Damit die Gotteshäuser wieder strahlen
Kirchenmalerin Sabina Sewald aus Wasserburg bewahrt Kulturschätze
Weihnachten wird als Fest der Geburt Christi gefeiert. Kein Kirchenfeiertag zieht so viele Menschen in die Gotteshäuser wie dieser Feiertag. Sentimental gestimmt besuchen sie die Gebetsstätten, laben sich an den prunkvollen Altären mit ihren Heiligenfiguren und erfreuen sich an dem Glanz, der Herrlichkeit verheißt. Doch die kunstvollen Gemälde, Fresken, der Stuck und die Skulpturen wären längst nicht mehr so schön, wenn es nicht Kirchenmaler und Restauratoren gebe, die diese Schätze zu hüten wissen. Eine von ihnen ist Sabina Sewald.
Wasserburg – Die 34-Jährige liebt ihren abwechslungsreichen Beruf, den sie bereits als junges Mädchen erwählte. Nach einem Praktikum bei ihrem späteren Lehrherren, Wolfgang Lauber aus Bad Endorf, stand für sie fest: „Ich will auch Kirchenmalerin und Restauratorin werden.“ Den Entschluss hat sie nie bereut. Drei Jahre dauerte ihre Ausbildung zur Malerin und Lackiererin mit der Fachrichtung Kirchenmalerin und Denkmalpflege. Sie besuchte dazu die Berufsschule für Farbe und Gestaltung in München, die heute deutschlandweit die Einzige ist. „Wir waren damals mehr Mädels als Buben, die Kirchenmalerei gewählt hatten“, erinnert sich die Kirchenmalerin.
Verfallsspuren sagen viel über die Geschichte eines Werkes aus
Auf dem Lehrplan stand neben viel Kunstgeschichte auch die handwerkliche Bearbeitung von Untergründen und Oberflächen – aber nicht nur die moderne Herangehensweise, sondern vor allem auch die traditionelle. „Wenn wir ein Gemälde oder eine Figur in einer Kirche restaurieren, dann gehen wir nicht wie ein moderner Handwerker von heute ans Werk, sondern versuchen, die alten Methoden anzuwenden, mit denen beispielsweise im Barock oder in der Spätgotik gearbeitet wurde. Unser Ziel ist heute vor allem die Konservierung, das heißt, wir wollen den Istzustand pflegen.“
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Noch vor einigen Jahren habe die Restauration im Vordergrund gestanden, man habe dafür oft historische Kulturgüter in ihren früheren Zustand zurückversetzt. Heute wolle man den Eingriff so minimal wie möglich halten. Das Werk soll dabei in seinem jetzigen Zustand erhalten bleiben. Leichte Verfallsspuren können nämlich viel über ihre Geschichte aussagen, weshalb sie heute bis zu einem gewissen Grad akzeptiert werden.
Sabine Seewald schildert ihren Beruf als Handwerk
Die Erhaltung von Kulturgut ist eine verantwortungsvolle Aufgabe für die viel Fachwissen und Fingerspitzengefühl nötig ist. Sabina Sewald hat sich zudem im Laufe ihrer 15-jährigen Berufstätigkeit einen großen Fundus aus persönlichen Erfahrungen angeeignet. Ohne ihre sorgfältige Präzisionsarbeit wären manche Objekte durch biologische, chemische und physikalische Einflüsse im Laufe der Zeit bereits verfallen. Trotzdem bleibt die junge Frau bescheiden. Sie schildert ihren Beruf als Handwerk. In vielen Schlössern, Kirchen, Villen, Ämter und in den Innenräumen des Wasserburger Brucktors ist sie bereits tätig geworden. Ihre Arbeit führte sie von Burghausen bis München, in die Stadt und auf‘s Land.
