorplatz begann vor 25 Jahren die Geschichte des Heimat- und Industriemuseums, das im Oktober 1998 dort sein Domizil fand. Das neue Museum sorgte damals auch für neuen Zulauf für den Verein. Und so konnten jetzt Mitglieder für ihre 25-jährige Vereinszugehörigkeit geehrt werden: Rosemarie Baier, Ursula Held, Nikolaus Kannengießer, Ernst Märzendorfer, Kurt Mittermaier, Michael Beutl für den Trachtenverein „D‘Mangfalltaler“, Christian Staudinger für den Trachtenverein „Immergrün“ und Denis Brick für das Beratungs-Center Kolbermoor der Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling nahmen aus den Händen des Vereinsvorsitzenden Ehrenurkunde und -nadel in Empfang.
Ausstellungsbereiche neu gestaltet
Der Förderverein des Heimat- und Industriemuseums Kolbermoor war schon zwei Jahre zuvor – am 1. April 1987 – unter Federführung von Horst Rivier gegründet worden. An den „Berliner Kolbermoorer“ können sich viele Vereinsmitglieder noch gut erinnern: „Er war unermüdlich auf Flohmärkten unterwegs und sammelte alles, was irgendwie mit seiner Wahlheimat Kolbermoor zu tun hatte“, berichtet Walter Weinzierl, der Ehrenpräsident der Mangfalltaler Trachtler.
Die vielen Torfwerkzeuge beispielsweise, die heute im Museum zu sehen sind, trug Rivier zusammen. Hatte er erst im Kellerraum des Kindergartens in der Bodenseestraße eine kleine Ausstellung, wächst die Anzahl der Exponate im neuen Heimatmuseum in der Alten Post nun seit 25 Jahren. Die Geschichte des Moores und der Stadt wird erzählt, die Entwicklung der Industrie und der Vereine dokumentiert. „Der Ausstellungsbereich des Trachtenvereins Immergrün wurde neu gestaltet“, blickt Stefan Reischl auf im vergangenen Jahr Geschaffenes zurück – pünktlich zum 130-jährigen Jubiläum der Trachtler.
Immer auf der Suche nach alten Schätzen
Weil erlebbare Geschichte am beeindruckendsten ist, gibt es im Museum neben einer Arbeiterstube aus den 1920er-Jahren viele originale Exponate. Franz Petzinger „fischt“ für den Verein im Internet. Ab und an bringen auch Kolbermoorer Bürger alte Schätze ins Museum. „Wir sind ständig auf der Suche nach interessanten Zeugnissen aus unserer Geschichte, um die Ausstellung zu erweitern“, ruft Reischl auf, bei Dachbodenfünden oder Haushaltsauflösungen immer auch ans Museum zu denken. Mit 160 Jahren sei Kolbermoor noch relativ jung, sodass die Hoffnung auf gut erhaltene Museumsstücke durchaus begründet sei.
Am 10. Oktober feiert das Heimatmuseum sein 25-Jähriges. Was an Feierlichkeiten möglich sein könnte? „Wir haben an einen Tag der offenen Tür mit kostenlosem Eintritt und Führungen sowie an eine Krippenausstellung im Advent gedacht“, umriss der Vereinsvorsitzende erste Ideen.
Doch zurück zu 160 Jahren Kolbermoor: Seit dem 1. Oktober 1863 ist Kolbermoor ein selbstständiger Ort, seit dem 26. Juni 1963 eine Stadt. Es gäbe also Grund zum Feiern. Und so zielte eine Frage aus der Runde der ehrenamtlichen Heimatforscher auch darauf ab, warum dieses Jubiläum nicht gebührend gefeiert werde. „Das ist Sache der Stadt“, entschuldigte sich Vorsitzender Reischl fast schon dafür, das Jubiläum als kleiner Verein mit einem festen Kern von 15 Aktiven von 100 Mitgliedern, nicht eingeplant zu haben. Stadtmarketing-Chef Christian Poitsch informierte darüber, dass die Stadt keine Feierlichkeiten plane, denn: „Wir haben 2013 das 150-jährige Jubiläum gefeiert, auch wenn einige Veranstaltungen wegen des Hochwassers ausfallen mussten.“ Er schlug vor, bei einem „Erzählcafé“ im Museum die Exponate zum Thema zu machen und damit die persönlichen Erinnerungen der Kolbermoorer zu wecken.