Auch in der Winterkapelle, wo sich die ehemaligen Mönche von Attl in der kalten Jahreszeit zum Gebet trafen, hat sie bereits gearbeitet. „Decke und Wände waren hier zwischenzeitlich gelb gestrichen“, erinnert sie sich. Nach der Reinigung wurde die Wandgestaltung nach der alten Lehre der Graumalerei ausgeführt, die den Innenraum plastisch wirken lässt.
Bei der Arbeit mit Originalen sind keine Fehler erlaubt
Besonders gefallen haben ihr jedoch die Arbeiten im Schloss Herrenchiemsee. Fast ehrfürchtig spricht sie von den Gemälden und den perfekt gearbeiteten Statuen. „Doch der Zahn der Zeit zerstört alles“, betont Sabina Sewald schon im nächsten Atemzug. „Feuchtigkeit, Staub, Salz und Holzwürmer“, das seien nur einige Feinde der schützenswerten Kulturgüter.
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Mit Bürsten und Naturschwämmen, dem Stuckateureisen und verschiedenen Pinseln sowie zahlreichen Pigmenten und Bindemitteln setzt sie sich für den Erhalt der historischen Werke ein. Da es sich bei ihrer Arbeit meist um Originale handelt, darf sie sich kaum einen Fehler erlauben. Und auf ihr eigenes Leben muss sie dabei auch noch achtgeben: Nicht immer sind die alten Materialien ungiftig und „teilweise arbeiten wir ja auch in schwindelerregender Höhe“, beschreibt die Kirchenmalerin.
Seewald gibt ihr Wissen bei einem Tochterunternehmen der Stiftung Attl weiter
Die ältesten von Menschen verwendeten Pigmente finden sich in den Farben, die für Höhlenmalereien verwendet wurden – Holzkohle, Ocker, Kalk und gemahlene Knochen. In den Malerwerkstätten des Mittelalters, der Renaissance und des Barock stellte man die meisten Pigmente selbst her oder bezog sie aus Apotheken und mischte die Farben danach selbst an. Die genauen Prozesse waren dabei Teil des Betriebsgeheimnisses der jeweiligen Werkstätte und können mitunter auch heute noch nicht restlos nachvollzogen werden. Sabina Sewald kennt so manche Rezeptur und verwendet sie gern bei ihrer Arbeit, um so originalgetreu wie möglich zu arbeiten.
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Ihr großes Wissen gibt sie seit sechs Jahren im Inklusionsunternehmen Fairjob weiter, einer Tochterfirma der Stiftung Attl. Dort ist sie Bereichsleiterin für den Malerfachbetrieb. „Das Spezielle an unserem Unternehmen ist, dass wir einerseits wirtschaftliche Ziele verfolgen und andererseits dauerhaft rund 40 Prozent Menschen mit Behinderung beschäftigen. Die fachliche Kompetenz und die praktische Anleitung werden durch unser Fachpersonal in den jeweiligen Branchen erbracht.“ Erst kürzlich wurde der Vogtareuther Kirchturm neu angestrichen und die Eckquader neu marmoriert. herausgeputzt. Aktuell arbeiten die Kollegen am Innenraum einer Kirche in Aschheim. Reinigungsarbeiten und Kalkanstrich stehen dort an.
Von Anstrich bis Ziertechnik
Als Kirchenmalerin verfügt Sabina Sewald über umfangreiches Fachwissen. Das braucht sie für die vielfältigen Aufgaben, die ihr Beruf mit sich bringt. Dazu gehören unter anderem: die Ausführung historischer Zier- und Schmucktechniken, die Imitation von Oberflächen wie Marmorierung oder Marmorimitation, Maserierung (von edlen Hölzern und Wurzelholz), Holzmalerei, Graumalerei, Pinselschrift, Ölvergoldung im Außenbereich, Polimentvergoldung im Innenbereich mit Blattgold oder Blattsilber, das Lüstern von Metalloberflächen (Metall transparent eingefärbt überziehen), Figuren farbig fassen (Kleidung, Gesicht, Faltenwurf…), der Anstrich mit Leimfarbe, Kalkanstrich, Ölfarbe.

